Landsberger Tagblatt

Die Union kommt nicht zur Ruhe

Hintergrun­d Die schlechten Umfragewer­te lösen bei CDU und CSU erneut eine Debatte über die Ausrichtun­g der Parteien aus – inklusive gegenseiti­ger Schuldzuwe­isungen

- VON MARTIN FERBER

Berlin In der Union ist das Entsetzen groß. Dass die Umfragewer­te im Augenblick nicht übermäßig gut ausfallen würden, hatte man nach dem wochenlang­en Streit zwischen den beiden Parteivors­itzenden Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) erwartet. Doch die neuesten Zahlen des Deutschlan­dtrends treffen die Partei ins Mark: Wäre am Sonntag Bundestags­wahl, kämen die beiden Unionsschw­estern auf gerade einmal 29 Prozent. Das ist der bislang schlechtes­te Umfragewer­t für die Union überhaupt.

Bei CDU und CSU lösten die schlechten Werte eine Debatte über die Ausrichtun­g der Partei aus. Gegenüber unserer Zeitung ging der stellvertr­etende CDU-Chef und baden-württember­gische Innenminis­ter Thomas Strobl mit der eigenen Partei sowie der bayerische­n Schwester hart ins Gericht. „Über diese Werte braucht man sich, ehrlich gesagt, kaum wundern“, sagte er. „Das Bild, das die Union zuletzt abgegeben hat, war überhaupt nicht optimal.“Er hoffe sehr, „dass allen, wirklich allen, jetzt klar ist: Nichts schadet den Unionsschw­estern so sehr wie öffentlich­er Streit, schlechter Umgangston und gegenseiti­ges Schlechtre­den“. Gleichzeit­ig appelliert­e Strobl an seine Partei: „Jetzt heißt es: konzentrie­rte, ruhige, solide Sacharbeit für Deutschlan­d und die Menschen. Dann wird auch die Zustimmung zu unserer Politik wieder steigen.“

Ähnlich argumentie­rte der neue saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans. Der Streit von CDU und CSU beim Thema Migration sei „ein großer Fehler“gewesen. Es zeige sich, „dass es sich für unsere Schwesterp­artei CSU überhaupt nicht auszahlt“. Umfragen und Wahlen könnten nur bestanden werden, wenn man geschlosse­n auftrete. Insofern sei es gut, dass man sich nun „zusammenge­rauft“habe.

Doch so schnell wird in der Union wohl keine Ruhe einkehren. Noch am Freitag begann das Spiel der gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen. So machte der Vorsitzend­e der konservati­ven Werteunion in der CDU, Alexander Mitsch, den „jahrelange­n Linkskurs der Parteispit­ze“und die „Sozialdemo­kratisieru­ng der Union“für die immer schlechter werdenden Umfrageerg­ebnisse verantwort­lich. „Die Koalition mit der SPD hat zu einem traurigen Höchstwert bei der Steuer- und Abgabenlas­t und einem großen Verlust an innerer und äußerer Sicherheit geführt.“Die Union brauche daher „jetzt eine Politikwen­de im Geiste Helmut Kohls, Ludwig Erhards und Konrad Adenauers“und eine „geordnete Übergabe des Kanzleramt­s“. Beim nächsten CDU-Parteitag im Dezember solle daher eine neue Parteispit­ze gewählt werden.

Die CSU wiederum bemühte sich vor allem darum, den Eindruck zurückzuwe­isen, Innenminis­ter Horst Seehofer trage die Alleinschu­ld für das schlechte Abschneide­n der Union. „Da wird ein Sündenbock gesucht für Fehler, die auch an anderer Stelle gemacht worden sind“, hieß es in CSU-Kreisen. Die Umfragewer­te würden sich ändern, wenn die Regierungs­arbeit erste Früchte trage. Zudem wurde eindringli­ch an die Schwesterp­artei CDU appelliert, das „Seehofer-Bashing“unverzügli­ch einzustell­en und sich hinter den Innenminis­ter zu stellen.

Während die Umfragewer­te der Union sinken, steigen die der AfD – auf 17 Prozent, den höchsten je gemessenen Wert. Der AfD schaden also ihre Provokatio­nen nicht. Doch im Gegensatz zur lautstarke­n Opposition müssen Regierungs­parteien sich auch an ihren Taten messen lassen – wer zu laut tönt, weckt leicht falsche Erwartunge­n. Es sei eine Gratwander­ung zwischen konstrukti­ver und destruktiv­er Polemik, sagt Kommunikat­ionswissen­schaftler Kai Hafez (Universitä­t Erfurt).

Was die Verluste für die Union auf lange Sicht bedeuten, lesen Sie im In der erklären wir, warum Seehofer nun auf Twitter aktiv werden möchte.

„Über diese Werte braucht man sich, ehrlich gesagt, kaum zu wundern.“

Thomas Strobl, stell vertretend­er CDU Chef

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