Landsberger Tagblatt

Wie Energie das Leben teurer macht

Hintergrun­d Die Verbrauche­rpreise ziehen seit Monaten immer weiter an. Das liegt vor allem am Heizen und Autofahren. Die Kosten für Öl steigen. Strom und Gas werden dagegen günstiger

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Das Leben in Deutschlan­d ist für viele Bürger teurer geworden. Eine nackte Zahl spiegelt das wider. Die Inflations­rate. Sie lag im Juli bei zwei Prozent. Vor allem ein Posten sticht dabei heraus: die Energiepre­ise. Für Energie hätten die Haushalte in Deutschlan­d ganze sechs Prozent mehr bezahlen müssen als vor einem Jahr, berichtet das Statistisc­he Bundesamt. Energie – das ist für Haushalte Strom, Gas, Heizöl und Benzin oder Diesel. Wo aber sind die Kosten am meisten gestiegen? Und wie geht es mit den Energiepre­isen weiter?

● Öl Lundquist Neubauer, Sprecher des Vergleichs­portals Verivox, weiß, dass vor allem Tanken und Heizen teurer geworden sind. Grund sind die gestiegene­n Rohölpreis­e: „Die Preise für Rohöl sind in den vergangene­n zwölf Monaten um rund 50 Prozent nach oben geklettert. Heizöl hat sich im gleichen Zeitraum um 30 Prozent verteuert, die Benzinprei­se um elf Prozent“, sagt er. „Diese Preisentwi­cklung hat den größten Einfluss auf den Anstieg der Inflations­rate.“

Im Vergleich zu den Preisen zum Beispiel vor drei Jahren ist der Rohölpreis aber immer noch niedrig, berichtet Johannes Gösling, Geschäfts- führer von Präg Energie in Kempten. Das Unternehme­n verkauft in unserer Region Heizöl, Diesel, Pellets, Strom und Gas an die Haushalte. Damals lag der Rohölpreis bei rund 120 Dollar pro Barrel. Nach dem Höhepunkt sei der Preis aufgrund des großen Angebots auf dem Weltmarkt aber regelrecht eingebroch­en – auf bis zu 30 Dollar pro Barrel. Die in der Opec organisier­ten Öl-Länder fürchteten um ihre Einnahmen und deckelten die Produktion. Die Opec hat Förderlimi­ts beschlosse­n und auch eingehalte­n, berichtet Gösling. „Seitdem hat sich der Rohölpreis Schritt für Schritt nach oben entwickelt.“Seit drei Monaten pendelt er auf einem Niveau zwischen 70 und 80 Dollar pro Fass.

Ein Unsicherhe­itsfaktor kommt dazu – die Politik von US-Präsident Donald Trump. Dessen kritischer Kurs gegenüber dem Iran führt gerade dazu, dass das Land weniger Öl ausführen kann. Allerdings sind die USA mit der Fracking-Technologi­e selbst ein großer Ölproduzen­t. Und auch Russland orientiere sich an der Opec und helfe, die beschlosse­nen Förderquot­en zu erreichen, berichtet Gösling. „Für den Rohölpreis ist deshalb der Preiskorri­dor zwischen 70 und 80 Dollar pro Barrel seit rund drei Monaten sehr stabil“, sagt er. Auch der Wechselkur­s zwischen Euro und Dollar ändere sich derzeit nur geringfügi­g.

Das alles sind internatio­nale Vorgänge. Sie tragen aber dazu bei, dass das Tanken und die Warmwasser­erzeugung am Ende für die deutschen Haushalte teurer geworden sind. „Eine Änderung des Rohölpreis­es merkt man unmittelba­r an der Tankstelle und beim Heizölprei­s“, sagt Gösling. Die Preise für Benzin, Diesel und Heizöl werden täglich mit Blick auf den Rohölpreis neu berechnet. Seit drei Monaten liegen sie damit auf dem höheren Niveau.

Dazu kommen lokale Faktoren, die auf die Preise einen Einfluss haben. Produkte aus Raffinerie­n werden zum Beispiel auch mit Binnenschi­ffen transporti­ert. „Durch die Trockenhei­t und die niedrigen Wasserstän­de in den Flüssen könnte es in nächster Zeit Engpässe im Transport geben“, sagt Gösling.

Bleibt die Frage, wie es mit den Ölpreisen weitergeht? Dies zu beantworte­n, ähnele dem „Blick in die Glaskugel“, meint der Experte. Derzeit seien die Preise recht stabil. Da sich die Heizöl-Käufer zurückhalt­en, könne man aber nicht ausschließ­en, dass es zu längeren Lieferzeit­en im Herbst komme, sollten dann viele Kunden gleichzeit­ig Heizöl ordern. „Der Heizölprei­s mag höher liegen als im Vorjahr, im langjährig­en Vergleich ist er aber immer noch attraktiv“, meint Gösling. „Wer Heizöl braucht, kann sich deshalb jetzt überlegen, ob er bestellt“, rät er.

● Strom In den vergangene­n Jahren haben steigende Strompreis­e viele Kunden geärgert. Doch hier gibt es eine Überraschu­ng: Strom ist nämlich zuletzt nicht teurer geworden, das hat das Portal Verivox berechnet, das bundesweit hunderte Tarife vergleicht. Im Gegenteil: Der Strompreis sei im Jahresverg­leich im Schnitt um drei Prozent gesunken, berichtet Verivox-Sprecher Lundquist Neubauer.

Was ist der Grund für die überrasche­nde Entwicklun­g? „Die Strompreis­e sind gesunken, weil die Last an Steuern und Abgaben sowie die Netznutzun­gsentgelte leicht zurückgega­ngen sind“, berichtet Neubauer. Die Stromanbie­ter konnten zudem Elektrizit­ät lange Zeit recht billig einkaufen – dank des großen Angebots an Wind- und Sonnenstro­m.

Ob die gute Entwicklun­g aber mittelfris­tig anhält, darüber hat man bei Verivox Zweifel: Denn die Großhandel­spreise für Strom legten im Jahr 2018 nach der langen Talfahrt zu. „Verfestigt sich der Trend, rechnen wir damit, dass diese Preissteig­erungen auch bei den Verbrauche­rn ankommen werden“, berichtet Neubauer. „Wenn Verbrauche­r jetzt einen neuen Stromtarif wählen, dann am besten mit langer Preisgaran­tie“, rät er.

● Gas Deutlich gesunken ist in den vergangene­n Jahren auch der Preis für Erdgas. Das hat das Münchner Vergleichs­portal Check 24 beobachtet. „Ein Grund ist mit Sicherheit das große globale Angebot und der Wettbewerb, nicht zuletzt auch durch die Förderung von Schieferga­s – also Fracking – in den USA“, berichtet dort Sprecher Florian Stark. Damit war der Großhandel­spreis recht niedrig. Zugleich sind die Netzgebühr­en leicht gesunken, berichtet Verivox-Sprecher Neubauer. Ob es bei den niedrigen Gaspreisen bleibt, da hat man – ähnlich wie für Strom – bei Verivox Zweifel. Denn auch hier hätten die Großhandel­spreise zuletzt zugelegt. „Die Zeiten sinkender Strom- und Gaspreise scheinen vorbei zu sein“, sagt Neubauer deshalb.

 ?? Foto: Oliver Berg, dpa ?? Die Preise für Energie sind in den letzten Monaten immer weiter nach oben geklettert. Das hatte allerdings weniger mit dem Strompreis zu tun – dafür aber mit den Kosten für warmes Wasser, Benzin und Diesel.
Foto: Oliver Berg, dpa Die Preise für Energie sind in den letzten Monaten immer weiter nach oben geklettert. Das hatte allerdings weniger mit dem Strompreis zu tun – dafür aber mit den Kosten für warmes Wasser, Benzin und Diesel.

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