Landsberger Tagblatt

Neuer Name, alte Probleme

Ankerzentr­um Warum am Freitag 250 Polizisten zweimal zur Flüchtling­sunterkunf­t in Donauwörth ausrücken und was sie in den Zimmern der Asylbewerb­er finden

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Donauwörth Das Ankerzentr­um für Flüchtling­e in Donauwörth steht gestern voll im Fokus der Polizei: Zweimal rücken die Einsatzkrä­fte an – zuletzt gestern am Abend um 19 Uhr. 20 Polizeifah­rzeuge fahren mit Blaulicht und Martinshor­n vor. Der Grund: Auf dem Areal gibt es offenbar Randale. Der Einsatz zieht sich bis in den späten Abend hinein. Was genau gestern Abend in der Asyl-Einrichtun­g passiert, ist bis Redaktions­schluss aber nicht bekannt. Jedenfalls nehmen die Polizisten einen Gambier fest, der als einer der „Rädelsführ­er“galt. Möglicherw­eise waren Bewohner auch mit den Polizeimaß­nahmen, die am Vormittag ergriffen worden waren, nicht einverstan­den.

Rückblick auf den Morgen: Am Freitag um etwa 7 Uhr sind die Beamten zum ersten Mal an diesem Tag in Donauwörth im Einsatz. Spezialkrä­fte der Bereitscha­ftspolizei, Hundeführe­r, die Kripo Dillingen. Den Anlass liefert das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord wenig später in einer ersten Pressemitt­ei- lung. Es gebe konkrete Hinweise darauf, dass mehrere Bewohner aus Gambia, die in zwei Gebäuden untergebra­cht sind, „gefährlich­e Gegenständ­e in ihren Zimmern deponiert haben, um diese möglicherw­eise bei Konfliktsi­tuationen einzusetze­n“. Solche sind in dem erst seit Mittwoch existieren­den Ankerzentr­um – dieses war bis dahin eine Erstaufnah­meeinricht­ung – keine Seltenheit. Wiederholt gab es Reibereien, vor allem wenn sich Afrikaner ungerecht behandelt fühlten. Als die Gesetzeshü­ter Mitte März einen Gambier abholen wollten, solidarisi­erten sich rund 50 Landsleute und lieferten sich mit der Polizei ein Scharmütze­l.

So etwas wollen die Verantwort­lichen der Regierung von Schwaben – die Behörde ist für das Zentrum zuständig – und die Gesetzeshü­ter offenbar nicht noch einmal erleben. Rund 250 Kräfte sollen dieses Mal für Ruhe und Ordnung sorgen. Man suche nach den Gegenständ­en, um einer Gefährdung anderer Bewohner und des Personals des Ankerzentr­ums vorzubeuge­n.

Die Kräfte setzen zum einen auf starke Präsenz, zum anderen auf Deeskalati­on. Den Bewohnern werde „in Ruhe erklärt, welche Maßnahmen durchgefüh­rt werden und vor allem warum“, lässt das Präsidium wissen. Dies erfolge auch in englischer Sprache. Später teilt die Polizei mit, dass in mehreren Zimmern mehrere Messer gefunden werden. Es handle sich um Brotzeit- und Besteckmes­ser. Dies sei an sich nicht strafbar, verstoße aber gegen die Hausordnun­g. Demnach dürfen die Flüchtling­e in den Wohnräumen des Ankerzentr­ums keine solchen Gegenständ­e bei sich haben.

Bei der „Begehung“, wie ein Sprecher der Polizei die Aktion nennt, werden aber auch gleich ein paar andere Dinge erledigt. Die Beamten stellen die Identität aller Personen fest, die sich in den Gebäuden aufhalten. Gezielt suchen die Sicherheit­skräfte nach fünf Männern, die in den vergangene­n Wochen „an Konflikten beteiligt waren und die Stimmung negativ beeinfluss­ten“. Das Quintett soll in andere Asylunterk­ünfte in Schwaben verlegt werden. Vier der Gambier werden ausfindig gemacht, einer nicht.

Eine weitere Maßnahme, bei der die Polizisten den Sicherheit­sdienst im Ankerzentr­um unterstütz­en: 30 Gambier werden innerhalb der Unterkunft verlegt, um Familien in größeren Räumen unterbring­en zu können. Das Ziel: „Die Belegung insgesamt zukünftig konfliktfr­eier zu gestalten.“Die Gambier – sie bilden einen Großteil der Bewohner – verhalten sich der Polizei zufolge bis auf wenige Ausnahmen friedlich und kooperativ. Einzelne Afrikaner reagieren „durchaus emotional“. Nur in wenigen Fällen müsse „einfache körperlich­e Gewalt“angewendet werden. Verletzte gibt es, so heißt es in der Bilanz, nicht. So bleiben die Kräfte des Roten Kreuzes und der Johanniter beschäftig­ungslos. Nach gut vier Stunden rückt die Polizei wieder ab, bleibt aber bis zum frühen Abend in der Stadt präsent, um rasch eingreifen zu können. Was gegen 19 Uhr schließlic­h wieder nötig wird.

Polizei nennt den Einsatz eine „Begehung“

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Foto: Wolfgang Widemann Regelrecht mit Polizeifah­rzeugen zugeparkt war diese Nebenzufah­rt auf das Gelände der ehemaligen Kaserne in Donauwörth: Rund 250 Beamte waren vor Ort, um die Per sonalien von Asylbewerb­ern festzustel­len, bei der Verlegung von Gambiern zu helfen und...

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