„Lifeline“Kapitän Reisch will den Ehrenring nicht
Erklärung Der Seenotretter will „unwürdige Diskussion“beenden. Auch Stadtrat Stefan Meiser und OB Mathias Neuner äußern sich
Landsberg Claus-Peter Reisch beendet die „unwürdige Diskussion“um den Ehrenring. Er lehnt die Auszeichnung bereits im Vorfeld ab, wie er am Freitagnachmittag in einer Pressemitteilung deutlich machte: „Es ist mir eine Ehre, dass ein Stadtrat der Meinung ist, mich für den Ehrenring meiner Heimatstadt Landsberg vorzuschlagen. Leider gewinne ich aber den Eindruck, dass es bei der nun stattfindenden Diskussion um die Verleihung nicht mehr um die Humanität und Leistung der Crew und mir geht, sondern um parteipolitische Fragen.“Zum Hintergrund: Stadtrat Stefan Meiser hatte vorgeschlagen, dem Kapitän des Seenotrettungsschiffs Lifeline die Landsberger Ehrung zukommen zu lassen. Die Lifeline lag Anfang Juli mit 234 Flüchtlingen an Bord sechs Tage vor Malta. Dem Schiff wurde die Einfahrt verweigert und Reisch wird mittlerweile auf Malta der Prozess gemach. Die Behörden werfen ihm vor, das Schiff sei nicht richtig registriert worden. Damit steht der Landsberger Skipper exemplarisch für die Seenotrettung und den politischen Umgang damit.
Meiser hatte beantragt, Reisch zu ehren, und dies auch öffentlich gemacht. Oberbürgermeister Mathias Neuner hatte Meiser nach dessen Angaben dazu bewegen wollen, den Antrag zurückzuziehen und auch Reisch gegenüber geäußert, dass das Thema den Stadtrat spalten würde und er im Vorfeld ablehnen solle, wie Reisch sagte – ein Vorgang, der in Landsberg kontrovers diskutiert wurde. Jeder, der in der Abstimmung eine Stimme zu vergeben habe, sei seinem Gewissen verpflichtet, „genauso wie die Crew und ich, die wir hinausfahren und im Sinne von Humanität, Mensch- lichkeit und der Christlichkeit die Menschen vor dem Ertrinken retten“, schreibt Reisch in der Pressemitteilung. Zu sagen, dass die Rettung der flüchtenden Menschen ein weltpolitisches Thema sei, das man im Stadtrat nicht diskutieren solle, weil es diesen spalten könnte, hält Reisch für „zumindest fragwürdig“. Er hält die Rettung von Menschen aus Seenot für „alternativlos“. Und das Thema Flucht und Flüchtlinge sei in der Lechstadt ebenso wie in ganz Europa schon lange angekommen. „Das ist schlicht Realität.“
Reisch bedankt sich bei Stefan Meiser, dass er ihn vorgeschlagen habe. „Vor diesem Hintergrund könnte ich den Ehrenring aber nicht mit Freude für meine Crew der Lifeline und mich entgegennehmen und möchte die für diese hohe Auszeichnung unwürdige Diskussion hiermit beenden.“
ÖDP Stadtrat Stefan Meiser wird nun seinen Antrag, Claus-Peter Reisch den Landsberger Ehrenring zu verleihen, zurückziehen, kündigte er gegenüber dem LT an. „Ich nehme das zur Kenntnis“, kommentierte er Reischs Verzicht auf diese mögliche Ehrung, „muss aber auch einfach sagen, für mich wäre Herr Reisch ehrenwert gewesen.“Das sähen viele Menschen in Landsberg so, meint Meiser weiter, „und ich hoffe, es ist für ihn eine Ermutigung, in diesem Sinne weiterzuarbeiten“.
Meiser weist auch Kritik zurück, dass er – obwohl über solche Ehrungen nichtöffentlich zu beraten und zu entscheiden ist –, seinen Antrag öffentlich machte: „Wenn es nur nichtöffentliche Gespräche gegeben hätte, wäre das in der Versenkung verschwunden“, ist sich Meiser sicher. Im Übrigen gebe die Ehrenring-Satzung nicht vor, wie ein Antrag auf Verleihung des Ehrenrings eingebracht werden muss. In dem Hin und Her der vergangenen Tage sieht Meiser ein Thema „mit einem sehr, sehr ernsten Hintergrund“.
Oberbürgermeister Mathias Neu ner gibt dem Kapitän recht. „Die Diskussion ist unwürdig gelaufen. Man hätte das Thema diskreter und geschickter angehen müssen.“Der Fall zeige aber auch, dass man solche Diskussionen über Ehrungen diskreter führen müsse. „Der Ehrenring war einfach das falsche Thema, wir hätten Herrn Reisch auch anders auszeichnen können“, so Neuner weiter. Die Arbeit von Kapitän Reisch halte er für sehr wichtig, und er wünsche ihm weiterhin Mut und Kraft für seine Aufgabe, damit er seine Mission erfüllen kann.
Auch über Landsberg hinaus bleiben Reisch und die Lifeline im Gespräch: Über 100000 Menschen hätten eine Petition unterzeichnet, heißt es in einer Pressemitteilung der Petitionsplattform Change.org. Mit ihrer Petition fordern die ehrenamtlichen Seenotretter Horst Seehofer auf, ihr Seenotrettungsschiff „Lifeline“auf Malta zu besuchen. Ein launiges Youtube-Video begleitet diese Einladung „Wir bieten Herrn Seehofer die Schirmherrschaft der Mission an, wenn er die Lifeline besucht und sich für die deutsche Beflaggung einsetzt“, so Gründungsmitglied der Mission Lifeline Axel Steier. „Außerdem laden wir Herrn Seehofer herzlichst ein, morgen, am Tag der Seebrücke, am #DayOrange, Farbe zu bekennen“, so Steier weiter.
Mit den juristischen Auseinandersetzungen wird es nach der Sommerpause weitergehen. Am 23. August wird der Landsberger wieder auf Malta erwartet. Dort wird der Prozess fortgesetzt.