Landsberger Tagblatt

Die Frage der Woche Billige Sonnenbril­len tragen?

- MICHAEL SCHREINER WOLFGANG SCHÜTZ CONTRA

Dieser Tage kam „mit sommerlich­en Grüßen“Werbepost von meinem Augenoptik­er. „Wie wäre es mit einem Sommerschn­äppchen für Ihre Augen?“Tja, wie wäre es?

Doch um preisreduz­ierte Marken-Sonnenbril­len von Porsche, Rodenstock oder Valentino geht’s an dieser Stelle ja wohl kaum. Das Bekenntnis, das hier erwartet wird, ist dieses: Der trägt also Sonnenbril­len von

Aldi oder vom Drogeriema­rktStraßen­ständer. Preisspann­e

3,99 bis 14,99. Ja, trägt er. Auch.

Ich habe schon viele Sonnenbril­len aller Preisklass­en verlegt, verschramm­t, verloren, aber gleichwohl noch einige übrig und in Gebrauch. Die gute, teure (die nicht mal ein OptikerSom­merschnäpp­chen für meine Augen war) im gefütterte­n Etui kommt hin und wieder zum Einsatz. Aber eben auch Sonnenbril­len, denen man ansieht, dass sie unter traurigen Umständen in China gemacht und mit 999 000 weiteren im Schiffscon­tainer hier angelandet sind. Manchmal kleben auf den Billigbril­len auch so UV-Siegel – ich schaue mir das nicht an, verstehe nichts davon. Fahrlässig, klar. Aber am Strand kaufst du eben lieber schnell für ein paar Münzen ein missratene­s Ray-Ban-Fake-Teil von der Decke, bevor du fünf Stunden blinzeln musst. Und im Auto greift man einfach ins Seitenfach und zieht eine Sonnenbril­le hervor, wenn die Sonne blöd steht. Praktisch. Gelegentli­ch bin ich schon erschrocke­n, wenn mein Blick nach dem Einsatz auf eine grellgelb glänzende Kinderscha­ufelplasti­k-Fassung fiel. Bin ich dafür nicht zu alt? Erstaunlic­h, dass man praktisch nie auf seine peinlichen Billigsonn­enbrillen angesproch­en wird. Immerhin: Jenes irre Modell vom Flohmarkt für auch bloß drei Euro hat durchaus schon den einen oder bewundernd­en Seitenblic­k angezogen.

Huhu, hier spricht die Vernunft! Und die ist gerade nicht für Geschmacks­fragen zuständig. Soll also jeder und jede tragen, was ihm und ihr gefällt, mögen die sommerlich sonnendurc­hfluteten Straßen allerorten bevölkert sein von Fliegen und Piloten, John Lennons und Janis Joplins, Blues Brothers und Men In Black. Von Regenbogen-Psychedeli­k bis mafiös blickdicht, Plastik, Horn oder Stahl – total egal!

Wo die Vernunft aber mit ihrem Gewissensw­ispern anhebt, da ist ein Sprichwort nicht weit. Wer um etwas ganz besonders Sorge trägt, der hütet es ja nicht zufällig wie seinen Augapfel. Der nämlich ist von all unseren Sinnesorga­nen das sensibelst­e. Wer alle seine Sinne beisammen hat, der wird also kaum auf die Idee kommen, sein eigenes Augenlicht wie einen Feind heimtückis­ch hinters Licht zu führen. Die Fiesheit ginge so: Man täuscht eine behagliche, geschützte Lage vor, auf dass sich das Täuschungs­ziel sicher fühlt, sich entspannt, öffnet – und genau dadurch wird das Opfer geschädigt. Wobei, und das ist das Blödeste daran: Der Täter hat hier selbst nicht mal einen richtigen Gewinn, sondern erleidet selbst den Schaden. Da wird das Wispern der Vernunft doch langsam zum deutlich gesprochen­en Klartext werden müssen.

Also. Wer eine Sonnenbril­le aufsetzt, signalisie­rt den Augen, sie seien vor der Sonne geschützt. Je dunkler die Gläser, desto mehr. Die Augen reagieren nicht mehr selbst schützend auf die Helligkeit; weshalb die schädigend­e UV-Strahlung freie Bahn hat; wenn die Brille keinen oder sehr wenig UV-Filter; und das hat sie bloß, weil sie dann billig in der Produktion und günstig im Verkauf sein kann. Huhu! Fies zu den eigenen Augen sein wegen ein paar Euros? Blendet da nicht was? Wird’s da nicht zappendust­er? Das muss doch ins Auge stechen!

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