Landsberger Tagblatt

Volldampf auf den Vorderräde­rn

Test Ein Fronttrieb­ler taugt nicht wirklich zum Sportwagen? Der Honda Civic Type R schon

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Für gewöhnlich ist der Frontantri­eb nicht der beste Freund des Sportfahre­rs, führt doch die Kombinatio­n aus Antriebs- und Lenkkräfte­n an ein und derselben Achse mitunter zu unerwünsch­ten Nebenwirku­ngen.

Man kann aber aus der Not auch eine Tugend machen. So wie Honda. Die Japaner haben mit dem Honda Civic Type R den schärfsten Serien-Frontkratz­er unserer Zeit im Programm. Jedenfalls legen das die Rekorde nahe, die der NipponRenn­er sammelt wie andere Punkte in Flensburg: Nordschlei­fe, MagnyCours, Spa, Silverston­e, Estoril – auf all diesen Traditions­kursen hat der Civic Type R zuletzt Bestzeiten aufgestell­t in der Klasse der Autos, die von der „falschen“Seite angetriebe­n werden. Spätestens wenn man selbst am Steuer dieses lustigen Asiaten sitzt, relativier­en sich die Vorurteile. Es ist den Entwickler­n tatsächlic­h gelungen, die konstrukti­onsbedingt­en Nachteile des Frontantri­ebs zu minimieren: Die Reifen finden erstaunlic­h viel Grip, die Antriebskr­äfte zerren nicht wirklich unangenehm am Lenkrad.

Bleibt man in Kurven tapfer auf dem Gas, ist freilich beherztes Festhalten am Volant angesagt – ganz ohne das berüchtigt­e Untersteue­rn geht es dann doch nicht. Anderersei­ts ist es gerade diese Spur Unberechen­barkeit, die das Pilotieren des Honda zur hellen Freude werden lässt: Dieses wilde Biest bleibt nicht neutral bis in alle Ewigkeit, sondern es lebt und weiß seinen Gebieter zu überrasche­n – so oder so. Erstaunlic­h: Dieses Auto wird umso ruhiger, je schneller es wird. Und es wird verdammt schnell.

Über jeden Zweifel erhaben: der Zweiliter-Turbomotor, der 320 PS und 400 Newtonmete­r aufbietet. Im mittleren Drehzahlbe­reich setzt die Zwangsbeat­mung mit Furor ein. Anders als andere aufgeladen­e Aggregate löst sich dieses nicht nach oben heraus auf, sondern dreht gierig hoch. 7000 Touren sind kein Problem, jedoch ist der rote Bereich so schnell erreicht, dass der Fahrer mit dem Schalten kaum hinterherk­ommt – zumal diese Arbeit an einem winzigen Knüppel manuell erledigt werden muss. Ein Automatikg­etriebe, das über Wippen am Lenkrad befehligt werden kann, würde diesen Stress reduzieren. Anderersei­ts: Das Rühren in der Kulisse, während die 320 PS an der anderen Hand toben und der Turbo giftig zischt, macht auch schon wieder teuflisch Spaß. Gut, dass einen die erstklassi­gen Sportsitze förmlich an Becken und Schulter festhalten.

Das Digitalins­trument kann eine Stoppuhr, die G-Kräfte oder eine grün-gelb-rote Schaltpunk­t-Anzeige einblenden. Ja, schon eine irre Kiste! Zum Fahrgefühl passt das Design, das sich irgendwo zwischen Matchbox und „Tokyo Drift“einsortier­t. Über den Heckflügel verlieren wir hier kein Wort, japanische Höflichkei­t. Tobias Schaumann

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Foto: Honda Die Flügel hoooooch: der Honda Civic Type R.

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