Vom Wert des Fleisches
Seminar Bei den Fleischsommeliers Karmen Walcher, Matthias Endraß und Michael Moser lernt man alles über die Zubereitung. Und auch viel darüber, welches Fleisch auf den Rost soll. Die drei sind im deutschen WBC-Nationalteam
Ums Grillen und um die dafür wichtigste Zutat, das Fleisch, ist es kürzlich bei einem Seminar einer Landsberger Metzgerei gegangen.
Landsberg Es ist endlich mal wieder ein richtiger Sommer. Wer abends durch die Stadt geht, riecht schon, welche Lieblingsbeschäftigung viele Landsberger haben: das Grillen. Dass das nicht immer gleich klappt – trotz vieler guter Vorsätze – das haben wir alle schon erlebt. Wie man es professionell macht, welchen Grill man benutzt und wie gekonnt man ganz einfach die unterschiedlichsten Sorten von Fleisch zubereitet, das konnte man bei einem Seminar miterleben. Die Lehrmeister am Penzinger Feld waren drei Fleischsommeliers des deutschen WBCNationalteams (World Butchers’ Challenge). „The Butcher Wolf Pack“unter diesem Namen traten die deutschen Metzger erstmals im März als Team bei der WM in Belfast an.
Karmen Walcher von der Fleischerschule Augsburg, Matthias Endraß (Bad Hindelang) und Michael Moser aus Landsberg hatten ein Ziel bei der WM: „Das Ansehen des Berufsstandes wieder zu alter Ehre und Würde zu leiten.“Moser: „Wir wollen die Abwärtsspirale des
Was kommt auf den Grill?
Personalmangels, Preisdumpings und der schlechten Presse bei Fleischskandalen und Tierschutz in unserer Branche durchbrechen und uns Handwerkern zum einen und unserer Gesellschaft zum anderen zeigen, wie wichtig wir sind.“Deshalb geht es diesmal beim Seminar nicht nur um das richtige Grillen, sondern vor allem auch darum, was so auf den Grill kommt. Kein billig produziertes Fleisch, sondern die Produkte aus einer artgerechten Haltung. Die Teilnehmer erfahren, dass das Strohschwein von Bauer Josef Gelb zwar auch geschlachtet werden muss, aber wenigstens in der Haltung nicht leiden muss.
Zahlreiche Teilnehmer sehen zu und testen, was Karmen Walcher, Matthias Endraß und Michael Moser so am Grill zaubern. Es geht mit dem größten Tier los: dem Rind. Die Keule wird von Moser und Endraß rasant zerlegt, denn Karmen Walcher wartet bereits darauf, die einzelnen Teile zuzubereiten. Sie füllt eine Ananas mit Hackfleisch oder macht die verschiedensten Spieße mit Zwiebeln und vielen Gemüsen. Oder das Fleisch kommt einfach als Steak auf den Grill. Gewürzt wird hauptsächlich mit Salz, Meersalz mit verschiedenen Pfeffer- sorten, denn das reicht, um das zart mit Fett durchwachsene Fleisch schmackhaft zu machen. Immer wieder können die Seminarteilnehmer die verschiedensten Grillmethoden (vom bis zu 800 Grad heißen Oberhitzegrill bis zum niedrigtemperierbaren Kugelgrill) beobachten und den Geschmack testen. Ob als kleine Probierstücke vom Grill oder als Hamburger vom Wagyu-Rind. 35 Gänge, das schafft kaum einer.
Nicht immer leicht haben es die beiden Metzgermeister, das Fleisch zu zerlegen. „Da muss man dann bei der Wagyu-Keule schon zupacken“, sagt Endraß, der gleich drei Messer vor sich liegen hat. Eine anstrengende Arbeit.
Geschützt sind die Metzger mit Handschuhen und Kettenhemd. Ein Dry Ager steht auch in der Metzgerei am Penzinger Feld, dort können die Kunden in den Reifeschrank schauen. „Dry Aging“ist das älteste Verfahren der Fleischreifung und in den USA bereits seit vielen Jahren Kult. Während der wochenlangen Reifezeit in einem Dry Ager – einem Reifeschrank mit speziellem Klima und idealer Luftzirkulation – verliert das Fleisch Wasser, wodurch sich der Geschmack verbessert und konzentriert. „So wird Rindfleisch während der drei bis acht Wochen langen Reifung zart und entfaltet feine, buttrig-nussige Geschmacksaromen“, sagt Endraß. Als besondere Attraktion gibt es dann beim Seminar – inzwischen ist es schon lange dunkel – noch ein „Bürgermeisterstück“vom Rind, das am Haken mit einer Art Bunsenbrenner quasi kurz abgefackelt wird. „Zur Show, aber es schmeckt auch sehr
Weniger Wasser, mehr Geschmack
gut“, sagt Michael Moser. Doch es gibt nicht nur Rindfleisch mit den passenden Beilagen an diesem Abend, sondern auch das Fleisch des Strohschweins, Lamm und Huhn.
„Das Wichtigste ist für mich“, so Karmen Walcher, die aus Babenhausen im Unterallgäu kommt, „dass wir entschleunigen und uns für die Zubereitung Zeit nehmen, das richtige Gewürz nehmen und das gute Essen zu schätzen wissen.“
Ihr Team-Kollege Moser achtet deshalb bei den Anbietern auch auf artgerechte Haltung. Seine Tochter habe ihn auf dieses Thema aufmerksam gemacht. Einer dieser Anbieter, der Bauer Josef Gelb aus Steinach bei Mering, ist beim Grillabend dabei. Er hält seine Schweine auf Stroh und hat höhere Kosten. „Aber wir finden immer mehr Anbieter, wir müssen den Verbrauchern klarmachen, dass sie Qualität nur dann bekommen, wenn ihnen das auch den Preis wert ist“, sagt Gelb dem LT. Moser bezieht deshalb nicht nur sein Schweinefleisch von einem speziellen Anbieter. Er kennt seine Lieferanten, „unsere Lieferkette hat Gesichter“, sagt er.
Seine Lieferanten kommen aus einem Umkreis von 25 Kilometern – „wir kennen sie alle“. So kommen die „Simmentaler Rinder“von Andreas Steinheber, Oberostendorf, die Milchkälber kommen von Karl Völk, Oberostendorf/Lengenfeld, die Merino-Landschafe kommen von Christian Treffler aus Schwabhausen und die Wagyu-Galloways von Thomas Hafner, Gut Oberhausen bei Dießen.
Serie Das LT wird in einer Serie weite re Verbraucherthemen vorstellen. Mit dabei sind regionale Biobauern, Fisch züchter und landwirtschaftliche Betrie be. Teil eins der Serie finden Sie auf Seite 23.