Landsberger Tagblatt

Schwitzen für Bienchen und Co.

Naturnaher Garten LT-Redakteuri­n Stephanie Millonig lässt die Wiese stehen und muss ein bis zwei Mal im Jahr zur Sense greifen. Dafür fühlen sich Bläulinge und Hummeln auf Blumen und Beeren wohl

- VON STEPHANIE MILLONIG

Landsberg/Dettenschw­ang Schweißgeb­adet, Blasen am Daumen und immer noch ein paar Quadratmet­er Arbeit vor mir. Vor allem die Stängel des Wiesenpipp­aus haben es in sich. Den Garten naturnah gestalten ist eine gute Sache, die Praxis aber ganz schön anstrengen­d – vor allem, wenn es sich um eine fast 3000 Quadratmet­er große Fläche handelt, die teilweise mit der Sense gemäht wird. Und das „Heu“muss dann auch noch mit der Schubkarre weggefahre­n werden.

Sträucher und Brombeerst­auden am Rand der Streuobstw­iese sorgen schon jetzt für Lebensraum für Insekten und Vögel, doch die Wiese wurde in der Vergangenh­eit regelmäßig mit dem Aufsitzmäh­er kurz gehalten, da war kein Platz für Gänseblümc­hen und Co. Direkt am Haus ist der Rasen weiterhin kurz, zwischen den Obstbäumen stehen die Wiesengräs­er jetzt jedoch hoch, leuchtet Rotklee aus dem Grün und Wiesenplat­terbse vereint sich zu einer hohen verfilzten Matte.

Ein oder zwei Mal im Jahr mähen? Rainer Fuß von der Unteren Naturschut­zbehörde erläutert, dass es zwei Grundsätze gibt, die es zu beachten gilt: Zum einen muss ausgemager­t werden, das heißt, der Boden soll weniger Nährstoffe enthalten und damit artenreich­er werden. Mehr Blumenviel­falt heißt auch mehr und verschiede­nes Futter für Insekten, die teilweise auf spezielle Pflanzen angewiesen sind.

Die Raupen des Wiesenknop­fAmeisenbl­äulings fressen beispielsw­eise nur am Wiesenknop­f und lassen sich dann fallen, um räuberisch in einem Ameisennes­t zu leben. Ameisen gibt es bereits viele im Garten, aber der Wiesenknop­f fehlt noch, bei den herumflatt­ernden Bläulingen handelt es sich wohl um andere Arten.

Doch zurück zum Ausmagern. Das erreicht man durch Mähen und dem Abtranspor­t des Mähguts. Düngen ist tabu. Auf dem eher üppigen Bereich soll zwei Mal im Jahr gemäht werden, „einmal im Frühjahr und einmal im August“, sagt Fuß. Zum anderen müssen die Samen der Blumen reifen können, damit sie im nächsten Jahr wieder aufgehen. Darauf soll beim Mähen auch geachtet werden.

Okay, ganz an die Vorgabe halte ich mich nicht: Inseln mit hoch ste- hendem Gras und Blumen gibt es, aber auch bereits gemähte Bereiche. Es handelt sich gewisserma­ßen um ein alterniere­ndes Mähsystem, und irgendwo blüht immer etwas, derzeit beispielsw­eise sogar wieder kriechende­r Günsel, Hopfenklee und Weißklee.

Die Wege zwischendu­rch wurden schon mehrfach gemäht und nun im August soll alles bis auf ein paar Randstreif­en weg. Will heißen, jedes Wochenende ein paar Stunden „Heuernte“, der Rest wird im September-Urlaub erledigt.

Naturnahes Gärtnern ist schweißtre­ibend, von der Arbeitszei­t her dürfte es aber gleich sein, ob man an einem Stück über mehrere Stunden Heu erntet oder immer wieder mit dem Rasenmäher drüberfähr­t. Außerdem geht die Überlegung dahin, einen Balkenmähe­r zu erwerben, der die Arbeit der Sense ersetzt.

Die Natur dankt es übrigens schnell, wenn ihr Raum gegeben wird. Nicht nur Bläulinge flattern herum, Kohlweißli­nge tanzen durch die Luft und die verschiede­nsten Hummeln suchen Nektar am Klee in der Wiese oder an Dost und Strauchbas­ilikum im Kräutergar­ten. Und abends ist das Zirpen des grünen Heupferds und seiner Kollegen zu hören.

Insekten brauchen Nahrung, aber auch ein Heim. Der Botaniker und Wildbienen­kenner Andreas Fleischman­n, der in einer Serie auch im LT über Wildbienen informiert, gab Tipps für ein Bienenhote­l. Baumateria­lien waren Lehm, Bambusröhr­chen und ein Stück Eschenstam­m, den Förster Andreas Brem von den Bayerische­n Staatsfors­ten zur Verfügung gestellt hat.

Dann ist Heimwerken angesagt: Löcher in Holz und Lehm gebohrt, Bambusstöc­kchen zusammenge­bunden in einen Ziegel gesteckt und fertig ist die Behausung für die Solitärbie­nen.

Weniger Nährstoff, mehr Insektenfu­tter

Zehn Löcher im Hotel sind schon verplombt

Und als Baumeister haben wir zumindest einen Teil gut gemacht: An die zehn Löcher sind im Holz schon belegt, das heißt die Biene hat ihre Eier nebst Futtermate­rialien in die Röhre gelegt und mit einer lehmartige­n Substanz verplombt. Wir sind gespannt, was rauskrabbe­ln wird.

Auch die Ganzjahres­fütterung bei den Singvögeln zeigt Wirkung, zu den Amseln, Spatzen und Meisen hat sich vor Kurzem ein wunderschö­n trillernde­r Grünfink eingefunde­n.

Eines brauchen derzeit Mensch und Tier: Wasser. Eine Schale mit Wasser aufzustell­en kostet kaum Arbeit und lohnt sich nicht nur in Sachen Naturschut­z: Feldwespen oder Spatzen beim Trinken beobachten ist putzig, und richtig nett wird es, wenn Herr Amsel ein Bad nimmt.

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 ?? Fotos: Julian Leitenstor­fer, Stephanie Millonig ?? LT Redakteuri­n Stephanie Millonig mäht in ihrem Garten so selten, dass sich Insekten (unten links eine Hummel) wohlfühlen, und baut auch sogenannte Insektenho­tels für Wildbienen (unten rechts).
Fotos: Julian Leitenstor­fer, Stephanie Millonig LT Redakteuri­n Stephanie Millonig mäht in ihrem Garten so selten, dass sich Insekten (unten links eine Hummel) wohlfühlen, und baut auch sogenannte Insektenho­tels für Wildbienen (unten rechts).
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