Sie hat keine Angst vor blauen Flecken
Sport Porträt Julia Siebert ist 16 Jahre alt und spielt Rugby. Die Gymnasiastin hat keine Angst vor heftigen Remplern. Ihren späteren Lebensmittelpunkt kann sie sich durchaus in Kanada vorstellen
Landsberg/Fürstenfeldbruck Blaue Flecken gehören für Julia Siebert zum Sport. Kollisionen mit dem Gegner auch und lautes, emotionales Schreien sowieso. Die 16-jährige Landsbergerin fühlt sich auf dem Rugby-Spielfeld besonders wohl. Wenn sie mit ihren Mitspielerinnen in Fürstenfeldbruck in der DamenBayernliga spielt, dann darf sie nicht zimperlich sein. Und Angst haben vor der nächsten deftigen, manchmal auch schmerzhaften Begegnung mit einer Gegnerin sowieso nicht.
Dabei war sich Julia Siebert gar nicht wirklich bewusst, auf welche Sportart sie sich da einlässt, als sie sich vor gut einem Jahr an der kanadischen Westküste dazu entschloss, einem Rugby-Schulteam beizutreten. „Ich war für fünf Monate als Austauschschülerin in Vancouver Island“, erinnert sie sich zurück. Weil Rugby „da drüben“die einzige Sportart gewesen sei, an der sie ohne große Erfahrung habe teilnehmen können, fand die 1,80 Meter große gebürtige Amerikanerin in der Schulmannschaft wieder. „Ich habe weder gewusst noch darüber nachgedacht, welchen Sport ich da angehe“, schmunzelt sie. Aber von Anfang an habe es ihr viel Spaß gemacht, im Sturm hinter dem ledernen Ei über das Spielfeld zu rennen.
„Rugby ist eine tolle Teamsportart, bei der jede für jede eintritt. Aber man muss auch seinen eigenen Job gut machen, damit das Ganze funktioniert“, sagt Siebert. Zimperlich ist keine der Teamkolleginnen – weder in Kanada noch in Fürstenfeldbruck, wo Siebert seit ihrer Rückkehr aus Kanada spielt. „Ich hatte wirklich großes Glück, da spielen zu dürfen. Mir würde sonst der Sport wirklich sehr fehlen.“
Zweimal pro Woche fährt die 16-Jährige entweder mit dem Zug oder mit Fahrgemeinschaften nach Fürstenfeldbruck ins Training. Einmal in der Woche kann sie jetzt auch im Sportzentrum mit der Landsberger Rugby-Herrenmannschaft des neu gegründeten Rugby Club Landsberg trainieren.
Pro Saison gibt es sechs Spieltage, an denen jeweils drei bis vier Spiele ausgetragen werden. „Wir spielen 7er-Rugby“, erläutert die Gymnasiastin, die nach den Sommerferien die 12. Klasse am Dominikus-Zimmermann-Gymnasium besuchen wird. „Jedes Spiel dauert zweimal sieben Minuten“, sagt sie weiter. Und in dieser Zeit geht es ordentlich zur Sache. Besonders das sogenannte Tackling, also Tiefhalten des Balles am eigenen Körper, um den Gegenspieler aufzuhalten, erfordert höchste Konzentration und körperlichen Einsatz. Rempler bleiben da nicht aus, blaue Flecken oder auch mal Bänderüberdehnungen auch nicht. „Wenn man sich verletzt hat oder es mal richtig wehgetan hat, muss man die Angst vor der nächsten Berührung ganz schnell überwinden“, erläutert Julia Siebert.
Besonders wichtig empfindet die Rugby-Spielerin die Vorbereitungsphase – mental wie körperlich. „Respekt vor dem Gegner muss sein, aber Angst darf sich eben nicht einstellen.“Angst, sie könne sich ernsthaft verletzen, das haben eher ihre Eltern. Während die Mutter sich nur ein einziges Spiel angeschaut hat und es damit bewenden ließ, versucht Julias Vater schon eher am Spielfeldrand zu stehen.
Und was sagen Julias Freundinnen dazu? Immerhin gehörte ihre sportliche Leidenschaft vor dem Aufenthalt in Kanada dem Reiten und dem Tanzen. „Die finden das cool, können sich aber selbst nicht vorstellen, Rugby zu spielen“, sagt die Teenagerin.
Das Reiten und auch den JazzTanz hat Julia aus Zeitgründen aufgegeben. „Schule, Training und Spieltage brauchen viel Zeit“, erläutert sie. Und was vom Tag noch übrig bleibt, nutzt die 16-Jährige zum Relaxen, Lesen oder Treffen mit Freunden.
Dass sie der für Frauen doch eher noch ungewöhnlichen Sportart treu bleiben will, das steht für Julia Siebert längst fest. Gut möglich, dass sie nach dem Abitur in Landsberg ihre Koffer packt und eine Zeit lang wieder zurück nach Kanada geht –
Zimperlich sein darf man auch als Frau nicht
In der Bayernliga hat sie noch große Ziele
zum Rugbyspielen und vielleicht auch, um beruflich Fuß zu fassen. In welche Richtung es dabei gehen soll, darüber hat sie sich aber noch keine Gedanken gemacht. Nur eines ist wohl klar: „Als Profi kannst du im Rugby zumindest in Deutschland kein Geld verdienen. Das will ich aber auch gar nicht.“Dass das Land über dem großen Teich aber einmal ihr Lebensmittelpunkt werden könnte, daran habe sie schon öfter gedacht. „Das ist gut möglich.“
Bevor es aber so weit ist, wird Julia Siebert in Fürstenfeldbruck in der Bayernliga kämpfen. Und sie kann sich vorstellen, nach dem vierten Platz in diesem Jahr am Ende der nächsten Saison mit ihren Mitspielerinnen aufs Treppchen steigen zu dürfen.