Landsberger Tagblatt

Interview mit Michael Holm

Interview Der Schlagerst­ar Michael Holm feierte vor Kurzem seinen 75. Geburtstag. Noch heute begeistert der Komponist, Texter und Produzent die Fans. Weshalb er Oberbayern als Lebensmitt­elpunkt ausgewählt hat

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Weilheim Michael Holm, einer der großen deutschen Schlagerst­ars vor allem der 60er- und 70er-Jahre lebt heute in Weilheim. Er war in der nicht weniger legendären ZDF-Hitparade des vergangene Woche verstorben­en Dieter Thomas Heck Dauergast. „Mendocino“, „Barfuß im Regen“und „Tränen lügen nicht“sind nur drei Hits, wer kennt sie nicht. Doch Michael Holm ist auch ein begnadeter Produzent, Texter und Komponist. So produziert­e er unter anderem für Guildo Horn dessen Album „Danke“(1993). Alois Kramer hat sich für das LT mit dem Schlagerst­ar, der Ende Juli 75 Jahre alt wurde, über dessen Leben unterhalte­n.

Sie gehören mit Ihren Schlagern zweifelsfr­ei zum kulturelle­n Gedächtnis der Bundesrepu­blik der 60er- und 70erJahre. Es gibt kaum jemanden, auch bei Menschen unter 30, dem Schlager wie „Mendocino“oder „Tränen lügen nicht“, unbekannt sind.

Michael Holm: Klar, ich stehe dazu. Ich habe mit meinen Schallplat­ten, wie man früher sagte, richtig viel Geld verdient. Ich bin mit Musik groß geworden. Mein Vater arbeitete als Ingenieur bei Siemens in Erlangen und leitete das Kammerorch­ester der Firma. Da musste jedes seiner fünf Kinder ein Instrument spielen. Ich lernte Querflöte, mein Bruder Johannes Bratsche. Meine Schwester und ich sangen mit sechs Jahren beim Weihnachts­oratorium von Johann Sebastian Bach, das der Erlanger Universitä­tschor in der evangelisc­hen Kirche aufführte, mit. Bis heute liebe ich Bach. Bei uns gab es nur Klassik. Drei- bis viermal die Woche machten wir Hausmusik. Das Gitarrensp­iel brachte ich mir selbst bei. Ich besorgte mir ein Übungsheft so nach dem Motto „Gitarre spielen in zehn Stunden. Damals fing ich auch mit dem Komponiere­n an. Nach dem Abitur auf dem Melanchtho­n-Gymnasium in Nürnberg arbeitete ich neben dem Studium bei dem berühmten Musikverle­ger Meisel. Ich erinnere mich noch gut, wie er uns ein Foto von Ricky Shane zeigte. Der war in Italien zu der Zeit schon bekannt.

Eine Gruppe von jungen Musikern, darunter Giorgio Moroder, schaute sich den Typen an, da sagte ich: „Der sieht ja aus, als würde er behaupten ,Ich sprenge alle Ketten’“. Am nächsten Tag hatte Giorgio Moroder einen Hit aus diesem Satz geschriebe­n. Er präsentier­te mir den Song, und ich schrieb den Text. Wir landeten einen Nummer-EinsSchlag­er.

Damals haben Sie sogar als DJ gearbeitet?

Michael Holm: „Mendocino“kam 1969 auf den deutschen Markt, wurde aber ein Jahr zuvor schon, also vor 50 Jahren, in den USA veröffentl­icht. Der deutsche Text stammte von mir. 1966 bis 1968 arbeitete ich als Sommerdisj­ockey bei Radio Luxemburg. Da wohnte ich bei Frank Elstner in einer riesengroß­en Wohnung. Frank arbeitete noch beim Radio. Mich stellte der Leiter des Senders, Dr. Stolt, mit der Bemerkung ein: „Herr Holm, Sie können ja ganz flüssig reden. Würden Sie unseren Aushilfs-Sommer-DJ machen“. Das reichte ihm wohl. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Mendocino beendete dann meine Karriere beim Rundfunk. Ihre musikalisc­hen Vorbilder? Michael Holm: Stevie Wonder, Chuck Berry und Elvis Presley. Auch die Rolling Stones gehörten zu meinen Favoriten. Nummern wie Honky Tonk Woman sind einfach großartig. Als ich die Biografie von Keith Richards gelesen hatte, hätte ich ihn umarmen können für seine herzliche und offene Art. Ich dachte bei mir: Schade, dass du den nie kennengele­rnt hast. Mick Jagger scheint aber eher mühsam gewesen zu sein, doch ist er ein echter Rockpoet. Ich hab’ die Stones mehrmals gesehen und war begeistert.

Hatten Sie sich nie für den deutschen Schlager geschämt?

Michael Holm: Nein. Ich habe damit viel Geld verdient. Das war toll. Auch heute kommen zu meinen Auftritten die Fans zwischen 17 und 70. Nach den Konzerten fallen Sätze wie: „Ich fühle mich 40 Jahre jünger“. Dieter Thomas Kuhn hatte mal so was geäußert wie: „Michael Holm war voll mit sich im Reinen“. Was denn sonst? Ich weiß, Roy Black hat darunter gelitten, dass er als Schnulzens­änger wahrgenomm­en wurde. Er war ein toller Sänger, in Amerika hätte man ihn als Crooner, das heißt „Schmeichle­r“gefeiert. Roy war ein höflicher und unglaublic­h liebenswer­ter Mensch. Schade, dass er so früh gestorben ist. Wir haben uns noch wenige Wochen vor seinem Tod gesprochen. Er war richtig gut drauf und so weit ich das verstanden habe, mit sich im Reinen.

Sie haben den südamerika­nischen Kontinent mehrere Monate bereist? Michael Holm: Ja, das war 1978. Ich brauchte eine Auszeit. Mein Vater war oft in Südamerika und beriet nach seiner Tätigkeit bei Siemens die brasiliani­sche Regierung beim Bau der U-Bahn von Sao Paolo. Der sprach fließend Spanisch, Englisch, Französisc­h und natürlich Portugiesi­sch. Ich wollte auf seinen Spuren wandeln.

Zusammen mit einem guten Freund bin ich nach Südamerika gereist. Wir quartierte­n uns erst mal in Carracas in einem Hotel ein. Jeden Nachmittag hatten wir vier Stunden Spanisch-Unterricht. Da haben wir das Spanisch so richtig verinnerli­cht und konnten total gut artikulier­en und so die Landschaft und die Leute genießen.

Sie wohnen gerne in Weilheim? Michael Holm: Wir sind von München aufs Land gezogen, weil wir gerne reiten und die Leute und die Landschaft lieben. Wir hatten anfänglich einen großen Bauernhof. Jetzt wohnen wir direkt in Weilheim, das ist praktische­r. Ich liebe Oberbayern, es ist gut für die Seele, und wenn ich mit dem Fahrrad über die Lande fahre, fühle ich mich wie im Paradies.

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 ?? Foto: dpa/Bodo Schackow ?? Michael Holm, einer der großen deutschen Schlagerst­ars vor allem der 60er und 70er Jahre ist noch heute beliebt bei Jung und Alt. Vor Kurzem ist der Sänger, Produzent, Texter und Komponist 75 Jahre alt geworden.
Foto: dpa/Bodo Schackow Michael Holm, einer der großen deutschen Schlagerst­ars vor allem der 60er und 70er Jahre ist noch heute beliebt bei Jung und Alt. Vor Kurzem ist der Sänger, Produzent, Texter und Komponist 75 Jahre alt geworden.

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