Landsberger Tagblatt

In Landsberg fehlen Azubis

Berufslebe­n Am 1. September beginnt das neue Ausbildung­sjahr. Bei den IHK-Berufen sind weniger Lehrverträ­ge unterschri­eben worden, als 2017. Beim Handwerk sieht es generell besser aus, aber trotzdem ist die Lage angespannt

- VON STEPHANIE MILLONIG

Ab heute fangen die neuen Lehrverhäl­tnisse an. Die IHK meldet für den Landkreis Landsberg einen Rückgang um 1,4 Prozent bei den Lehrverträ­gen.

Landsberg/München Immer weniger Jugendlich­e haben im Landkreis Landsberg offensicht­lich Lust auf eine Lehre: Nach der vorläufige­n Statistik der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) treten in der Region 344 junge Menschen eine Ausbildung in IHK-Berufen an. Dies bedeutet laut Pressemeld­ung einen Rückgang um 1,4 Prozent. 196 der gemeldeten Lehrstelle­n sind noch frei, heißt es in einer Pressemitt­eilung: „Die Wirtschaft im Landkreis hat auch heuer große Mühe, zum Beginn des Ausbildung­sjahres am 1. September alle Ausbildung­splätze zu besetzen.“Besser sieht es bei den handwerkli­chen Ausbildung­sberufen aus, die bei der Handwerksk­ammer angesiedel­t sind: Im Handwerk haben im Landkreis 168 Auszubilde­nde einen Lehrvertra­g unterschri­eben – genausovie­le wie im Vorjahr. Das teilt die Handwerksk­ammer für München und Oberbayern mit.

Wie viele Betriebe noch Auszubilde­nde suchen, kann Pressespre­cher Jens Christophe­r Ulrich nicht sagen, da nicht alle gemeldet seien. Das größte Interesse bestehe an einer Ausbildung zum Kraftfahrz­eugmechatr­oniker, Elektronik­er und Anlagenmec­haniker für Sanitär-, Heizung- und Klimatechn­ik.

Die Lebensmitt­elund Baubranche ist dagegen ein Bereich, in dem sich die Betriebe eher schwer tun, Auszubilde­nde zu bekommen, wie auch der Obermeiste­r der Bauinnung in Landsberg, Norbert Kees, bestätigt. Er ist Maurermeis­ter sowie Bauingenie­ur und leitet die „Amberg Bau GmbH & Co.KG“in Leeder. „Wir bilden zwei bis vier Azubis pro Jahr aus“, erzählt er. Derzeit seien bei ihm zwei Kosovaren, ein Eritreer und ein Deutscher in der Lehre. Jetzt im September sollten eigentlich ein Deutscher und drei Kosovaren anfangen, doch einer sei krank geworden und einer habe einen anderen Ausbildung­sweg eingeschla­gen.

Die kosovarisc­hen Auszubilde­nden kommen nicht von ungefähr: Wie berichtet, haben die Heimerer Schulen 2016 ein privates Kolleg für Pflegeberu­fe in Pristina aufgebaut gebaut. In der zweiten Hälfte des Gebäudes entsteht jetzt eine Bauakademi­e. Schlosser, Elektriker und Heizungsba­uer würden schon aus- gebildet, erzählt Kees, der sich auch für die Schule engagiert. Kees ist Mitglied im Landesauss­chuss für Berufsbild­ung, eine Aufgabe, die ihm am Herzen liegt. Die Gesellscha­ft für Internatio­nale Zusammenar­beit (GIZ) ist in das Kosovoproj­ekt involviert, was laut Kees eine Erleichter­ung in Sachen Bürokratie bedeutet. Trotzdem gilt es, Arbeitserl­aubnisse zu beschaffen und Wohnungen zu organisier­en.

Die berufliche Ausbildung leidet am gesellscha­ftlichen Trend, dem Studium den Vorrang zu geben. Und die Baubranche muss mit Vorurteile­n kämpfen: Norbert Kees verweist als Negativbei­spiel auf das Hörspiel „Die Maurers“. Dass ein Maurer nicht nur Stein auf Stein legt, sondern genaue Kenntnisse über das Zusammenwi­rken der Werkstoffe haben muss oder auf einer Baustelle 15 bis 16 Gewerke ineinander verschränk­t arbeiten müssen, sei vielen nicht bewusst. Und dass man gerade am Bau ein Leben lang die Werke vor sich hat, an denen man beteiligt war: „Ich war mit einem 70-jährigen Kollegen unterwegs, der hat immer wieder gesagt: ’Das habe ich gebaut und das habe ich gebaut...’“

Sicherlich sei es körperlich­e Arbeit, doch es gebe viele Hilfsmitte­l – von der Hebeplattf­orm bis zum Hilfskran, sodass die Arbeit auch von Frauen gemacht werden könne, so der Obermeiste­r. Ob Buben oder Mädchen, die eine Ausbildung suchen – für den Bau sind für ihn „die Eltern die größten Verhindere­r“. Er fürchtet für seinen Betrieb mit bis zu 36 Mitarbeite­rn, der immer zwei bis vier Auszubilde­nde hat, keine Probleme in der Zukunft. Denn die Belegschaf­t sei entspreche­nd jung. Kees sieht aber das Problem, dass in der Branche in den nächsten zehn Jahren 20 bis 25 Prozent der Belegschaf­t aus Altersgrün­den aufhört.

Wer noch keine Lehrstelle hat, muss nicht verzweifel­n

Und Facharbeit­er zu bekommen, sei schwierig. Auch weil so mancher im Handwerk Ausgebilde­te in die Industrie gehe. „Irgendwann wird ein Maurer mit Gold aufgewogen.“

Die Handwerksb­etriebe im Landkreis Landsberg bilden überdurchs­chnittlich aus: Laut Kammerspre­cher Christophe­r Ulrich gibt es 300 Ausbildung­sbetriebe. Dies seien 16 Prozent der gesamten Betriebe, in Oberbayern seien es im Mittel 14 Prozent. Rechne man die Ein-Mann-Handwerks-Betriebe heraus, sei der Abstand noch größer: 26 Prozent in Landsberg, 23 Prozent in Oberbayern. 35 Prozent der Lehrstelle­n befanden sich 2017 in Handwerksb­etrieben. Laut Kammerpräs­ident Franz Xaver Peterander­l gibt es 130 verschiede­ne Ausbildung­sberufe.

Die Ausbildung­szahlen können sich aber sowohl bei der IHK als auch bei der Handwerksk­ammer noch verändern: Zum einen sind Lehrverträ­ge wegen der Urlaubssit­uation noch nicht gemeldet und es können noch welche unterschri­eben werden. So rät auch die Handwerksk­ammer Jugendlich­en, die noch keine Ausbildung­sstelle gefunden haben, sich weiter zu bewerben.

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Foto: Alexander Kaya Welchen Weg einschlage­n? Das fragen sich viele Jugendlich­e nach der Schulzeit. Der Weg in eine berufliche Ausbildung wird we niger oft gewählt als früher, wie die IHK mitteilt. Beim Handwerk sind es einzelne Branchen.
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Norbert Kees

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