In Landsberg fehlen Azubis
Berufsleben Am 1. September beginnt das neue Ausbildungsjahr. Bei den IHK-Berufen sind weniger Lehrverträge unterschrieben worden, als 2017. Beim Handwerk sieht es generell besser aus, aber trotzdem ist die Lage angespannt
Ab heute fangen die neuen Lehrverhältnisse an. Die IHK meldet für den Landkreis Landsberg einen Rückgang um 1,4 Prozent bei den Lehrverträgen.
Landsberg/München Immer weniger Jugendliche haben im Landkreis Landsberg offensichtlich Lust auf eine Lehre: Nach der vorläufigen Statistik der Industrie- und Handelskammer (IHK) treten in der Region 344 junge Menschen eine Ausbildung in IHK-Berufen an. Dies bedeutet laut Pressemeldung einen Rückgang um 1,4 Prozent. 196 der gemeldeten Lehrstellen sind noch frei, heißt es in einer Pressemitteilung: „Die Wirtschaft im Landkreis hat auch heuer große Mühe, zum Beginn des Ausbildungsjahres am 1. September alle Ausbildungsplätze zu besetzen.“Besser sieht es bei den handwerklichen Ausbildungsberufen aus, die bei der Handwerkskammer angesiedelt sind: Im Handwerk haben im Landkreis 168 Auszubildende einen Lehrvertrag unterschrieben – genausoviele wie im Vorjahr. Das teilt die Handwerkskammer für München und Oberbayern mit.
Wie viele Betriebe noch Auszubildende suchen, kann Pressesprecher Jens Christopher Ulrich nicht sagen, da nicht alle gemeldet seien. Das größte Interesse bestehe an einer Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechatroniker, Elektroniker und Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik.
Die Lebensmittelund Baubranche ist dagegen ein Bereich, in dem sich die Betriebe eher schwer tun, Auszubildende zu bekommen, wie auch der Obermeister der Bauinnung in Landsberg, Norbert Kees, bestätigt. Er ist Maurermeister sowie Bauingenieur und leitet die „Amberg Bau GmbH & Co.KG“in Leeder. „Wir bilden zwei bis vier Azubis pro Jahr aus“, erzählt er. Derzeit seien bei ihm zwei Kosovaren, ein Eritreer und ein Deutscher in der Lehre. Jetzt im September sollten eigentlich ein Deutscher und drei Kosovaren anfangen, doch einer sei krank geworden und einer habe einen anderen Ausbildungsweg eingeschlagen.
Die kosovarischen Auszubildenden kommen nicht von ungefähr: Wie berichtet, haben die Heimerer Schulen 2016 ein privates Kolleg für Pflegeberufe in Pristina aufgebaut gebaut. In der zweiten Hälfte des Gebäudes entsteht jetzt eine Bauakademie. Schlosser, Elektriker und Heizungsbauer würden schon aus- gebildet, erzählt Kees, der sich auch für die Schule engagiert. Kees ist Mitglied im Landesausschuss für Berufsbildung, eine Aufgabe, die ihm am Herzen liegt. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist in das Kosovoprojekt involviert, was laut Kees eine Erleichterung in Sachen Bürokratie bedeutet. Trotzdem gilt es, Arbeitserlaubnisse zu beschaffen und Wohnungen zu organisieren.
Die berufliche Ausbildung leidet am gesellschaftlichen Trend, dem Studium den Vorrang zu geben. Und die Baubranche muss mit Vorurteilen kämpfen: Norbert Kees verweist als Negativbeispiel auf das Hörspiel „Die Maurers“. Dass ein Maurer nicht nur Stein auf Stein legt, sondern genaue Kenntnisse über das Zusammenwirken der Werkstoffe haben muss oder auf einer Baustelle 15 bis 16 Gewerke ineinander verschränkt arbeiten müssen, sei vielen nicht bewusst. Und dass man gerade am Bau ein Leben lang die Werke vor sich hat, an denen man beteiligt war: „Ich war mit einem 70-jährigen Kollegen unterwegs, der hat immer wieder gesagt: ’Das habe ich gebaut und das habe ich gebaut...’“
Sicherlich sei es körperliche Arbeit, doch es gebe viele Hilfsmittel – von der Hebeplattform bis zum Hilfskran, sodass die Arbeit auch von Frauen gemacht werden könne, so der Obermeister. Ob Buben oder Mädchen, die eine Ausbildung suchen – für den Bau sind für ihn „die Eltern die größten Verhinderer“. Er fürchtet für seinen Betrieb mit bis zu 36 Mitarbeitern, der immer zwei bis vier Auszubildende hat, keine Probleme in der Zukunft. Denn die Belegschaft sei entsprechend jung. Kees sieht aber das Problem, dass in der Branche in den nächsten zehn Jahren 20 bis 25 Prozent der Belegschaft aus Altersgründen aufhört.
Wer noch keine Lehrstelle hat, muss nicht verzweifeln
Und Facharbeiter zu bekommen, sei schwierig. Auch weil so mancher im Handwerk Ausgebildete in die Industrie gehe. „Irgendwann wird ein Maurer mit Gold aufgewogen.“
Die Handwerksbetriebe im Landkreis Landsberg bilden überdurchschnittlich aus: Laut Kammersprecher Christopher Ulrich gibt es 300 Ausbildungsbetriebe. Dies seien 16 Prozent der gesamten Betriebe, in Oberbayern seien es im Mittel 14 Prozent. Rechne man die Ein-Mann-Handwerks-Betriebe heraus, sei der Abstand noch größer: 26 Prozent in Landsberg, 23 Prozent in Oberbayern. 35 Prozent der Lehrstellen befanden sich 2017 in Handwerksbetrieben. Laut Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl gibt es 130 verschiedene Ausbildungsberufe.
Die Ausbildungszahlen können sich aber sowohl bei der IHK als auch bei der Handwerkskammer noch verändern: Zum einen sind Lehrverträge wegen der Urlaubssituation noch nicht gemeldet und es können noch welche unterschrieben werden. So rät auch die Handwerkskammer Jugendlichen, die noch keine Ausbildungsstelle gefunden haben, sich weiter zu bewerben.