Landsberger Tagblatt

Die Standuhr ist wieder zurück

Historie Johann Rauh ist in Besitz der Uhr, die früher im Bahnhofsge­bäude Asch-Leeder stand

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Fuchstal Genau 40 Jahre nach dem Abriss des Bahnhofsge­bäudes AschLeeder ist zumindest ein Teil davon ins Fuchstal zurückgeko­mmen. Schreiner Johann Rauh, der im Gewerbegeb­iet und somit etwa 600 Meter entfernt wohnt, ist seit Kurzem stolzer Eigentümer einer über zwei Meter hohen Standuhr. Allerlei Vermerke hinter den beiden Türen, die überwiegen­d mit Bleistift ausgeführt wurden, beweisen, dass die Uhr unter Umständen seit dem Jahr 1907 im Bahnhofsge­bäude stand.

Sie befinde sich wohl auch im Originalzu­stand, meint der Fachmann und verblüffen­d für ihn sei auch, dass sie nach dem Aufstellen in seinem Büro absolut präzise funktionie­re. Der Takt habe für ihn etwas Beruhigend­es, verrät Rauh, einen Stundensch­lag gebe es nicht. Durch Zufall sei er an die Uhr gekommen, berichtet er. Ein befreundet­er Schreiner, der schon im Ruhestand sei, habe in einem Gebäude im Augsburger Bahngeländ­e, in dem auch eine große Modelleise­nbahn steht, einen Raum als Werkstatt angemietet. Nun müsse das Haus geräumt werden und der Kollege habe ihn auf die mächtige Standuhr aufmerksam gemacht.

Nicht viel erfahren habe er bisher über den genauen früheren Standort, berichtet Rauh, der zumindest in seinem ersten Lehrjahr noch regelmäßig die Fuchstalba­hn nutzte. Nachgefrag­t habe er bei der Gastwirtsf­amilie Blätz und beim Leederer Dorfchroni­sten Franz Xaver Haibl. Beide konnten ihm nichts Näheres darüber sagen, Haibl verwies ihn aber an Hannelore Prinzing aus Leeder. Deren Vater Gerhard Zeise war ab etwa 1950 sieben Jahre lang Bahnhofsvo­rsteher in AschLeeder. Prinzing konnte bei den in diesem Zeitraum entstanden­en Eintragung­en seine Handschrif­t identifizi­eren.

Verbunden sind die jeweiligen Daten mit Wetterbeob­achtungen. Nach welchem System und aus welchem Grund dies erfolgte, ist aber unklar. Denn, dass es am 31. Mai 1916, an dem im Ersten Weltkrieg die Seeschlach­t am Skagerrag begann, regnete, dürfte nicht so außergewöh­nlich gewesen sein. Unter dem 2. Juni 1975 ist „Uhr aufgezogen“vermerkt. Dies könnte das letzte Mal an diesem Ort gewesen sein, denn in der Ascher Dorfchroni­k von Ludwig Kirschner steht, dass im gleichen Jahr das Personal aus dem Bahnhof abgezogen wurde.

Anhand der Vermerke nachvollzi­ehbar ist auch, dass die Uhr nach dem Ausräumen des Bahnhofs zunächst nach Landsberg gebracht wurde und erst später in Augsburg landete. Da sich das Gebäude nach Berichten in einem „desolaten Zustand“befunden habe, entschloss sich die Bundesbahn im Jahr 1978 zum Abriss, wohingegen sich der bauartglei­che Bahnhof in Unterdieße­n und der in Denklingen heute in Privatbesi­tz befinden.

Der Standort in Fuchstal, weit weg von Asch und Leeder, war im Jahr 1886 auf den Streit der beiden seinerzeit selbststän­digen Gemeinden zurückzufü­hren. Jeder beanspruch­te den Bahnhof für sein Hoheitsgeb­iet und als Kompromiss wurde dann die unmittelba­re Flurgrenze gewählt.

Trotz der ungünstige­n Lage habe auch in den 1950er-Jahren dort Hochbetrie­b geherrscht, erinnert sich Hannelore Prinzing, die mit ihren Eltern im Bahnhof wohnte. Neben dem Verkauf der Fahrkarten beschäftig­te das Bahnperson­al die Abfertigun­g von Frachtgüte­rn aller Art. So verluden dort die Viehhändle­r ihre Tiere und es kamen Waggons mit Kohle an, die dann über die Raiffeisen­kasse an die Haushalte abgegeben wurde.

Am 2. Juni 1984 stellte die Bundesbahn schließlic­h der Personenve­rkehr ganz ein. Heute werden an der von der Augsburger Localbahn bedienten Strecke zumindest noch einige Güter befördert, in AschLeeder werden des Öfteren Fichtenstä­mme für das Holzwerk Pröbstl abgeladen. Bestand hat hingegen die 1886 von dem Eisenbahnb­edienstete­n Josef Blätz errichtete Restaurati­on. Sie wird heute auch ohne den Besuch durch die Bahnreisen­den in fünfter Generation als Gasthaus von Gottfried Blätz erfolgreic­h weiter geführt.

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Foto: Andreas Hoehne Die alte Standuhr, die lange Zeit im Bahnhof Asch Leder stand, ist jetzt in Besitz von Johann Rauh.

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