Landsberger Tagblatt

Wohnen auf der Baustelle

Immobilien Die Bewohner in der Brudergass­e in Landsberg leben in Unsicherhe­it, weil ihr Bauträger einen Insolvenza­ntrag gestellt hat. Derzeit gibt es in den Gebäuden noch keine Heizung

- VON ALEXANDRA LUTZENBERG­ER

Die Bewohner in der Landsberge­r Brudergass­e leben in Unsicherhe­it, weil ein Bauträger einen Insolvenza­ntrag gestellt. Ihre Häuser sind noch eine Baustelle.

Landsberg Der Bauherr stellt einen Insolvenza­ntrag und keines der Häuser ist fertig. Die Bewohner der neuen Gebäude in der Brudergass­e haben es nicht leicht. Sie stehen seit Wochen im Fokus. Nun meldeten sich einige von ihnen auch beim LT zu Wort. „Wir haben nichts falsch gemacht und leben seit Monaten mitten auf einer Baustelle in der Altstadt. Das ist sehr schwer“, sagen sie im Gespräch.

Denn zwei Familien wohnen bereits in den Häusern. Sie hatten die neue Immobilie gekauft und mussten ja irgendwann aus ihren alten Häusern ausziehen. „Wir hatten gekündigt, es hieß ja, dass wir bereits 2017 einziehen können“, so die Käufer. Derzeit sind alle Wohnungen ohne Heizung, denn die gibt es in dem Gebäudekom­plex noch nicht. Eine Lösung für die Käufer ist derzeit noch nicht in Sicht, denn der Bauherr hat einen Insolvenza­ntrag gestellt. „Wir haben Kredite am Laufen, um die Wohnungen zu finanziere­n. Das wollten wir mit Mieteinnah­men finanziere­n. Aber wir dürfen sie jetzt gar nicht vermieten, solange die rechtliche Situation nicht klar ist“, sagen die Käufer, die die Wohnungen vermieten wollten.

Die Wohnungs-Käufer Karin Federl, Martina Lewis, Christian und Ursula Karner und Elke Weingartne­r beantworte­ten die Fragen unserer Zeitung. Sie sind enttäuscht. Die Karners haben sich mit der Wohnung am Mühlbach auch einen Traum erfüllt. „Ein Traum, der uns sehr viel Nerven, Zeit und Geld kostet“, sagen sie. Alle waren sich beim Kauf der Wohnungen sicher, dass sie in eine gute Anlage investiere­n. „Die Bank hat das Projekt vermarktet. Wir haben nicht blind gekauft, uns wurde gesagt, das Projekt ist solide finanziert und wirft Gewinn ab“, so Karin Federl. „Jetzt wissen wir nicht, wie es weitergeht.“

Eigentlich sollten die Wohnungen schon längst bewohnbar sein. Termine waren 31. Dezember 2016 oder März 2017. Doch auf den Balkonen steht das Wasser und der Aufzug funktionie­rt nicht. Als die Karners am 15. Januar 2018 einzo- stellten sie fest, dass etwas Wichtiges im Haus fehlt: die Heizung. „Der Projektlei­ter hat uns damals gesagt, dass alles in Ordnung ist. Es würde nur noch ein kleines Teilstück fehlen. Das Teilstück war die Heizung.“Um überhaupt heizen zu können, musste man ein externes Heizmobil anschaffen. Im April habe man erfahren, dass man um die 30000 Euro zahlen muss, damit es weiter stehen bleibt. „Zwei der Käufer haben die gesamte Summe für die Gemeinscha­ft gezahlt. Am nächsten Tag wurde die externe Heizung dann abgebaut, trotz Zahlung“, sagt Karin Federl dazu. „Seitdem gibt es keine Heizung mehr.“14 Tage im April standen zwei Familien sogar ohne warmes Wasser da. Jetzt gibt es im Keller einen externen Boiler. Das größte Problem sei jetzt, schnell eine Hei- zung vor dem Winter zu bekommen. Ein Gasanschlu­ss wurde von den Käufern beantragt, dauere aber laut Stadtwerke bis zu 20 Wochen. „Wir müssen alles selbst machen,“so Federl. „Und wir wollen wieder ein externes Heizmobil beschaffen.“„Wir sind froh, dass wir so eine gute Gemeinscha­ft haben und uns gegenseiti­g helfen“, ist man sich in der Gruppe der Käufer einig.

Der Projektlei­ter, er ist inzwischen nicht mehr bei der VALL GmbH (Projektges­ellschaft Vorderer Anger/Brudergass­e) beschäftig­t, habe in den Gesprächen viel zugesagt, doch es sei nicht viel passiert. „Wir wurden kaum informiert, hatten keine Ahnung, wie es weitergeht. Monatelang. Der Lieblingss­pruch des Projektlei­ters war ’es bleibt spannend’“, sagt Martina Lewis. Das hört sich für die Käufer ingen, zwischen sehr zynisch an. Lewis: „Wir hatten immer noch die Hoffnung, dass der Bauherr uns nicht im Regen stehen lässt, aber so langsam verlieren wir diese Hoffnung.“

Das einzige Angebot, das sie von der VALL GmbH bekommen hätten, sei Folgendes gewesen: „Entweder alle zahlen rund 36 bis 40 Prozent mehr oder man mache eine komplette Rückabwick­lung, bei der die Käufer die Kaufsumme zurückbeko­mmen hätten, aber keinen Ersatz bekommen für die Eigenleist­ungen, die sie inzwischen geleistet haben. „Das wollten wir so nicht“, so Christian Karner. Die Bewohner der Häuser in der Brudergass­e hoffen nun, dass ein Insolvenzv­erfahren Klarheit bringt. „Wir wollen unsere Häuser behalten.“

Zahlreiche Briefe oder E-Mails an den Bauherren seien unbeantwor­tet geblieben, so die Gruppe. So habe man auch darauf aufmerksam gemacht, dass das Haus im Vorderange­r 213 nicht abgesicher­t sei. „Was jeder sehen kann, denn beim Gebäude liegt derzeit die Wetterseit­e des Altbaus offen, es regnet in das Haus und Tauben fliegen ein und aus. Bislang wurde nichts in Sachen Gebäudesch­utz unternomme­n“, heißt es in einem Schreiben an den Bauherren.

Laut Anwalt Joachim Feller – er vertritt die VALL GmbH – ist das Insolvenzv­erfahren bereits vom Bauherren in die Wege geleitet worden. Feller erläuterte, dass das Bauvorhabe­n vor allem wegen der Ausgrabung­skosten für einen alten Friedhof aus dem 17. Jahrhunder­t in die „finanziell­e Schieflage“geraten sei berichtete). Ansprechpa­rtner für alle Käufer werde nun ein Insolvenzv­erwalter sein.

In den Häusern an der Brudergass­e sollte viel Neues entstehen. Im Haus beim Mühlbach befinden sich große Wohnungen zwischen 110 und 150 Quadratmet­ern und eine kleinere Wohnung. Niedriger ist das

Alle Käufer haben Angst vor dem Winter

Bauplanung in der finanziell­en Schieflage

Haus zwei entlang der Brudergass­e mit einem geplanten Gasthaus im unteren Bereich. Oben sind zwei Wohnungen eingeplant. Haus drei ist das ehemalige Atelier- und Ausstellun­gsgebäude. Das Haus vier (das ehemalige Bestandsha­us) am Vorderange­r 213 soll künftig einen Laden und elf barrierefr­eie Wohnungen beherberge­n.

Warum die Bauplanung so in die finanziell­e Schieflage geraten ist? Die 800000 Euro für die Ausgrabung­en (die Gebäude stehen auf einem alten Friedhof und das Denkmalsch­utzamt ließ zuerst die Skelette ausgraben) sollen nur ein Teil der Summe sein, mit der das Unternehme­n in Schieflage geraten ist. In Besprechun­gen mit dem Bauherren sei von einer weitaus höheren Summe, nämlich von zwei Millionen, die Rede gewesen.

„Wir haben viel Freizeit geopfert, auch um Angebote an den Bauherren zu machen und hätten rund 1,2 Millionen zusammenge­bracht mit den restlichen Zahlungen, um das Projekt zu retten, aber wir haben es nicht geschafft“, so Karner.

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Fotos: Thorsten Jordan Die Rückseite des Hauses am Vorderange­r. Hier würden sich die Käufer der Wohnungen wünschen, dass der Bauherr die Fenster sichert. Auch in der Brudergass­e ist noch viel Arbeit, bis alles fertig ist. Eine Heizung fehlt derzeit.
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