Landsberger Tagblatt

Es ist wieder Filmfest

In der Reduzierun­g auf „Schwarz – Weiss“liegt der besondere Reichtum und der Reiz der aktuellen Schau im Kunstraum Stoffen. Der Fokus liegt auf dem Material

- VON MINKA RUILE

Stoffen Wenn Künstler für eines nicht gehalten werden wollen, dann für farblos, alles, selbst einen negativen Eindruck zu hinterlass­en, ist besser, als in der öffentlich­en Wahrnehmun­g sang und klanglos einfach unterzugeh­en. Da zeugt es von Mut, vielleicht auch einer gewissen Mission, wenn Kuratoren ihre Ausstellun­gen selbst auf „Magerkost“setzen und ihnen beispielsw­eise die Farbe entziehen. Nicht ganz zufällig ist es der Kunstraum Stoffen als mittlerwei­le deutschlan­dweit beachteter Ausstellun­gsort der „Konkreten“, der mit seiner Präsentati­on „Schwarz – Weiss“derzeit ein solches Konzept verfolgt. Seit Anfang des Monats und bis einschließ­lich Sonntag, 30. September, zeigt Otto Scherer in den Räumen der Galerie Arbeiten von 19 Künstlern, die sich

Schönheit, Regelhafti­gkeit und Ordnung

bildhaueri­sch, mit Malerei, Zeichnung oder Grafik, nein, nicht mit diesen beiden „un“bunten Farben auseinande­rsetzen, sondern vielmehr durch deren ausschließ­liche Verwendung den Fokus zum einen auf das Material und zum anderen die formalen Aspekte der einzelnen Werke richten. Im Vordergrun­d durch die „Thematisie­rung“von Linie, Fläche, Körper, Kontrast, Raster, Winkel, Verschiebu­ng, Symmetrie, Körnung, Struktur; Krümmung oder Faltung – steht hier das konstrukti­ve Moment. Viele der vorgewählt­en Motive, etwa Karl Heinz Kappls in vier Quadraten gleichmäßi­g geklebte Schnüre, müssen „aufgehen“, um am Ende eine bestimmte Fläche gleichmäßi­g und vollständi­g auszufülle­n. Vom ersten Zugriff auf den Bildträger entwickeln sie sich streng nach Plan und entfalten gerade darin ihren ganz eigenen Reiz: Schönheit, die in Regelhafti­gkeit und Ordnung gründet und – hier kippt es – über dieses ästhetisch­e ein emotionale­s Moment enthält.

Folgericht­igkeit ist auch für die Arbeiten der Münchener Künstlerin Erika Heisinger und ganz besonders für die auf mathematis­che Zahlenreih­en, die sogenannte­n Langford’schen Sequenzen, aufbauende­n Werke von Gerhard Hotter bedingende Grundlage.

Vesna Kovacics Reliefs und Plastiken wiederum fasziniere­n durch ihre je nach Perspektiv­e wechselnd mal chaotisch krumm, dann geordnet parallel verlaufend­en Linien, mit denen die Künstlerin in einer eigens hierfür entwickelt­en Technik ihre Objekte überzieht – Chaos und Ordnung, einander berührend, sich ablösend oder ineinander verflochte­n. Ihre Arbeiten repräsenti­eren der menschlich­en Existenz: „Ich inszeniere in meiner Kunst alltäglich­e Prozesse, die sich in unserem Bewusstsei­n abspielen“, sagt Kovacic, „ständig konfrontie­rt mit unbeschrei­blich Vielem (...) produziert unser Geist einzelne, uns verständli­che Muster.“In fast innerer Verwandtsc­haft zu Vesna Kovacics Wandobjekt­en zeigt sich im Flur des Kunstraums ein Relief Edgar Diehls mit schwarz-weiß-gestreifte­n beziehungs­weise monochrom schwarz gestaltete­n Flächen, die wie die Elemente eines Paravents aneinander­stoßen und sich als verwinkelt­es Band entlang der Mauer ziehen.

Aus ihrer Werkreihe „Cube“ zeigt die Österreich­erin Ilse Aberer unter anderem einen in weißem und schwarzem Acryl gefassten Würfel aus Birkenschi­chtholz mit jeweils über die Kanten gezogenen, teils aus dem rechten Winkel laufenden Flächen sowie kurzen, ins Weiß gesetzten Markierung­slinien.

Otto Scherer ist mit einer kleineren Arbeit vertreten, die in einem geknittert­en weißen und daneben einem gekörnten schwarzen Quadrat unterschie­dliche Oberfläche­nstrukture­n gegeneinan­der hält und visuell erfahrbar macht.

Um Form und Wahrnehmun­g sehr viel mehr als Bedeutung und emotionale­n Gehalt geht es in der sehr klar strukturie­rten, und denGrunder­fahrungen noch keineswegs unterkühlt­en Ausstellun­g im Kunstraum Stoffen auch in den Werken von Gentulio Alviani, Roman Cotosman, Roland Helmer, Markus Krug, Matti Kujasalo, Manfred Mohr, Francois Morillet, Otto Piene, Thomas Röthel, John Schmitz, Monica Supé und Tim Ulrichs. Bei aller Selbstbesc­hränkung – und damit sei sie Besuchern wärmstens empfohlen, reine Kopfsache ist die Ausstellun­g „Schwarz – Weiss“nicht. Vielmehr bietet sie visuelles Vergnügen und fordert heraus zu genauer Beobachtun­g.

Termine Öffnungsze­iten: Bis 30. Sep tember, Samstag und Sonntag, 14 bis 18 Uhr.

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SAMSTAG, 8. SEPTEMBER 2018
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Foto: Minka Ruile Edgar Diehls „Jomaru“: farblich unterschie­dlich gestaltete Flächen, die sich wie ein verwinkelt­es Band entlang der Wand ziehen.

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