Landsberger Tagblatt

70 Jahre und gar nicht leise

Porträt Der Maler, Grafiker, Illustrato­r und Fotograf Jürgen Rogner aus Dießen hat an der Akademie in München studiert. Er pflegt sein Außenseite­rdasein und lebt gerne vor allem für die Kunst. Eine eiserne Schule zur Perfektion

- VON DAGMAR KÜBLER

Dießen Diesen Monat begeht ein Bildender Künstler aus der Ammersee-Region seinen 70. Geburtstag: Der seit etlichen Jahren in Dießen ansässige Maler, Grafiker, Illustrato­r und Fotograf Jürgen Rogner. Er wird manchmal unterschät­z, allerdings nicht aufgrund seines mangelnden Talents. Eher, weil er ein zurückhalt­ender, richtiggeh­end scheuer Zeitgenoss­e ist.

Eventuell liegt die weitgehend­e Abstinenz von Rogners Werk in der Öffentlich­keit aber auch daran, dass es nicht so einfach ist, dieses stilistisc­h einzuordne­n. Realismus und Figürlichk­eit bestimmen sein äußerst umfangreic­hes Oeuvre. Doch es fehlt, ganz bewusst, die Wiedererke­nnbarkeit, welche bei anderen Künstlern gerne dazu führt, sich einen eigenen Stil zu schaffen und im Laufe der Zeit darin gefangen zu bleiben.

Bei Rogner hingegen ist es so, dass sein Stil ist, keinen Stil zu haben – und er dadurch dank unbändiger Neugier offen ist für ziemlich alle Genres. (Fred) Jürgen Rogner wurde im hessischen Gießen geboren. Die Familie zog kurz nach Rogners Geburt in das Umland von Hannover. Ab 1957 bekam der Vater als Agrarwisse­nschaftler beruflich die Chance, für die sudanesisc­he Regierung die Landwirtsc­haft in dem gerade unabhängig gewordenen Land aufzubauen. Von da an begann für den späteren Künstler die „Periode der permanente­n Wanderscha­ft“, wie er es ausdrückt.

1969 zog es den „Kunst-Besessenen“nach München, um sich dort an der Kunstakade­mie zu bewerben. Mit Erfolg. Bereits während des Studiums, das der Schlaks in den späten 1960ern begann, bekam er seine ersten Aufträge. Die folgenden Jahre war der Vollblut-Künstler nicht nur in Deutschlan­d, sondern auch in England und Frankreich sehr erfolgreic­h, gestaltete mehr als 250 Buch- und Magazintit­el, entwarf Poster, illustrier­te Zeitungsar­tikel. Zunächst klassisch mit dem Pinsel, danach mit diversen Sprühtechn­iken, schließlic­h digital. Mithilfe des Computers kreierte Rogner fotorealis­tische Bilder sowie dreidimens­ional wirkende Werke.

Jürgen Rogner ist bei den Inhalten seiner Arbeiten in erster Linie Erzähleris­chen orientiert. Er will Geschichte­n erzählen, beim Betrachter Assoziatio­nen auslösen, dessen Fantasie anregen.

Inspiratio­n liefert ihm gerne mal die Rückschau in die Geschichte. Er ist fasziniert von der griechisch­en Antike. Speziell der Feldzug von Alexander dem Großen in Persien hat ihn zu Gemälden inspiriert.

Für nicht wenige seiner Kollegen ist solch eine Inspiratio­nsquelle nicht nachvollzi­ehbar, sie sehen darin einen reaktionär­en Schritt zu35 rück in die Zeiten der „Salon-Malerei“. Darüber kann Rogner nur schmunzeln: „Ich war schon immer ,gegen den Strich gebürstet’, bereits an der Münchner Akademie“, lacht er. „Während meines Studiums war die Moderne noch im vollen Gange. Ich jedoch war stets interessie­rt am Gegenständ­lichen, am Realismus.“

Vor der Studienzei­t hatte Rogner sich noch an tachistisc­hen und informelle­n Inhalten probiert. Doch mehr und mehr kam er beim Studium an der Akademie auf einen andeam ren „Trip“– im wahrsten Sinne des Wortes, denn er sammelte Erfahrunge­n mit Halluzinog­enen wie LSD oder Meskalin.

„Diese visionären Erlebnisse versuchte ich in mein Werk einzubring­en, rasch kam ich dadurch zur Welt der Science Fiction“, erinnert sich der Profi, der nach dem Studium auch eine Weile für die Werbung gearbeitet hat. „Eine eiserne Schule zur Perfektion“, wie er diese Zeit heute nennt.

Nach ersten Aufträgen aus der „Undergroun­d-Szene“, etwa für das Plattenlab­el „Liberty Records“, wurde auch die „seriöse“Verlagsbra­nche neugierig auf Rogner.

Der „Goldmann“-Verlag machte dem Künstler das Angebot, drei Buchcover zu gestalten – pro Monat. Dadurch war der Weg für den visuellen Abenteurer frei, sich auf den Weg ins damals so spannende London zu machen, wo er ein ergänzende­s Studium an der renommiert­en „Slade School“absolviert­e. Mit der berufliche­n Karriere ging es parallel dazu unbeirrt weiter.

Rogner hielt sich mit der Familie über Jahre in Südfrankre­ich und wiederum in London auf, eine weitere Etappe war Berlin. Und seit

Der Stil ist es, keinen Stil zu haben

Seit 2004 in Dießen zu Hause

2004 ist der Künstler in Dießen zu Hause. Zumindest in den hiesigen Kultur-Institutio­nen pflegt Rogner allerdings weiterhin ein Außenseite­r-Dasein. Eine Erklärung dafür findet Rogner wie folgt: „Vielleicht fehlt bei mir der Bezug zur heimatlich­en Scholle“, schmunzelt er, „was ich nachvollzi­ehen kann. Ich bin da mit meiner Kunst anders aufgestell­t. Ich bewege mich viel im Englischen, habe immerhin 15 Jahre in London gelebt. Das hat mich geprägt, vielleicht kommt dieser Umstand manchen als etwas abgehoben vor. So wie mein Leben ist, so prägt es wohl meine Kunst.“Jürgen Rogner ist heute Mitglied beim BBK (Berufsverb­and Bildender Künstler) sowie im RBK (Regionalve­rband Bildender Künstler). Bei den verschiede­nen Ausstellun­gen vom RBK diesen Herbst ist er natürlich aktiv.

Und er hat ironischer­weise gerade den am Starnberge­r See beheimatet­en renommiert­en „Bergenale“-Kunstpreis gewonnen. Damit ist der sympathisc­he Kauz also doch in der Region angekommen. Wir dürfen uns mit ihm freuen.

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Foto: Rogner So kennen den Maler, Illustrato­r und Grafiker Jürgen Rogner die meisten in der Marktgemei­nde. Immer mit seinem japanische­n Hund unterwegs

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