Die Marionetten haben ein neues Zuhause
Vermittlung Die Figuren aus Rott sind bei einer Märchenbühne in Schöffau gelandet
Rott Sultan, Mönch und Prinzessin, Chinese, mexikanischer Mandolinenspieler, Hexe und Afrikanerin, alte, zahnlose Weiber, ein kleiner Clown, ein waschechtes Schlitzohr, der Kasperl und viele weitere Marionetten haben nun endlich ein neues Zuhause gefunden, und zwar bei Sepp Taffertshofer, bekannt aus „Bauer Sepp’s Märchenbühne“in Schöffau bei Murnau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Wie berichtet, hat die Gemeinde Rott nach dem Tod der Mieterin einer gemeindeeigenen Wohnung am Eichberg deren Erbe angetreten. Zuvor hatten ihre Verwandten dieses ausgeschlagen. Die Mieterin war 2016 verstorben, im Oktober 2017 hatte das Gericht entschieden, dass alles, was sich in der Wohnung befindet, an die Gemeinde übergeht. So musste diese die Räume der Künstlerin und Sammlerin räumen und stieß dabei auf ein ganzes Zimmer voller Marionetten.
Ziel der Gemeinde war, die Sammlung möglichst komplett in gute Hände abzugeben. Insbesondere Gemeinderat Simon Krötz erkundigte sich über Monate hinweg quer durch Deutschland nach Interessenten, versuchte aber auch, den Wert der Puppen zu ermitteln. Dabei stellte sich heraus, dass die Marionetten bespielbar und vermutlich wertvoll sind, da sie aus der Hand von Professor Albrecht Roser oder einem seiner begabten Schüler stammen könnten. Roser war eine Koryphäe im Puppenbau. Problematisch war, dass es keinen Markt für Marionetten gibt, es handelt sich um Liebhaberstücke.
Einen solchen Liebhaber hat die Gemeinde nun mit Sepp Taffertshofer gefunden. Wie er dem LT mitteilte, habe ihn die Gemeinde angerufen und die Sache habe ihn sofort interessiert. So machte er sich zusammen mit seiner Frau Claudia, ebenfalls Puppenspielerin bei der Märchenbühne, auf zur Besichtigung nach Rott. „Ich habe nur mit ein paar Puppen gerechnet und war erst einmal erschlagen von der Menge“, beschreibt Taffertshofer seinen ersten Eindruck. Zwar widmet sich der 66-Jährige seit 18 Jahren dem Puppenspiel, jedoch spielt er mit Handpuppen. Trotzdem entschied er sich dafür, die Marionetten in seiner Bühne aufzunehmen. Der Gedanke, dass sie sonst eventuell entsorgt werden, war für ihn schwer zu ertragen, denn, wie er sagt, seien die Marionetten „sehr schön und mit viel Liebe und Aufwand gemacht.“
Ausgerüstet mit Plastikboxen ist Taffertshofer vor etwa drei Wochen mit Auto und Anhänger vorgefahren, hat die Schätze sorgfältig eingepackt, damit sich die Fäden nicht noch mehr verheddern, und nach Schöffau gefahren. Dort hat er mit einigen bereits den Zuschauerraum und das Theater dekoriert. Als Marionetten werden sie wohl bei der Märchenbühne nicht gespielt werden, denn das Theater eignet sich dafür nicht und Bauer Sepp selbst möchte das Marionettenspiel nicht mehr erlernen. „Aber wer weiß, vielleicht kommen sie doch einmal zu Einsatz. Das kommt darauf, wer nach mir hier weitermacht.“Um Weihnachten geht es bei der Märchenbühne richtig rund, aber wenn danach die stade Zeit kommt, dann wird Taffertshofer prüfen, ob er einige Marionetten zu Handpuppen umbauen oder zumindest die Köpfe dafür verwenden kann.
Zwar hat die Gemeinde Rott die Marionetten kostenlos abgegeben, jedoch werden die Kindergartenkinder profitieren. Als Gegenleistung hat Bauer Sepp sie nämlich zu zwei Besuchen bei der Märchenbühne eingeladen.