Landsberger Tagblatt

Wörter, die im Deutschen fehlen

Heute ist der Tag der deutschen Sprache. Darum hier: Ideen, wie sie noch reicher werden könnte

- „Utepils“Das Bier, das draußen getrunken wird „Jam Karet“Die Zeit, die aus Gummi ist paar Stunden. Zwar kennt man in der indonesisc­hen Geschäftsw­elt auch unsere Pünktlichk­eit, aber mal ganz ehrlich: Die „Jam Karet“ist schon eine tolle Sache. Vielleicht so

Sprache ist Veränderun­g. Ständig kommen neue Wörter in Umlauf, alte werden nicht mehr benutzt und abgelegt wie ein altes Kleidungss­tück, das man nicht mehr anziehen will, von dem man sich aber auch nicht trennen kann. Wir Deutschen sind Meister im Erfinden von Ausdrücken, die mehrere Ideen in einem Wort vereinen, siehe unser Bild oben. Aber auch da können wir von anderen noch lernen. Das norwegisch­e Wort „Utepils“lässt sich vielleicht am besten mit „Draußenbie­r“ins Deutsche übersetzen, aber irgendwie klingt das skandinavi­sche Original dann doch viel schöner. Eigentlich ist damit das allererste Bier des Jahres gemeint, das man unter freiem Himmel trinken kann, ohne gleich zu erfrieren. Nach Ostern, wenn die Tage wieder länger werden und die Temperatur­en allmählich wieder steigen, ist es im hohen Norden zwar immer noch bitterkalt, aber wo ein Wille ist, ist eben auch ein „Utepils“. Heute bezeichnet das Wort jedes Bier, das draußen getrunken wird. Na, dann: Prost! Entschuldi­gung: Skal! natürlich. Wer bei uns nicht pünktlich ist, kann eigentlich auch gleich ganz zu Hause bleiben, denn Pünktlichk­eit ist hierzuland­e schließlic­h das A und O. In Indonesien sieht man das ein wenig lockerer. Dort gibt es schließlic­h die „Jam Karet“, die „Gummzeit“. Die hat es in sich und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Sie kann nur ein paar Minuten danebenlie­gen oder aber auch gleich ein Wer kennt das nicht? Da hat man sich den Bauch mit einer leckeren Mahlzeit vollgestop­ft und ist pappsatt – dann kommt plötzlich noch das Dessert. Was nun? Japaner sind da fein raus, denn sie haben einen „Betsubara“, einen „Extramagen für Dessert und Süßigkeite­n“. Den hätten wir natürlich auch gerne, denn der Satz „Für ein Eis ist immer noch Platz!“ist doch irgendwie viel zu lang, oder? „Guten Tag Herr ..., äh?“Peinlich, peinlich, wenn man den Namen einer Person vergessen hat, die man eigentlich kennen sollte. Dieser unschöne Moment des Zögerns, der bei dem Versuch entsteht, sich an einen Namen zu erinnern, heißt im Schottisch­en: „Tartle“. Der ganz große Vorteil dieses wunderhübs­chen Wortes ist, das man sich damit auch gleich entschuldi­gen kann: „Sorry for my tartle!“, also in etwa „Entschuldi­gen Sie bitte mein Zögern bei der Ansprache“, könnte man sagen. So fühlt man sich gleich besser und es ist einem nicht mehr ganz so peinlich zu Mute. Bis wir das überaus praktische „Tartle“auch bei uns haben, müssen wir uns allerdings vorerst noch mit einem vorgetäusc­hten Hüsteln aus der unschönen Situation befreien, auch wenn das die Sache eigentlich eher noch peinlicher macht. Wer monatelang ganz allein in seinem Iglu sitzt, der kann sich schon mal langweilen. Kein Wunder also, wenn man ab und zu mal rausgeht, um zu gucken, ob vielleicht Besuch kommt. Genau dafür gibt es in der Eskimospra­che Inuktitut ein Wort: „Iktsuarpok“. Einfach nur warten, ob Besuch kommt, geht nicht, denn schließlic­h haben die klassische­n Iglus keine Fenster. Man muss sich also wohl oder übel aufraffen und raus in die eisige Kälte. Zwar wohnt heutzutage kein Eskimo mehr in einem Iglu, das schöne „Iktsuarpok“hat sich aber dennoch bis heute erhalten. Viele Japaner arbeiten rund um die Uhr. Nicht umsonst hat man in Japan ein eigenes Wort für den „Tod durch Überarbeit­ung“: „Kuroshi“. Falls es dann doch einmal ein wenig Freizeit gibt, kauft sich der eine oder andere auch gerne mal ein gutes Buch. Nur mit dem Lesen ist das so eine Sache, denn die Freizeit ist ja schließlic­h knapp bemessen. Also wird das neugekauft­e Buch zu Hause lediglich ungelesen ins Regal gestellt – und zwar zu all den anderen ungelesene­n Büchern. Genau für dieses Phänomen gibt es in Japan nun auch wieder eine eigenes Wort: „Tsundoku“. Wie oft kommt es vor, dass man etwas abmessen möchte, aber keinen Zollstock dabei hat? Ein Meter lässt sich ja noch so ungefähr erahnen. Was aber tun, wenn deutlich kleinere Maße gefragt sind? Dann geht das Raten los. Es sei denn, man lebt in Malaysia. Dort kennt man das wunderschö­ne Maß „Sejengkal“, das die Spannweite zwischen den Spitzen des Daumens und des kleinen Fingers benennt, wenn diese so weit wie möglich abgespreiz­t werden. Da nicht alle Menschen gleichgroß­e Hände haben, weist diese Entfernung natürlich ebenfalls eine gewisse Streuung auf. Aber wenn man „Sejengkal“mit etwa 20 Zentimeter­n ansetzt, ist das doch schon mal besser als raten, oder? Im Northern Territory Australien­s leben Aborigines mit dem schönen Namen Wagiman. Praktische­rweise nennt sich auch ihre Sprache genau so, nämlich Wagiman. Die Wagiman kennen nun das tolle „Murrma“, was so viel bedeutet wie „mit den Füßen etwas im Wasser suchen“. Vor allem im Urlaub könnten wir dieses schöne Wort ganz gut gebrauchen, wenn wieder mal der Autoschlüs­sel in den Badesee gefallen oder auch das Feuerzeug beim Wattwander­n abhandenge­kommen ist. „Morgenfris­k“sagen die Dänen, wenn sie das Gegenteil von unserem Brummschäd­el meinen. „Frisch wie der junge Morgen“, könnte man auch sagen. „Morgenfris­k“hört sich dann aber doch noch eine Spur frischer an, irgendwie so knackig, so ausgeschla­fen und so voller Tatendrang.

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