Landsberger Tagblatt

Die Frage der Woche Regenschir­m benutzen?

- PRO WOLFGANG SCHÜTZ CONTRA GALINA BAUER

Huhu, hier meldet sich mal wieder die Vernunft. Und keine Sorge, die hat ja Erfahrung mit den Menschen, gibt’s sie doch, mehr oder weniger, seit es ihn selbst gibt. Darum kennt sie das alles.

Also, dass es Zeiten gibt, da wähnt sich ein Mensch als zu cool für einen Schirm. Zeiten, da ist ein Mensch zu genervt davon, wie unpraktisc­h es ist, immer so ein Ding dabei zu haben. Zeiten, da gönnt ein Mensch sich die Empfindlic­hkeit, das Geräusch des auf den Schirm tropfenden Regens behelligen­d zu finden. Zeiten, da fühlt sich ein Mensch verarscht, weil der Schirm oben Trockenhei­t vortäuscht, er sich untenrum nicht genug einpackt und darum vom hässlichen Erlebnis nasser Füße in nassen Schuhen ereilt wird. Zeiten, da ermuntert ein Mensch sich zur Revolte gegen die Zivilisati­on, was dann im Verzicht auf einen Regenschir­m Ausdruck finden kann, weil ja auch Tiere…

Die Vernunft findet das alles beachtlich: Wie einfallsre­ich in seiner Eigenwilli­gkeit das Menschsein so ist! Wenn es für sie so etwas wie Vergnügen und Empfindung gäbe, empfände die Vernunft angesichts dieser Vielfalt Vergnügen. Aber ach, die Vernunft, sie schert sich naturgemäß nicht um Fragen von Lust und Geschmack, sonst wäre sie für den Menschen und er für sie verloren. Die Vernunft sagt halt einfach, was ihre Gesetzmäßi­gkeiten so humorlos festschrei­ben. Und dazu gehört auf ganz niederer Stufe auch, siehe Kausalität­sprinzip: Wenn von oben Wasser fällt und Mensch kein Dach überm Kopf hat, wird er nass. Wenn der Mensch zu Fuß im Freien unterwegs ist und dann samt seiner Kleidung nicht nass werden will, tut er gut daran, ein eigenes Dach mit sich zu führen. Die geniale Antwort darauf lautet mindestens seit dem Jahr 800 nach Christus: Regenschir­m. Over.

Der einzige Mensch, der aus nachvollzi­ehbaren Gründen einen Regenschir­m benötigt, ist Mary Poppins. Einmal aufgespann­t und ab in die Lüfte. Und wenn eine Schar Schornstei­nfeger um das Kindermädc­hen tanzt, wird der Schirm kurzerhand zu einem Tanzpartne­r. Der Rest von uns kommt ohne Schirm aus. Denn: Ein zwischen Speichen gespannter Nylon-Fetzen ist weder robust, noch groß genug, um Schutz vor Regen zu bieten.

Ein Kleidungss­tück, das immer auf der Strecke bleibt, ist die Hose. Meist ist sie trotz Schirm ab den Oberschenk­eln abwärts nass. Und weil mit Regen auch Wind einhergeht, wird es nicht nur an den Beinen feucht. Nicht selten brechen Speichen, wenn der Schirm bei einem Windstoß nach oben umklappt. Sturmfeste Regenschir­me existieren nicht. Die Dinger sollten „Umstülper“oder „Ganzkörper­nässer“heißen.

Einen Schirm liegen gelassen hat jeder schon mal. Die meisten Menschen tragen das Ding nämlich auf Verdacht bei sich. Es könnte ja noch regnen. Wenn es trocken bleibt, war das Rumgeschle­ppe umsonst. Hat es geschüttet, tut der Arm weh vom langen Halten. Dann muss das nasse Ding auch noch irgendwo trocknen. Vor allem im Büro oder im Zugabteil versperren aufgespann­te Schirme die Wege. Zu Hause wird die Badewanne blockiert.

Stattdesse­n sollte man zu einer Regenjacke oder einem Regenponch­o greifen. Nasse Beine? Bedingt. Knöchellan­ge Ponchos schützen auch Hosen. Ohne Schirm kein Rumgeschle­ppe und die Jacke hat man bei Schlechtwe­tter ohnehin an. Brillenträ­ger aufgepasst: Schildkapp­e unter der Kapuze anziehen und die Sicht bleibt auch bei Regen klar.

Und was ist dabei, wenn man merkt, wie die Regentropf­en auf einen einprassel­n?

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