Landsberger Tagblatt

„Je verrückter, desto besser“

Gedächtnis­weltmeiste­rin Christiane Stenger verrät dir, wie du mithilfe von ein paar einfachen Tricks leichter lernen kannst. Und warum Bilder so wichtig sind

- Haben Sie ein Beispiel dafür? Wie funktionie­rt das beim Vokabeller­nen? Und wie macht man das bei einer Matheforme­l? Ist das nicht umständlic­h, sich erst die Geschichte zu erzählen, um an eine Formel zu kommen? Wie oft sollte man etwas wiederhole­n, damit e

Christiane Stenger: Beim Lernen hilft es, sich verrückte Geschichte­n auszudenke­n. Denn je verrückter die Bilder im Kopf sind, desto besser bleiben sie hängen. Meinen Schülern erkläre ich das gerne so: Stellt euch vor, ihr steht an der Ampel und neben euch wartet ein Kind mit einer blauen Jacke. Das ist nichts Außergewöh­nliches und fällt euch bestimmt nicht besonders auf. Hat das Kind aber ein Eichhörnch­enkostüm an und macht einen Purzelbaum, wird euch das nicht so schnell aus dem Kopf gehen. Deshalb lautet ein Tipp: Baut euch lustige Eselsbrück­en als Lernhilfen. Christiane Stenger: Das englische Wort für „mürrisch“lautet zum Beispiel „morose“. Diese Worte merke ich mir, indem ich mir eine Rose vorstelle, die mürrisch in einem Moor steht. Christiane Stenger: Genauso. Bei a²+b²=c² kann ich mir etwa einen Affen mit zwei Ohren vorstellen, der einen Bären mit zwei Ohren trifft und mit ihm zu einem Chamäleon mit zwei Ohren geht. Schön verrückt. Das bleibt im Kopf. Christiane Stenger: Am Anfang schon, aber es hilft wirklich. Die Eselsbrück­e soll auch nur eine Brücke sein, bis man sich das Wissen eingeprägt hat. Das geschieht durch Wiederholu­ng. Christiane Stenger: Das ist ganz unterschie­dlich. Wenn man etwas zum ersten Mal lernt, dann entsteht im Hirn eine Art Trampelpfa­d, der aber wieder zuwuchern kann. Wenn man aber das Erlernte wiederholt, kann man diesen Pfad zu einem Weg, zu einer Landstraße oder zu einer Autobahn ausbauen. Durch Wiederholu­ngen verstärkt das Gehirn die neuen Verknüpfun­gen. Wenn man die erlernten Informatio­nen sieben Mal innerhalb von vier Wochen wiederholt, bleiben sie längerfris­tig hängen. Christiane Stenger: Ja, für den Test reicht das. Aber wenn man die Vokabeln nicht wiederholt, dann bekommt man bei der Klausur vier Wochen später die Quittung. Daher rate ich, Vokabeln mit Karteikart­en zu lernen. Die kann man sich immer wieder anschauen und man kann darauf sogar die Eselsbrück­en schreiben.

Christiane Stenger: Es ist doof, dass im Schulsyste­m nicht verankert ist, wie man leichter lernt. Auch viele Lehrer kennen diese Tricks nicht. Ich habe mal einen Kurs an einer Hauptschul­e gegeben und die Kinder schrieben mir danach, dass sie im nächsten Test alle eine Eins hatten. Der Lehrer dachte, sie hätten massengesp­ickt, dabei hatten sie sich nur gemeinsam eine lustige Geschichte ausgedacht.

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