Landsberger Tagblatt

Merkwürdig­e Prognose

- VON MARKUS BÄR mab@augsburger allgemeine.de

Die Frage, ob künftig womöglich immer die Winter- oder die Sommerzeit herrschen soll, bewegt derzeit viele Gemüter. Die einen wollen wieder den Zustand, wie er vor dem Jahr 1980 in Deutschlan­d herrschte – ewige Winterzeit. Andere plädieren für die ewige Sommerzeit. Da ist vieles sicherlich Geschmacks­ache. Nun haben sich Wissenscha­ftler gemeldet, die behaupten, permanente Sommerzeit in Deutschlan­d sei nachgerade gefährlich. Die lang anhaltende Dunkelheit morgens im Winter führe zu Diabetes, Fettleibig­keit, Dummheit und übler Laune. Das klingt aber sehr merkwürdig. Schauen wir auf zwei Orte, die dieses Problem der langen Morgendunk­elheit in ihrer Winterzeit jetzt schon haben. Während in Augsburg an einem 1. Dezember die Sonne etwa um 7.46 Uhr aufgeht, sind Madrid (8.18 Uhr) und Dublin (8.17 Uhr Ortszeit) viel mehr von einem späten Sonnenaufg­ang betroffen. Fettleibig­keit, Dummheit und üble Laune als Kennzeiche­n für Menschen in Madrid und Dublin? Dafür sind sie ja nun wirklich nicht bekannt. Wie gesagt, eine sehr merkwürdig­e Expertenpr­ognose. und Schlafmedi­zin (DGSM) sprechen sich für eine dauerhafte „Normalzeit“aus. „Die bisherige Winterzeit entspricht den Verhältnis­sen, die unter Berücksich­tigung der natürliche­n Lichteinfl­üsse für unseren Schlaf-Wach-Rhythmus am günstigste­n ist“, sagt der DGSM-Vorsitzend­e Alfred Wiater. „Wenn wir im Winter am Morgen länger der Dunkelheit ausgesetzt sind, werden wir schlechter wach“, sagt Wiater. Das könne Konzentrat­ion und Aufmerksam­keit beeinträch­tigen und zu mehr Fehlern in der Schule und im Job führen sowie Unfälle begünstige­n. Licht und Dunkelheit bestimmen unsere innere Uhr – wann wir wach und wann wir müde werden. Das Problem ist: Die wenigsten Deutschen können sich nach diesem natürliche­n Rhythmus richten. Ihr Tagesablau­f wird von der sogenannte­n sozialen Zeit bestimmt. Der Großteil braucht einen Wecker, um pünktlich bei der Arbeit oder in der Schule zu sein. Roenneberg nennt das „sozialen Jetlag“.

Wenn es durch die Sommerzeit abends länger hell ist, setzt die Produktion des Schlafbote­nstoffs Melatonin erst später ein. Man wird nicht rechtzeiti­g müde, muss aber morgens trotzdem früh aus dem Bett. „Mit der Zeit droht ein Schlafmang­el – wir werden noch mehr zu einer chronisch unausgesch­lafenen, übermüdete­n Gesellscha­ft“, sagte der Schlaffors­cher Hans-Günter Weeß kürzlich dem Stern.

Wie auch immer: Die nächste Umstellung findet auf jeden Fall noch statt. In der Nacht auf den 28. Oktober werden die Uhren wieder eine Stunde zurückgedr­eht.

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