Merkwürdige Prognose
Die Frage, ob künftig womöglich immer die Winter- oder die Sommerzeit herrschen soll, bewegt derzeit viele Gemüter. Die einen wollen wieder den Zustand, wie er vor dem Jahr 1980 in Deutschland herrschte – ewige Winterzeit. Andere plädieren für die ewige Sommerzeit. Da ist vieles sicherlich Geschmacksache. Nun haben sich Wissenschaftler gemeldet, die behaupten, permanente Sommerzeit in Deutschland sei nachgerade gefährlich. Die lang anhaltende Dunkelheit morgens im Winter führe zu Diabetes, Fettleibigkeit, Dummheit und übler Laune. Das klingt aber sehr merkwürdig. Schauen wir auf zwei Orte, die dieses Problem der langen Morgendunkelheit in ihrer Winterzeit jetzt schon haben. Während in Augsburg an einem 1. Dezember die Sonne etwa um 7.46 Uhr aufgeht, sind Madrid (8.18 Uhr) und Dublin (8.17 Uhr Ortszeit) viel mehr von einem späten Sonnenaufgang betroffen. Fettleibigkeit, Dummheit und üble Laune als Kennzeichen für Menschen in Madrid und Dublin? Dafür sind sie ja nun wirklich nicht bekannt. Wie gesagt, eine sehr merkwürdige Expertenprognose. und Schlafmedizin (DGSM) sprechen sich für eine dauerhafte „Normalzeit“aus. „Die bisherige Winterzeit entspricht den Verhältnissen, die unter Berücksichtigung der natürlichen Lichteinflüsse für unseren Schlaf-Wach-Rhythmus am günstigsten ist“, sagt der DGSM-Vorsitzende Alfred Wiater. „Wenn wir im Winter am Morgen länger der Dunkelheit ausgesetzt sind, werden wir schlechter wach“, sagt Wiater. Das könne Konzentration und Aufmerksamkeit beeinträchtigen und zu mehr Fehlern in der Schule und im Job führen sowie Unfälle begünstigen. Licht und Dunkelheit bestimmen unsere innere Uhr – wann wir wach und wann wir müde werden. Das Problem ist: Die wenigsten Deutschen können sich nach diesem natürlichen Rhythmus richten. Ihr Tagesablauf wird von der sogenannten sozialen Zeit bestimmt. Der Großteil braucht einen Wecker, um pünktlich bei der Arbeit oder in der Schule zu sein. Roenneberg nennt das „sozialen Jetlag“.
Wenn es durch die Sommerzeit abends länger hell ist, setzt die Produktion des Schlafbotenstoffs Melatonin erst später ein. Man wird nicht rechtzeitig müde, muss aber morgens trotzdem früh aus dem Bett. „Mit der Zeit droht ein Schlafmangel – wir werden noch mehr zu einer chronisch unausgeschlafenen, übermüdeten Gesellschaft“, sagte der Schlafforscher Hans-Günter Weeß kürzlich dem Stern.
Wie auch immer: Die nächste Umstellung findet auf jeden Fall noch statt. In der Nacht auf den 28. Oktober werden die Uhren wieder eine Stunde zurückgedreht.