Die Tiefgarage war ein Magnet
Kunstnacht Die gesamte Stadt wurde zu einer Kunstinstallation. Fröhliche Menschen feierten bis tief in die Nacht und es gab Kunst an besonderen Orten. 70 Ausstellungsorte
Landsberg Gedränge im Rathaus, mehrere hundert Leute in der Tiefgarage, Volksfeststimmung auf dem Hauptplatz, Rummel in der Alten Bergstraße: Waren schon jemals so viele Menschen während der Landsberger Langen Kunstnacht unterwegs? Zum 18. Mal hatte die Stadt Geschäfte, Behörden, Praxen, Kanzleien, soziale Einrichtungen eingeladen, ihre Räume für Kunst aller Art zur Verfügung zu stellen.
Rund 70 Ausstellungsorte waren es schließlich, in denen einen Abend lang nicht nur Kunst aller Art präsentiert wurde. Es war vor allem auch ein „meet and greet“. Künstler und Besucher waren, so schien es, an dem Abend besonders offen und gesprächsbereit. Bei idealem Spätsommerwetter ließ es sich auch auf den Straßen und Plätzen der Stadt gut plaudern. Zudem lockte das reichhaltige Angebot der Gastronomiebetriebe. Eine erste diesbezügliche Station war schon in der Alten Bergstraße. Dort hatte einen Tag vor der Kunstnacht, das Zirnheld nach jahrelangen Renovierungsarbeiten als „Café und Bar“endlich wieder geöffnet. In einem Ambien- te, das für ältere Landsberger ein Déjà-vu bedeuten dürfte, servierten Chefin Andrea Nisch und ihr Team Getränke und Häppchen. Nisch, die eigentlich Kunst studiert hat, aber schon lang im Gastronomiebereich tätig ist, präsentierte informelle Malerei, zwischen Steinskulpturen von Uli Hochmann und Fotografien von Peter Reuting.
Gegenüber, im „Eigenhändig“konnte betrachtet werden „was bleibt“, wenn der Mensch sich von der Welt verabschiedet hat. Grelle Scheinwerfer, eine große Leinwand, Malutensilien am Spitalplatz: Dort
„Action Painting“am Spitalplatz
konnte Klaus Strahlendorff beim „Action Painting“zugeschaut werden. Der Künstler hatte eine aus 20 Einzelteilen zusammengefügte, große Leinwand ausgebreitet und füllte die Flächen mit Farbe. Die Einzelteile sollten später verkauft werden und ein Teil des Erlöses dem Förderverein Rathausflügel zugute kommen.
Die Schlossberggarage – seit Monaten ist sie wegen Sanierungsarbeiten geschlossen. Parkdeck A ist fer-
tig und bevor wieder Autos ein- und ausfahren, konnten Kunstnachtgäste die Garage ohne Autos, dafür mit Lichtinstallationen in waberndem Kunstnebel und hervorragender Musik begutachten. Das kam gut an, es war ein ständiges Kommen und Gehen, am hinteren Ende des Decks lauschten jeweils mehrere hundert Besucher den Konzerten. Allgemein wurde die „tolle Atmosphäre“gelobt und die Akustik, die den Klang der Instrumente bis weit nach vorn zum Eingangsbereich trug. „Es wäre überlegenswert, hier mal ein richtiges, großes Konzert zu machen“, meinte eine Zuhörerin und nannte als Beispiel die RationalKonzerte. Es gab aber auch Kritik. Sie möchte nicht wissen, wie viele Giftstoffe hier in der Luft seien, schimpfte eine Besucherin und rauschte nach draußen.
Im Rathaus drängten sich die Menschen vor allem im historischen Bereich. Ausgestellte Kunst anschauen? Das war auch, wenn wer gewollt hätte, kaum möglich. Vergleichsweise beschaulich ging es im Foyer zu. Das nicht einfache Thema „Verfassung erfassen“war kein luftiger Leckerbissen, sondern machte eher nachdenklich und ließ auch einige Besucher zum Stift greifen, um ihre Gedanken zum Schutz der Verfassung niederzuschreiben. Keine leichte Kost auch bei Vivell, die Fotos aus Backstube und Schlachthaus waren nicht jedermanns Sache. Allgemein gelobt wurde, dass das Handwerk mal in den Fokus gerückt wurde. Viel Betrieb im Zedermarkt: Joachim und Anselm, Vater und Sohn Hoppe, nutzten den Raum für ihre großen Skulpturen, Soel und Zuckerdose lockten mit Malerei und Fotografie. Bei Nennmann in der Hinteren Salzgasse hatte Annunciata Foresti zwischen Wohnaccessoires ausgestellt und für ein Überraschungskonzert gesorgt: Monika Drasch und Karin Schart sangen und musizierten auf Einladung der Dießener Künstlerin.
Das Café Käthe ist seit zwei Wochen geschlossen, zur Kunstnacht wurde aber noch einmal geöffnet, und der Geltendorfer Florian Pawlak konnte unterschiedliche Kunst zeigen. „Wir stellen mal nicht aus. Wir machen unser Atelier auf, sind da und haben Zeit für Gespräche.“Dazu servierten Katinka Schneweis und Johann Neuhauser Faulenzerbier und Künstlerbrause. Wer also dem Trubel entfliehen wollte, der war im Atelier Neuschne gut aufgehoben.