Ein Fach, das Schüler auf das Leben vorbereitet
Orientierung An baden-württembergischen Realschulen gibt es seit einem Jahr ein neues Fach: WBS
Biberach Schüler fragen sich stets, was Fächer wie Mathe, Physik und Geschichte ihnen später mal nützen. „Im Beruf gibt’s doch Taschenrechner oder ich google es“, sagen die Kinder. In Baden-Württemberg wurde vergangenes Jahr ein neues Schulfach eingeführt: Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung, kurz WBS. Doch was steckt hinter dem Fach?
Achim Schwarz vom Staatlichen Schulamt Biberach erklärt: „Man hat bestimmte Inhalte aus anderen Fächer zusammengefast, um sie so stärker zu fokussieren.“Damit meint er beispielsweise die Berufsorientierung. Früher seien die Schüler in der neunten Klasse plötzlich vor der Situation gestanden, ein Praktikum zu machen. „Das kam aus dem Nichts auf sie zu“, sagt der Amtsleiter. Kinder müssten aber darauf hingeführt werden. WBS setze bereits in der siebten und achten Klasse damit an.
„Bei der aktuell guten wirtschaftlichen Lage haben die Schüler viele Wahlmöglichkeiten“, sagt Schwarz. Die siebte und achte Klasse sei der altersgemäß passende Zeitpunkt dafür, die Kinder auf die spätere Berufswahl vorzubereiten. Innerhalb des Fachs sollen sich die Schüler nämlich auch die Fragen stellen, welche Ziele und Erwartungen sie für später haben. Die Lehrer gehen dabei auf die Interessen der Jugendlichen ein.
Neben der Berufsorientierung werden zudem Fragen der Wirtschaft beantwortet. Wie gründe ich ein Unternehmen? Was sind Ziele von Firmen? „Das sind Sachen, die früher in Gemeinschaftskunde unterrichtet wurden“, sagt Schwarz.
Aber lernen die Kinder auch was über den Alltag? Wie eröffne ich ein Konto oder schließe einen Vertrag ab? Die Antwort lautet Nein. „Wir bringen ihnen bei, zu hinterfragen, wofür sie das Geld ausgeben oder wie sie sparen können“, erklärt Schwarz. Wie sie bei der Bank ein Konto eröffnen können, sei dagegen zu konkret. „Die Schule soll Kompetenzen vermitteln, dass die Schüler später eigenständig solche Dingen angehen können“, sagt Schwarz. Deshalb vermittle die Realschule ein Basiswissen. Zwar würden die Lehrer gelegentlich einzelne Beispiele vorstellen, mehr aber auch nicht.
Das Fach WBS sei bisher ohne Schwierigkeiten abgelaufen, sagt der Amtsleiter. Immerhin seien es keine grundsätzlich neuen Inhalte gewesen. Zudem arbeite man bei der Berufsorientierung eng mit der IHK oder den Arbeitsagenturen zusammen. Einzig die Dauer überrascht: Von der siebten bis zur zehnten Klasse haben die Schüler insgesamt nur fünf Stunden WBS. Dafür gibt es eine einfache Erklärung. „Da viele Inhalte schon in anderen Fächern vorkamen, fallen sie da einfach weg“, sagt Schwarz. Im Gegenzug wollte man die Schüler nicht mit zusätzlichen Stunden überfordern. Ab diesem Schuljahr wird WBS auch an den Gymnasien in Baden-Württemberg unterrichtet. Schwarz ist sich sicher: „Fünf Stunden hören sich wenig an, aber es wird Früchte tragen.“ Reportagenheft oder ganz anders –, entscheiden die Teilnehmer natürlich selbst.
Mithilfe der aktuellen Augsburger Allgemeinen oder der Lokalausgabe, die für vier Wochen im Klassensatz geliefert wird, lernen die Schüler alle Aspekte einer Zeitung kennen. Dank ihres neuen Wissens können sie beurteilen, woher die Nachrichten stammen oder wie viel Recherchearbeit in einer Reportage steckt.
Über die gesamte Seminardauer hinweg wird außerdem ein Freiexemplar der Zeitung an die Schule geliefert. Damit die Zeitung aber nicht nur von der Ferne aus studiert wird, gibt es die Möglichkeit, dass die Schüler für ein Redaktionsgespräch ins Augsburger Medienzentrum kommen und eine Führung durch die Redaktionsräume und die Technik erhalten. Hier bekommen die Jugendlichen noch einen besseren Einblick in die Entstehung einer Zeitung – von der ersten Planung der Seiten bis zum fertigen Druck. Außerdem kann zu einem fortgeschrittenen Stadium auch ein Termin mit einem Redakteur vor Ort vereinbart werden, der Feedback und Tipps geben wird. Am Ende des eineinhalbjährigen Seminars kennen die Teilnehmer redaktionelle Grundsätze und wissen, woran sie seriöse und glaubwürdige Medien erkennen.
Schüler, die vielleicht auch längerfristig „irgendwas mit Medien“machen wollen, können an der Jugendseite Klartext mitarbeiten. Sie erscheint wöchentlich in der Lokalausgabe und wird von jungen Menschen für junge Menschen gemacht. Ausgewählte Artikel aus dem P-Seminar können auch auf Klartext veröffentlicht werden. Die Schüler haben die Möglichkeit herauszufinden, ob sie später im Bereich Journalismus oder Medien arbeiten wollen und können.
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