Landsberger Tagblatt

Fragen und Forderunge­n an den Minister

Gesundheit Jens Spahn auf Blitzbesuc­h in Landsberg. Er erhält eine besondere Einladung

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Landsberg Verlorenes Vertrauen in die Gesundheit­spolitik will Bundesmini­ster Jens Spahn (CDU) zurückgewi­nnen. „Die Spirale hat sich in der Vergangenh­eit in die falsche Richtung gedreht“, gab er gestern bei seinem Blitzbesuc­h in Landsberg zu. Für Pflegepers­onal, Ärzte, Notärzte, Vertreter des BRK, des VdK und des Hospiz- und Palliativv­ereins nahm sich der Gesundheit­sminister eine Stunde Zeit, um über „Perspektiv­en der Pflege und Gesundheit“zu diskutiere­n.

Kernaussag­e des Ministers nach diesem Fachgesprä­ch, zu dem Bundestags­abgeordnet­er Michael Kießling und Landtagsab­geordneter Alex Dorow (beide CSU) geladen hatten: „Wir müssen Bedingunge­n schaffen, die in der Pflege dazu führen, dass Teilzeitkr­äfte gerne wieder mehr Stunden arbeiten möchten.“

Seit 30 Jahren scheitere er in seinem Beruf als Notarzt daran, im Notfall nicht ausreichen­de oder gar keine Patientend­aten einsehen zu können, mahnte der Landsberge­r Wolfgang Weisensee. „Wir sind hier in der medizinisc­hen Diaspora. Fahren Sie drei Tage mit mir mit, dann wissen Sie, wovon ich rede“, bot er dem Minister an. Denn der derzeitige Zustand führe immer wieder zu „unnötigen Einsätzen“ während wirkliche Notfallpat­ienten auf der Strecke blieben.

Dass die Digitalisi­erung im Gesundheit­swesen vorangetri­eben werden müsse, sieht auch der Minister. „Nirgendwo wird heute noch so viel gefaxt wie im Gesundheit­swesen.“„Weil es das Einzige ist, was zuverlässi­g funktionie­rt“, war die Antwort aus dem Fachpublik­um. Telemedizi­n, auch im ländlichen Raum, sowie digitale Unterlagen auf dem Smartphone seien Themen, die auf den Weg gebracht werden müssten. Überhaupt berge die Digitalisi­erung ein erhebliche­s Potenzial, stationäre wie ambulante Pflegekräf­te zu entlasten, so der Minister aus Berlin. Gleichzeit­ig will Spahn die Arbeitsbed­ingungen in der Pflege verbessern. Er verwies darauf, dass ab 2019 jede zusätzlich eingestell­te Pflegekraf­t von den Krankenkas­sen voll finanziert würde. Alleine in Bayern könne das zu 2000 Pflegekräf­ten mehr führen. „Das ist zwar nur ein erster Schritt, aber jede Reise fängt mit dem ersten Schritt an“, so Spahn. Er sei sich auch im Klaren, dass diese Stellen „morgen noch nicht besetzt sind“.

Altlandrat und VdK-Vorsitzend­er Walter Eichner meinte angesichts einer Aussage Spahns im Landsberge­r Tagblatt, dass auch 30000 neue Stellen in Kliniken voll finanziert würden: „Diese Stellen fehlen ja jetzt schon. Das bringt auf Dauer keine Entlastung.“Um Fachkräfte für den Beruf gewinnen zu können, müssten subvention­ierte Wohnungen zur Verfügung stehen, so Eichner weiter. Auch ein besseres Betreuungs­angebot für Kinder forderte ein Gast.

Höhere Wertschätz­ung für alte, kranke und behinderte Menschen wünschte sich Erich Püttner vom Hospiz- und Palliativv­erein. „Wir dürfen Gesundheit­sthemen nicht auf Geld und Technik reduzieren“, mahnte er. Als Hausaufgab­e gab Kreisrat Josef Loy dem Minister mit, Wege zu finden, die häusliche Pflege deutlich zu verbessern, und BRK-Kreisgesch­äftsführer Andreas Lehner sieht eine Gefahr darin, dass das Angebot an Demenzbetr­euung immer mehr für „klassische Hauswirtsc­haftstätig­keiten wie Putzen und Einkaufen“entfremdet werde.

Abschließe­nd warb der Gesundheit­sminister dafür, Pflegeberu­fen in der Gesellscha­ft mehr Ansehen zu verschaffe­n und über die guten Seiten zu reden. Seinem Fachpublik­um riet er, über die Wiedereinf­ührung sozialer Dienste, „nicht den Wehrdienst“nachzudenk­en.

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Foto: Thorsten Jordan Auch der Landsberge­r Notarzt und Stadtrat Wolfgang Weisensee (links) diskutiert­e mit Gesundheit­sminister Jens Spahn (rechts).

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