„Rechter Flügel? Das sind nur die lauten fünf Prozent!“
Spitzenkandidat Markus Bayerbach distanziert sich von Leuten wie Björn Höcke. Der AfD bleibt er trotzdem treu
Markus Bayerbach ist ein Mann, der viel lächelt. Selbst dann noch, wenn er über den Zustand Bayerns klagt. „Ja wo sind wir denn inzwischen in diesem Land?“, echauffiert sich der AfD-Politiker bei einer Wahlkampfveranstaltung in Augsburg – und lächelt irgendwie immer noch. Knapp 40 Leute sind an diesem Abend gekommen. Sie sitzen im schmucklosen Nebenzimmer eines Hotels. Ein niedriger gefliester Raum, in dem es ein bisschen hallt, wenn man spricht. Am Eingang schauen zwei Türsteher nach dem Rechten. Normalerweise kämen mehr Leute zu seinen Veranstaltungen, sagt Bayerbach. Aber es sei eben gerade so viel geboten in der AfD, manches auch zeitgleich.
Der 55-jährige Förderlehrer steht auf dem ersten Platz der schwäbischen AfD-Liste und hat damit gute Chancen, in den Landtag einzuziehen. Und da es keinen offiziellen bayerischen Spitzenkandidaten gibt, ist Bayerbach – zumindest auf den Wahlplakaten in der Region – derzeit das Gesicht der AfD. Im Augsburger Stadtrat sitzt er seit 2014, als inzwischen letzter Verbliebener seiner Partei. Drei einstige Mitstreiter wollten nicht mittragen, dass die AfD immer weiter nach rechts gerückt ist. Bayerbach blieb – nur warum eigentlich? „Ich will dem rechten Flügel nicht das Feld überlassen, denn das ist nicht die Mehrheit, das sind nur die lauten fünf Prozent, die öffentlich wahrgenommen werden“, sagt er. Von strammen Rechtsaußen wie Björn Höcke hat er sich immer wieder distanziert. Dauer-Provokateurin Beatrix von Storch hat er trotzdem nach Augsburg eingeladen. Dass Höckes Leute inzwischen den Ton in der AfD angeben und in Chemnitz gemeinsam mit Rechtsradikalen auftraten, findet Bayerbach nicht gut, aber eben auch nicht schlimm genug, um seine AfD-Mitgliedschaft infrage zu stellen. Er hält auch den Schulterschluss mit Pegida für falsch. „Aber eine Partei ist schließlich kein Kindergeburtstag, da wird es immer Leute geben, die man nicht mag“. Im Übrigen sei Franz Josef Strauß in seiner Wortwahl deutlich härter gewesen als Höcke.
An diesem Abend hat der Politiker Serge Menga eingeladen. Der stammt aus dem Kongo, lebt in Essen und nennt sich selbst einen politischen Aktivisten. Bekannt wurde er mit einem Youtube-Video nach der Kölner Silvesternacht, in dem er sich in Rage redete. Heute macht er Wahlkampf für die AfD. Es ist eine Mischung aus Kabarett und Bierzeltrede – in feinstem Ruhrpottdeutsch. „Die AfD ist die einzige Partei, die sich traut, dass ein Schwarzer kommt und die Wahrheit sagt“, ruft Menga – die Gäste johlen. Bayerbach lächelt. Und was ist die Wahrheit? „Was in Deutschland abgeht, hat mit zivilisiertem Leben nichts mehr zu tun“, findet Menga. Seine Zuhörer finden das irgendwie auch. „Genau!“, ruft ein Mann mit schwarz-rot-gelber Baseballkappe. „Wegen der Merkel“, sagt eine Frau in der zweiten Reihe, eher zu sich selbst. Dass der Aktivist am Mikrofon auf eine Beweisführung für seine These verzichtet, kümmert hier niemanden.
Ganz vorne applaudiert vorsichtig eine ältere Dame. Es ist Bayerbachs Mutter. Der Politiker bezeichnet sich selbst als Familienmensch. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Zumindest an seinem Sohn, der noch Schüler ist, geht der Landtagswahlkampf nicht spurlos vorbei. „Die AfD wird angefeindet wie keine andere Partei, das macht auch vor der Familie nicht halt“, sagt Bayerbach und erzählt von blöden Sprüchen im Pausenhof und 700 beschädigten oder gestohlenen Wahlplakaten. Während des Parteitags in Augsburg Anfang Juli ließ er aus Angst vor Linksradikalen sein Haus durch eine Sicherheitsfirma schützen. „Ich finde es bedenklich, wie sich der Ton in der politischen Debatte verschärft hat“, sagt Bayerbach. Dass seine Partei daran eine Mitschuld trägt, findet er nicht. Die Aggression seiner Kollegen im Bundestag hält er für eine Reaktion auf die „Ausgrenzung durch die Altparteien“. Der Kandidat sieht sich auch ganz persönlich als Opfer. Dass er, der seit 1973 den FC Augsburg anfeuert, kürzlich bei der Jahreshauptversammlung des Vereins öffentlich angefeindet wurde, hält er für den Beweis dafür, dass die AfD stigmatisiert wird – von Medien, von anderen Parteien und jetzt auch noch im Sport.
Bayerbach ist kein Lautsprecher, er zitiert gerne Gandhi: „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du“, sagt er und erzählt, sein Opa sei im Widerstand gegen die Nazis gewesen. Aber wenn er am Mikrofon steht, warnt auch er davor, „jedes Jahr drei, vier, fünf Millionen Menschen aus Afrika“aufzunehmen. Dass das gar nicht zur Debatte steht? Egal. Hauptsache Applaus.
Sollte er in den Landtag gewählt werden, will der Lehrer „unsere Kinder vor Kulturverlust, Entfremdung und Frühsexualisierung“schützen. Außerdem ärgert es ihn, dass in den Schulen „nur noch sogenannte Kompetenzen abgefragt werden und kein Wissen mehr“. Sein größtes Ziel: ein „möglichst unbequemer Oppositionspolitiker“zu sein. „Ich werde nicht herumpöbeln, aber ich werde klarmachen, was Sache ist“, sagt Bayerbach. Und lächelt.