Landsberger Tagblatt

Das Bauhaus wird 100

Walter Gropius gründete 1919 in Weimar jene Kunstschul­e, die das Handwerk als Voraussetz­ung aller Künste betrachtet­e

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Die legendäre Schreibtis­chleuchte, die halbkugeli­ge Teekanne und der freischwin­gende Stuhl – längst gehören die Designklas­siker des Bauhauses zu unserem Alltag. Die 1919 in Weimar gegründete Kunstschul­e gilt als „Talentschm­iede der Moderne“und prägt bis heute Kunst und Kunstgewer­be, Architektu­r und Design in aller Welt. Im kommenden Jahr feiert Deutschlan­d unter dem Motto „Die Welt neu denken“100 Jahre Bauhaus.

„Für uns ist das Jubiläum eine Plattform, um das Bauhaus mit seinen bis heute relevanten Ideen im 21. Jahrhunder­t zu vermitteln“, sagt Annemarie Jaeggi, die Direktorin des Berliner Bauhaus-Archivs, das die weltweit größte Sammlung zur Geschichte der Hochschule besitzt.

Zwischen 500 und 600 Termine quer durch die Republik stehen inzwischen im Kalender – Ausstellun­gen, Lesungen, Performanc­es, Diskussion­srunden. Ein Höhepunkt ist das Programm „Grand Tour der Moderne“, das Besucher auf einer eigens konzipiert­en Route an 100 ikonische Orte der Architektu­rgeschicht­e führt.

Die Adressen reichen von der unter Unesco-Schutz stehenden Weissenhof­siedlung in Stuttgart bis zur Siemenssta­dt in Berlin, von der Schwarzwal­dhalle in Karlsruhe bis zu dem wegen seines Schalendac­hs bekannten „Teepott“in der Ostseestad­t Warnemünde, von der Zeche Zollverein Essen bis zum Deutschen Hygienemus­eum in Dresden.

„Wir wollen mit dem Jubiläum nicht etwas Historisch­es zelebriere­n, sondern die Spuren aufzeigen, die das Bauhaus bis heute hinterlass­en hat“, sagt Christian Bodach, Leiter der Geschäftss­telle des Bauhaus-Verbundes in Weimar.

Die zentrale Anlaufstel­le wurde 2016 am Geburtsort der Kunstschul­e gegründet. Elf Bundesländ­er, der Bund und die drei Bauhaus-Institutio­nen in Weimar, Dessau und Berlin schlossen sich zusammen, um das Programm für das Jubiläumsj­ahr zu planen und zu koordinier­en.

In Weimar hatte der Berliner Architekt Walter Gropius 1919 das „Staatliche Bauhaus“ins Leben gerufen. Es sollte durch die Verbindung von Handwerk, Leben und Kunst ein Versuchsla­bor für eine neue, humanere Gestaltung der Gesellscha­ft sein. Lehrer wie Lyonel Feininger, Paul Klee und Kandinsky machten die Schule in Thüringen schnell zu einem Treffpunkt der internatio­nalen Avantgarde.

1925 zog das Bauhaus nach Sachsen-Anhalt in die Industries­tadt Dessau um, 1933 nach Berlin. Der politische Druck der Nazis und die drastische Kürzung der Mittel zwangen die Initiatore­n aber rasch zum Aufgeben. Viele Lehrer mussten fliehen und verbreitet­en so die wegweisend­en Ideen im Ausland. „Auch wenn das Bauhaus nur 14 Jahre bestand, hat es das gestalteri­sche und künstleris­che Denken und Schaffen weltweit revolution­iert“, fassen die Veranstalt­er zusammen.

Die drei Bauhaus-Institutio­nen – die Klassik Stiftung Weimar, die Stiftung Bauhaus Dessau und das Bauhaus-Archiv in Berlin – spielen auch im Jubiläumsj­ahr eine zentrale Rolle. In drei großen Ausstellun­gen wollen sie das Erbe ihrer Vorväter und -mütter umfassend darstellen – auch anhand von bislang nie gezeigten Sammlungss­chätzen.

Eingeläute­t wird das Jahr mit einem großen Eröffnungs­festival unter der Schirmherr­schaft von Bundespräs­ident Steinmeier in Berlin. Vom 16. bis 24. Januar 2019 soll es in der Akademie der Künste vor allem um den Einfluss gehen, den die „Bauhäusler“auf Theater und Tanz, Film und Musik hatten. Ausgewählt­e internatio­nale Künstler seien eingeladen, ihre Visionen für das 21. Jahrhunder­t so „radikal zeitgemäß“wie einst die Hochschulg­ründer zu entwickeln, heißt es.

Schon seit diesem Frühjahr läuft das Ausstellun­gs- und Forschungs­projekt „bauhaus imaginista“. In Zusammenar­beit mit dem GoetheInst­itut und namhaften Museen in Japan und China, Russland und Brasilien gehen Forscher und Künstler den globalen Verflechtu­ngen des Bauhauses weltweit nach. Auch Indien, die USA, Marokko und Nigeria beteiligen sich. Die Ergebnisse sollen 2019 in einer großen Gesamtscha­u im Berliner Haus der Kulturen der Welt vorgestell­t werden.

Das größte Jubiläumsg­eschenk jedoch sind die Museumsneu­bauten in den drei Bauhaus-Städten. In den kommenden Jahren entstehen für die bislang recht beengt arbeitende­n Sammlungen insgesamt mehr als 6500 Quadratmet­er neue Ausstellun­gsfläche. Allein aus dem Haushalt von Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) kommen dafür 52 Millionen Euro. So soll das Bauhaus-Erbe auch nachfolgen­den Generation­en erhalten bleiben.

Drei große Ausstellun­gen in Weimar, Dessau, Berlin

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