Der beste Maurer-Azubi fährt umsonst Auto
Wie Firmen junge Leute gewinnen wollen: Das Handwerk veranstaltet Berufswettbewerbe, übertarifliches Gehalt und andere Leistungen sind weitere Wege, an neue Mitarbeiter heranzukommen
Landsberg Unbesetzte Lehrstellen, Facharbeitermangel – sowohl Handwerk als auch Industrie fehlt es auch im Landkreis, wie Anfang September berichtet, an ausreichenden Bewerbern. Das Landsberger Tagblatt hat sich auf der Ausbildungsmesse Landsberg in Kaufering umgehört, wie Betriebe um die jungen Menschen werben.
Eins vorneweg: Firmen, die ihrem Lehrling ein Auto vor die Tür stellen, was offensichtlich mancherorts der Fall ist, gibt es nicht in der Region. Bezahlung über dem Tarif ist in vielen Branchen eine Option, ansonsten versuchen gerade größere Firmen über andere Zusatzleistungen besonders attraktiv zu sein. Der Maschinen- und Anlagebauer Grob bietet beispielsweise einen Gesundheitstag „Gute Arbeit wird gut bezahlt.“ „Azubi-Fit“, einen Ernährungstag, bei dem im Wok gekocht wird, einen Umweltbildungstag, bei dem beispielsweise gemäht oder entbuscht wird und Besuche in den Zweigwerken, die sich in den USA, China und Brasilien befinden, an.
Dies erzählen Ausbildungsleiter Werner Drexel (Mechanik) und Bernhard Albenstetter (Elektrik/ Mechatronik). Sie wissen, dass ihr Unternehmen ein spannender Arbeitgeber für junge Menschen ist, aber auch, dass es sowohl im Landkreis Landsberg als auch in Buchloe, Memmingen und Kaufbeuren attraktive Industriebetriebe gibt.
Der Discounter Lidl wirbt mit einer übertariflichen Bezahlung: Statt 760 gibt es 950 Euro im ersten Lehr- jahr. „Gute Arbeit wird gut bezahlt“, sagt Ausbildungsleiter Stefan Zielinski. Für den Verkaufsleiter im Münchner Bereich, Julian Kratzer, bedeutet dies auch eine Wertschätzung der Mitarbeiter. Außerdem werde den Jugendlichen Verantwortung übertragen, beispielsweise werde geübt, eine Schicht zu leiten.
Und wenn es für den Jugendlichen schwierig sei, zum Arbeitsbeginn um 6 Uhr da zu sein, gebe es manchmal Sonderregelungen, damit sie mit dem Bus fahren könnten. Bei der Ausbildungsmesse versuchen die Lidl-Akquisiteure Mädchen oder Buben für ein Praktikum zu begeistern.
In den Handwerksbetrieben mit oft nur einigen Mitarbeitern ist der Spielraum geringer als im Industriebetrieb. Übertarifliche Bezahlung ist aber auch hier Thema, wie der Innungsobermeister der Maler, Hansjörg Junker, erzählt. In seinem Betrieb in Dießen bekommen zwar noch nicht die Lehrlinge, aber die Gesellen mehr Geld. „Wer gute Mitarbeiter halten will, der muss sie übertariflich zahlen.“Und natürlich bekomme ein vertrauenswürdiger Mitarbeiter den Firmenwagen, um die jungen Kollegen, die noch keinen Führerschein hätten, einzusammeln.
Moderne Kommunikationswege, um Jugendliche zu erreichen, darauf stellt man sich bei der Handelskammer für München und Oberbayern ein. Ausbildungs-Akquisiteur Seven Jasper informiert zwei 14-Jährige aus Apfeldorf, wie sie über eine App die Betriebe herausfinden können, die in ihrer Nähe einen gewünschten Ausbildungsberuf anbieten. „Und wenn ihr Fragen habt, schickt sie uns per Whatsapp“, drückt er ihnen eine entsprechende Karte in die Hand. Die beiden wissen bereits, was sie werden wollen: „Kfz-Mechatroniker“, sagt Conner Jolley, und sein Freund Lukas Walser am liebsten Industriekaufmann. Beide informieren sich auf der Ausbildungsmesse über die Wege, wie sie zur gewünschten Lehrstelle kommen.
Das Handwerk setzt oft auch darauf, besondere berufliche Qualifikationen auszuzeichnen. Bei den Schreinern gibt es den Wettbewerb „die gute Form“, wie Innungsobermeister Wolfgang Zeit berichtet, der auch stellvertretender Kreishandwerksmeister ist.
Und zum Schluss ist es doch noch da, das Auto, das dem besonderen Lehrling zur Verfügung gestellt wird: Die Bauinnung hat einen Audi als „Best Car“, der von ausgezeichneten Auszubildenden für einige Wochen gefahren werden darf. Alessandro Carlomagno ist so einer. Der 21-Jährige macht eine Maurerausbildung bei der Baufirma Weber in Utting. Und er hat die Juroren mit einem Sichtmauerwerk überzeugt, in dem der Kreuzverband gut erkennbar ist.
Auch wenn zumeist das Maurerhandwerk hinter Putz und Farbe verschwindet, gibt es bei derartigen Arbeiten auch den kreativen Aspekt, wie Alessandro Carlomagno und seine Kollegen am Infostand des Bauhandwerks erläutern. Und wie bei anderen Gewerken auch, reichen einfache Handgriffe längst nicht mehr aus, um gute Arbeit zu liefern: Heute müsse ein Maurer auch fähig sein, einen komplexen Architektenplan zu lesen, erzählen die drei jungen Männer.