Landsberg setzt die Verfassung in Szene
Im Rathaus nähert man sich der Staatsordnung mit den Mitteln der Kunst
Landsberg 200 Jahre erstmalige Verfassung mit festgeschriebenen Grundrechten, 100 Jahre Freistaat, dazu 100 Jahre Frauenwahlrecht: 2018 sei schon ein besonderes Jahr für Bayern, sagte Oberbürgermeister Mathias Neuner bei der Eröffnung der Ausstellung „Verfassung erfassen“im Foyer des Historischen Rathauses in Landsberg. In einem Jahr wie diesem, in dem an den Grundfesten des Zusammenlebens gerüttelt werde, „sollten wir uns immer wieder vor Augen halten, welche Freiheiten uns mit dieser Verfassung garantiert werden, aber auch, welche verfassungsmäßigen Werte außer Acht gelassen werden“. Neuner nannte als Beispiel das Recht zu wählen, das derzeit von vielen Bürgern verschmäht werde. „Verfassung erfassen“sei ein Projekt, mit dem sich alle auseinandersetzen sollten. Auch deshalb werde die Ausstellung an prominenter Stelle gezeigt.
Die Planung für dieses Projekt habe vor mehr als einem Jahr bereits begonnen, berichtete die künstlerische Leiterin Nue Ammann. Sehr viele engagierte Menschen – von Schülern über Menschen mit Behinderung bis zu Senioren und Künstlern aller Ausrichtungen – hätten mitgewirkt. „Auch ich hatte anfangs wenig Ahnung von der Verfassung und deren Inhalten“, gab Nue Ammann zu. Dabei spiegelten sich in der derzeit gültigen Verfassung aus dem Jahr 1946 viele wegweisende Werte. „Mit der Verfassung haben wir ein Geschenk erhalten, das wir nicht genügend schätzen können.“
Die Ausstellung zeigt die Vielfalt der Möglichkeiten, sich mit einem in der Vorstellung der Menschen eher trockenen Werk auseinanderzusetzen. Und sie beweist, dass Bürgerrechte und -pflichten auch von jungen und für junge Menschen verständlich dargestellt werden können.
An der Johann-winklhofer-realschule beispielsweise verschafften sich Fünftklässler mit einem Schüler der 8. Klasse sowie den Lehrern Stefanie Hörmann und Armin Schott Einblicke in die bayerische Verfassung und deren Entstehung. Ergebnis war eine spielerische Auseinandersetzung mit einem Verfassungsturm als Zeitleiste oder einem Wurfspiel, bei dem falsche Einstellungen mit Verfassungsartikeln „abgeworfen“werden. Von Schülern des Dominikus-zimmermanngymnasiums laufen Videoclips zu Gleichheit, Pressefreiheit und auch dem umstrittenen Polizeiaufgabengesetz. Schülerinnen des Ignazkögler-gymnasiums setzten sich malerisch mit verschiedenen Artikeln der Verfassung auseinander. Fabian Husel und Jens-uwe Heine dichteten Gedanken zum gemeinschaftlichen Leben oder schrieben diese auf. Die Fotografin Sibylle Seidl-cesare stellt anhand mehrerer Karikaturen die Rolle der Frau im Wandel der Zeit dar. Damit setzten sich auch fünf Senior-trainerinnen auseinander. Mittels alter Schriftstücke dokumentieren sie Umstände wie die Erlaubnis zur Führerscheinprüfung durch Vater oder Ehemann vor noch nicht allzu langer Zeit. In Endlosschleife laufen Zitate bedeutender Persönlichkeiten, gesprochen von bekannten Landsbergern. Zentralen Raum nimmt die von Franz Xaver Rößle (Text) und Carmen Celewitz (Grafik) geschaffene Mind Map „Verfassung und Grundgesetz“ein.