Aus der Mücke einen Elefanten gemacht
Im „Krawattenclub“führt eine kleine Kränkung zu überzogenen Reaktionen. Mit Konstantin Moreths und Stefan Lehnens überzeugendem Spiel wundert sich am Ende trotzdem niemand mehr über irgendetwas
Landsberg Bernards Welt ist in Ordnung, da hat alles seinen Platz, selbst kleine Überraschungen. Und mit einer solchen rechnet er fest an seinem 40. Geburtstag. Selbstverständlich, so ist er überzeugt, wird seine Frau Leo sich über ihre Absprache hinwegsetzen und am Abend zur Feier „en familie“Bernards besten Freund und Teilhaber des Architekturbüros als zusätzlichen Gast einladen, denn eigentlich gehört Adrien längst zur Familie. Soweit das Eingangsszenario in Fabrice Roger-lacans Zwei-personen-stück „Der Krawattenclub“, das als mittlerweile vierte Produktion der Moreth Company im Landsberger Stadttheater Premiere feierte.
Stutzig wird Bernard, als die beiden in ihrem Büro auf einen Vertragsabschluss anstoßen und Adrien ihm bei dieser Gelegenheit sein Geburtstagsgeschenk überreicht. Teil des Spiels, denkt er zunächst. Und: „Eine seiner Frauengeschichten“, ist er dann aber bereit, das Fernbleiben des Freundes von seiner Feier zu entschuldigen. Doch dann kippt die Situation. Adrien rückt damit heraus, dass er eine Verpflichtung zum Monatstreffen der Igel hat, einem Club, den er seinem „Komplizen“gegenüber nie erwähnt hat. Der ist beleidigt und will den Freund dazu drängen, den Clubabend abzusagen – ohne Erfolg.
Dies wurmt Bernard; umso mehr, als er auf seine nun folgenden Fragen allenfalls vage Antworten erhält. Für Adrien ist es eben nur „so ‘n Club“, nicht der Rede wert. Doch von Konstantin Moreth wunderbar verkörpert als neurotisches Sensibelchen, das Lügen verabscheut und Werte wie Freundschaft und Familie hochhält, fühlt sich hintergangen und ausgegrenzt – und hat seine ganz eigene Art, damit nicht fertig zu werden. Stefan Lehnen, in sich ruhender und duldsamer Gegenpol zum mal lamentiebernard, renden, mal taktierenden Moreth, muss sich als Adrien einiges an Beschimpfungen gefallen lassen. In ihrem kühl designten Büro (Ausstattung Christina Burde) kommt es zwischen den beiden Männern zum hitzigen Wortgefecht.
In Wellen abwechselnder Eskalation und Deeskalation schraubt sich das Geschehen seinem ebenso dramatischen wie zwar befremdlichen, jedoch psychologisch überzeugenden Ende entgegen. Bernard, der, und koste es die Familie, die Aufnahme in den Igel-club erzwingt, möchte, dass Adrien ihn zu seinem ersten Mitgliederabend begleitet und stranguliert ihn während seines „Überredungsversuchs“mit dem Utensil, das der Dresscode des Männervereins vorschreibt, einer Krawatte. Der überlebt, und schon schlägt die Handlung eine weitere Volte: Denn nun wolle er die „unglaubliche Erfahrung“der tiefen Verbundenheit im Tod mit ihm teilen, erklärt Bernard und reicht Adrien die Krawatte. Mit seinem „trockenen Hals“muss der allerdings erst einmal was trinken gehen und „Der Krawattenclub“wird durch seinen Beitritt vorerst einmal nicht vervollständigt werden.
Aus der Mücke für die Zuschauer gut nachvollziehbar den sprichwörtlichen Elefanten gemacht haben Konstantin Moreth und Stefan Lehnen mit dem immer weiter ins Groteske driftenden Agieren ihrer fein
Eine Verpflichtung zum Monatstreffen der Igel
Unterschiedliche, fein gezeichnete Charaktere
gezeichneten, so unterschiedlichen Charaktere. Dass das, was mancher sich aufgrund der Vorankündigung vielleicht als eine spritzig-moderne französische Variante amerikanischer Screwball-komödien vorgestellt haben mochte, nicht immer mit der erwarteten Verve daherkam, mag seinen Grund in der Übersetzung haben. Nicht jede sprachliche Finesse ist „verlustfrei“von einem in ein anderes Idiom zu transportieren. Eine etwas straffere Inszenierung hätte dies vielleicht ein Stück weit einfangen können.