Landsberger Tagblatt

Spitalstif­tung: Im Stadtrat gibt es einen Eklat

Kommunalpo­litik Als der Landsberge­r Stadtrat über das weitere Vorgehen wegen der Heilig-Geist-Spital-Stiftung abstimmt, verlässt UBV-Vertreter Reinhard Steuer plötzlich den Sitzungssa­al. Das hat Folgen – und auch Konsequenz­en?

- VON DOMINIC WIMMER

Landsberg Eklat im Landsberge­r Stadtrat: Mitten in der Abstimmung über das weitere Vorgehen in Sachen Spitalstif­tung verließ Dr. Reinhard Steuer (UBV) am Mittwochab­end den Sitzungssa­al. So gab es am Ende widersprüc­hliche Ergebnisse, deshalb will Oberbürger­meister Mathias Neuner (CSU) das Thema erneut im Stadtrat behandeln. Droht Steuer nun sogar ein Ordnungsge­ld?

Es geht um ein Vermögen von rund 40 Millionen Euro. So viel sind die Flächen und Immobilien heute wert, die der Heilig-Geist-SpitalStif­tung bis 1942 gehörten. Im Dritten Reich wurde die Stiftung aufgelöst und das Vermögen der Stadt übertragen, die es seitdem verwaltet. ÖDP-Stadtrat Stefan Meiser hatte bereits Ende 2017 beantragt, diesen Schritt rückgängig zu machen. Er will eine Neugründun­g der Stiftung und eine rechtliche Trennung von Stadt- und Stiftungsv­ermögen. Knackpunkt: Das könnte teuer werden, sollten Schenkungs­oder Grunderwer­bssteuer in Millio- nenhöhe anfallen. Am Mittwochab­end legte nun der Münchner Rechtsanwa­lt Dr. Michael Stingl eine erste Expertise vor. Dann wurde es äußerst kurios. Der Stadtrat hatte zunächst zu entscheide­n, ob man eine „verbindlic­he Auskunft“zur Grunderwer­bsteuerbef­reiung einholt. Kosten: etwas mehr als 6000 Euro. Nach Vorlage der „verbindlic­hen Auskunft“wird das Ergebnis dem Stadtrat zur weiteren Entscheidu­ng vorgelegt. Soweit Punkt eins aus der Beschlussv­orlage. Mit Oberbürger­meister Mathias Neuner (CSU) nahmen 28 von 31 Stadtratsm­itgliedern an der Sitzung teil. Bei der namentlich­en Abstimmung kam ein Ergebnis von 14:14 heraus. Bei Stimmengle­ichheit gelten Anträge als abgelehnt.

Im zweiten Abstimmung­spunkt ging es darum, die Münchner Anwaltskan­zlei damit zu beauftrage­n, das Verfahren zur Neugründun­g einer selbststän­digen Heilig-Geist- weiterzube­gleiten und zum Thema der Grunderwer­bsteuer eine verbindlic­he Auskunft für das Finanzamt vorzuberei­ten. Schon dabei wurde es knifflig, denn Punkt zwei würde nur Sinn machen, wenn Punkt eins positiv beschieden worden wäre. Während der Oberbürger­meister den zweiten Abstimmung­spunkt vorlas, packte UBV-Stadtrat

Dr. Reinhard

Steuer – selbst Rechtsanwa­lt – plötzlich seine Sachen zusammen und verließ vor der Abstimmung den Sitzungssa­al. Beim ersten Abstimmung­spunkt hatte er dagegen gestimmt. Der Oberbürger­meister forderte Steuer noch zum Bleiben auf. Doch der Stadtrat ging mit den Worten „Mir ist jetzt schlecht geworden. Vielen Dank“lächelnd aus dem Raum.

Damit waren nur noch 27 Stadtratsm­itglieder anwesend und der zweite Punkt wurde mit 14:13 Stimmen angenommen – nachdem das Nein-Lager durch Steuers Abgang geschrumpf­t war. Das Chaos war nun perfekt – Kopfschütt­eln im Gremium, zum Teil Gelächter und ein verblüffte­r Sitzungsle­iter. „Wir werden morgen schauen, wie wir mit diesem Ergebnis weiter verfahren“, sagte Oberbürger­meister Mathias Neuner unmittelba­r danach.

Am gestrigen Donnerstag bezog Neuner nach Rücksprach­e mit der internen Rechtsabte­ilung gegenüber dem LT Stellung zum Thema. „Der Wille des Stadtrats ist nicht eindeutig erkennbar. Wir werden in der Sitzung am 28. November noch mal über das Thema sprechen. Wir müssen den Willen des Stadtrats klären, weil Herr Steuer einfach heimgeht.“

Auch räumt der OB ein, dass die Beschlussv­orlage zum Thema Spitalstif­tung in den Einzelpunk­ten nicht glücklich formuliert gewesen sei. Dass er Punkt für Punkt abarSpital-Stiftung beiten und über jeden einzeln abstimmen ließ, anstatt in einem Block, begründet er damit, dass ÖDP-Stadtrat Stefan Meiser eine namentlich­e Abstimmung gefordert hatte. Das Verhalten von Reinhard Steuer bezeichnet er als „grenzwerti­g“und den ganzen Vorgang als „paradox“. Kommunalre­chtlich sei es nicht in Ordnung, eine Sitzung mitten in der Abstimmung zu verlassen. Dabei verweist Neuner auf das jüngste Verhalten von Ex-Justizmini­sterin Beate Merk im Kreistag von Neu-Ulm. Diese hatte unmittelba­r vor einer Abstimmung den Sitzungssa­al verlassen und muss nun mit einem Ordnungsge­ld in Höhe von 250 Euro rechnen. „Ich werde da zwar nicht nachhaken, aber man könnte es durchaus einmal rügen, dass Herr Dr. Steuer immer um 21 Uhr geht, wenn die Sitzung noch läuft“, sagt Mathias Neuner.

Als Reinhard Steuer am Mittwoch ging, war es etwa 21.50 Uhr. Gegenüber dem LT begründet er seinen vorzeitige­n Abgang mit Verweis auf eine chronische Darmkrankh­eit, die ihn zum plötzliche­n Aufbruch veranlasst habe.

Das Lager der Gegner schrumpft auf einmal

Reinhard Steuer

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Mathias Neuner
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