Landsberger Tagblatt

Billiger bauen und teurer verkaufen?

Karl-Schrem-Bau Das Industrieg­ebäude soll nun doch abgerissen werden. Das sorgt im Stadtrat für massive Verärgerun­g. Doch die Stadt hat dagegen keine Handhabe

- VON GERALD MODLINGER

Landsberg Zu beschließe­n gab es in Sachen Karl-Schrem-Bau für den Landsberge­r Stadtrat am Mittwochab­end eigentlich nichts, dafür gab es umso mehr zu diskutiere­n. Und dabei hagelte es massive Vorwürfe an den Pflugfabri­k-Investor ehret + klein. Wie mehrfach berichtet, will der Projektent­wickler den KarlSchrem-Bau, das einzig verblieben­e Bauwerk der Pflugfabri­k, nun auch abreißen und durch einen Neubau in weitgehend identische­r Anmutung ersetzen. Eine Erhaltung und Sanierung des Bauwerks wäre zwar unter Umständen technisch machbar, aber „wirtschaft­lich nicht darstellba­r“, wie sich Architekt Klaus Kehrbaum ausdrückte. Während SPD-Stadtrat Dieter Völkel nur davon sprach, man sei über den Fortgang „enttäuscht“, setzten Hans Jürgen Schulmeist­er (Landsberge­r Mitte) und Christoph Jell (UBV) noch eins drauf: Sie machten klar, dass sie sich nach dieser Enttäuschu­ng künftig nicht mehr täuschen lassen wollten.

Freilich: Rütteln lässt sich durch den Stadtrat am Abbruchwil­len des Investors nicht. Der Industrieb­au ist nicht denkmalges­chützt und der Bebauungsp­lan lässt auch einen ähnlich aussehende­n Ersatzbau zu. Genau das soll jetzt gemacht werden, erklärte der Architekt. „Wir werden das 1:1 wiederaufb­auen“, versichert­e er. Das bedeute auch, dass es bei vier Etagen bleiben werde. Allerdings werde überlegt, in der Parterreun­d Dachgescho­ssebene Galerien einzuziehe­n. Man verzichte auch auf Balkone und Wintergärt­en (die der Bebauungsp­lan nicht ausschließ­en würde). Stattdesse­n sollen nach innen gerichtete Loggien errichtet werden. Die Brüstungen (bis zu 1,70 Meter hoch) sollen jedoch nicht mehr nachgebaut werden.

Kehrbaum begründete auch, warum entgegen früherer Bekundunge­n der Schrem-Bau abgerissen werden soll: Da seien zum einen die zentimeter­tiefen Verunreini­gungen der Decken mit Asbest, Schmieröl und Lackresten. Die Bodenplatt­e im Parterre müsste komplett erneuert werden, der Energiesta­ndard KfW 55 könne nicht erreicht werden, ebenso könnten die Brandschut­zanforderu­ngen nicht erfüllt werden.

Anmerkung Kehrbaums, auch er sei über den Verlauf der Dinge enttäuscht, besänftigt­e die Kritiker nicht. Christoph Jell sagte, er sei bislang davon ausgegange­n, dass es die Stadt mit einem „seriösen Partner, dessen Aussagen belastbar sind“, zu tun habe. Doch nun habe man gesehen, dass die Schmiede mit ihrem charakteri­stischen Sheddach abgebroche­n sei, der Schrem-Bau folge und als Nächstes, so Jells Prognose, werde ehret + klein wegen der Zahl der Stellplätz­e und des Verkaufspr­eises der Sozialwohn­ungen auf die Stadt zukommen. Das Unternehme­n handle nach dem Motto „Wir verspreche­n alles, was wir verspreche­n müssen, dann fangen wir an und schauen, was herauskomm­t.“Für ehret + klein gehe es letztlich nur um ein Rechenexem­pel, meinte Wolfgang Weisensee (Landsberge­r Mitte): „Billiger bauen und teurer verkaufen.“Die Stadt müsse sich nun überlegen, was sie als Ausgleich dafür einfordern könne. „Brillant, wie wir über den Tisch gezogen worden sind“, fügte Wolfgang Neumeier (UBV) an.

Der Einzige, der nicht in die InDie vestorensc­helte einstimmte, war Tobias Wohlfahrt (CSU): Er verwies darauf, dass die Stadt auch ihren finanziell­en Nutzen aus den Vereinbaru­ngen mit ehret + klein ziehe: „Es ist ein Novum, dass die Stadt aus einem bestehende­n bebauten Gebiet so viel rausziehen kann, es sind fast 20 Millionen Euro, die wir damit erreichen können.“

Nach rund einer Stunde war das Diskussion­sbedürfnis des Stadtrats schließlic­h gedeckt, und am Ende riet Oberbürger­meister Mathias Neuner (CSU) den Vertretern von ehret + klein, „nehmen Sie die Kritik auf, und dass Vertrauen wichtig ist“.

Nur ein Redner stimmt in den Kritiker-Chor nicht ein

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Wegen des Abrisses des Karl-Schrem-Baus herrschte in der jüngsten Sitzung des Stadtrats viel Unmut, der sich in einer einstündig­en Debatte artikulier­te.
Foto: Thorsten Jordan Wegen des Abrisses des Karl-Schrem-Baus herrschte in der jüngsten Sitzung des Stadtrats viel Unmut, der sich in einer einstündig­en Debatte artikulier­te.

Newspapers in German

Newspapers from Germany