Schwarze Riesen und wendige Schecken
Vier Reiter vom Schlichterhof bei Obermühlhausen nehmen am Samstag an dem traditionellen Umritt in Reichling teil. Auf dem Hof sind 23 Pferde eingestellt. Ob groß oder klein, sie leben alle in einer Herde
Obermühhausen Wenn ein Kind neugierig ist, fällt es nicht leicht, bei der eigenen Arbeit zu bleiben. Vor allem, wenn das Kind mehrere Hundert Kilogramm wiegt und seine Präsenz recht deutlich macht: Alice, das Süddeutsche Kaltblut, will auch mit dabei sein beim Fototermin auf der Koppel zwischen Obermühlhausen und Thaining. Eigentlich sind ihre Herdenkameraden und deren Reiter am Schlichterhof die Fotomotive. Konrad Schlichter, Tine Schober, Susanne Czech und der später zur Gruppe stoßende Christian Faber werden am Samstag den Leonhardiritt in Reichling mitmachen. „Alice ist erst zwei, also noch ein Kind“, sagt Tine Schober. Schober wird ihren Lewitzer-Mix Luggi in Reichling reiten. Der Lewitzer Schecke ist eine junge Rasse aus Mecklenburg-Vorpommern
Sie sind die Nachfahren der Ritterpferde
und gilt als vielseitiges Reitund Fahrpony.
Wie war das mit dem Herdentrieb? Kaum gelingt es, Alice aus dem Bild zu schieben, kommt ein schwarzer Riese. Auf dem Schlichterhof sind zwei Percheron eingestellt. Die französischen Pferde gehören laut Beschreibungen im Internet zu den auffälligsten Kaltblutrassen. Ursprünglich gezüchtet als schwere Zug- und Arbeitspferde, gelten sie als Nachfahren früherer Ritterpferde, das heißt als Edelkaltblut mit einem Schuss orientalischen und iberischen Bluts.
Alice und die beiden Percheron Nil und Lambal werden am Samstag auf der Weide bleiben. Konrad Schlichter wird sein polnisches Warmblut Gundula, Tine Schober Luggi, Susanne Czech ihren polnischen Warmblut-Vollblut-Mix Jacky und Christian Faber seinen Tinker-Kaltblut-Mix Miss Polly in Reichling dabei haben. Der Tinker war ursprünglich das Arbeitstier der fahrenden Kesselflicker (Tinker) in Großbritannien und Irland.
„Wir fahren die Pferde nach Reichling, sonst sind die Tiere so verschwitzt“, sagt Konrad Schlichter. Obwohl normalerweise übers Land reiten eine Disziplin ist, in der die Pferde geübt sind: Der Schlich- terhof ist eine Station für Wanderreiter, die hier übernachten können. Die vier sind selbst regelmäßig als Wanderreiter unterwegs. Sie sind Westernreiter, ein Reitstil, der sich vom Englischen Reitstil durch die Art, wie dem Pferd Kommandos vermittelt werden, unterscheidet.
Mit dem Hobby Wanderreiten fing für Konrad Schlichter aus Obermühlhausen alles an. Ur- sprünglich gehörte der Familie ein Milchviehbetrieb. Anfangs habe er nur Wanderritte anbieten wollen, doch jetzt liege der Schwerpunkt auf Pensionspferdehaltung.
23 Pferde sind auf dem Schlichterhof untergebracht, fünf davon gehören Schlichter. Obwohl verschiedene Rassen und die unterschiedlichsten Größen vereint sind, wirken die Tiere sehr ruhig. „Das liegt an der Herdenhaltung“, erzählt Schlichter. Da sie frei leben könnten, seien sie sehr friedlich. Es gebe genügend Futterplätze, sodass auch ein rangniederes Tier zum Futter komme. „Nur eins geht nicht, das ist ein Hengst“, erläutert der 62-Jährige, dass ein solches Tier Probleme bereiten würde. Nur Stuten und Wallache, also Kastraten, sind hier gemeinsam auf der Weide. Am Samstag werden sich die vier in Reichling den Segen für ihre Pferde holen, was ihnen wichtig ist, wie sie betonen. „Ich glaube, dass mein Pferd dann besser geschützt ist“, sagt Czech. Für sie wird es spannend, denn der junge Jacky wird heuer das erste Mal auf einem Leonhardiritt dabei sein. „Ich weiß nicht, wie er reagiert, aber normalerweise ist er sehr cool.“»Seite 22