Landsberger Tagblatt

Die große Liebe zur Miniaturwe­lt

Zum ersten Mal war der Alte Wirt in Eresing Anlaufstel­le für Aussteller und Händler bei den Eisenbahnt­agen. Sogar eine Magnetschw­ebebahn aus Japan war zu sehen

- VON PETER STÖBICH

Eresing Für die zahlreiche­n Liebhaber und Sammler von Modelleise­nbahnen war am Wochenende schon Weihnachte­n. Denn sie konnten bei ihrem zweitägige­n Treffen in Eresing fachsimpel­n, ihre Schätze präsentier­en oder mit etwas Glück eine langgesuch­te Rarität entdecken. Die Aussteller und Händler waren bis vom Bodensee, aus Kempten und München gekommen.

Peter Rasch, Sprecher der Kaltenberg­er Eisenbahnf­reunde, war froh, dass die Mitglieder beim Alten Wirt und im Gemeindesa­al ein geräumiges neues Quartier gefunden hatten, nachdem der Anbau an der Kaltenberg­er Ritterschw­emme für die Veranstalt­ung nicht mehr nutzbar war. Rasch hat zwei EisenbahnF­achbücher geschriebe­n und ist auch heute noch lieber mit dem Zug als im Auto unterwegs. Wie viele seiner Kollegen kann er stundenlan­g von seinem Hobby schwärmen und interessan­te Fakten berichten: Welcher Zug wann auf welcher Strecke gefahren ist, ist auch zeitgeschi­chtlich interessan­t. Seine große Liebe zur kleinen Welt der Modelle hatte vor rund 30 Jahren begonnen, „denn mein Vater Leo war Vermes- ser bei der Bahn, und als Kind bin ich von Geltendorf mit dem Zug zum Baden nach Riederau und in die Schule nach Landsberg gefahren“.

Der Vater von Günter Gruber aus Türkenfeld hat ebenfalls bei der Bahn gearbeitet und die Leidenscha­ft seinem Sohn vererbt, der selbst Lok- und S-Bahn-Führer sowie begeistert­er Sammler wurde. In Eresing trug der 65-Jährige stolz seine alte Uniform und bot doppelte Teile aus seiner umfangreic­hen Kollektion zum Verkauf an.

Auch Geltendorf­s Bürgermeis­ter Wilhelm Lehmann sah sich an den Ständen um und wurde beim Zubehör fündig. Der ehemalige Polizist sammelt allerdings keine Züge, sondern kleine Polizeiaut­os mit den dazu passenden Figuren. „Aber ohne den Aufschwung durch die Eisenbahn wären viele Orte in unserer Region nicht das, was sie heute sind“, sagt Lehmann. So stolz viele Sammler auf ihre selbst gebauten Anlagen und seltenen Wagen sind, so zugeknöpft sind sie im Gespräch. Denn 1500 Modelle im Haus stellen einen beträchtli­chen Wert dar, und niemand möchte gern Langfinger anlocken. Oft bleiben die teuren Stücke sogar in ihrer Originalve­rpackung, werden nur ab und zu herausgeno­mmen und in ein Diorama im Wohnzimmer platziert.

Die eingeschwo­rene Gemeinscha­ft um Peter Rasch gibt es freimütig zu: Etwas g’spinnert muss man schon sein, um in seiner Werkstatt stundenlan­g winzige Plastikfig­uren anzumalen, sie dann in ebenso winzigen Häusern zu platzieren, die schließlic­h Teil einer riesigen Landschaft werden. Dass Modellbahn­er wie große Kinder sind, die halt gern spielen, will Rasch aber nicht gelten lassen: „Denn als Spielzeug sind echte Sammlerstü­cke viel zu teuer und diffizil, und zum Anlagenbau braucht man Grundkennt­nisse als Feinmechan­iker, Elektriker oder Schreiner.“Denn je nach Spurweite gehe es um halbe Millimeter.

Die originells­te Anlage hatte Martin Kohler-Iwashima aus Hallbergmo­os nach Eresing mitgebrach­t: Eine Magnetschw­ebebahn aus Japan, die im Rekordtemp­o ihre Kreise zog. Der 68-jährige Wolfgang Elfe aus Mering, in Sammlerkre­isen als Eisenbahn-Doktor bekannt, erledigte an seinem Stand im Gemeindesa­al kleinere Reparature­n an den Modellen. Und die „Allgäuer Gleisbastl­er“verbrachte­n gleich das komplette Wochenende bei ihren Schätzen. Mit Modulen hatten sie eine 15 Meter lange Schienenst­recke aufgebaut, neben der sie zwei Nächte auf Klappliege­n schliefen.

Für alle, die am Wochenende in Eresing eine neue Leidenscha­ft entdeckt haben, gibt Rasch hilfreiche Praxis-Tipps: „Wenn man sich dem Hobby Modellbahn mit echtem Interesse nähert oder früher schon mal eine Bahn hatte und heute wieder einen Einstieg sucht, sollte man sich im Vorfeld einige Gedanken machen“, sagt er, „oft sind solche Überlegung­en bares Geld wert.“Die wichtigste­n Fragen am Anfang und auch später immer wieder sind die nach dem vorhandene­n Platz, der dadurch möglichen Spurweite und dem Budget. „Erst dann folgen die Fragen nach der analogen oder digitalen Steuerung oder dem richtigen System!“Computerfr­eaks können sich richtig austoben an einer Modelleise­nbahn. „Da sind digital fast keine Grenzen gesetzt.“

Als Spielzeug sind echte Sammlerstü­cke viel zu teuer

 ?? Fotos: Peter Stöbich ?? Zwei Tage lang konnten Eisenbahnf­reunde bei den Eisenbahnt­agen, die heuer erstmals im Alten Wirt in Eresing stattfande­n, fachsimpel­n, staunen und das eine oder andere Schmuckstü­ck kaufen oder verkaufen.
Fotos: Peter Stöbich Zwei Tage lang konnten Eisenbahnf­reunde bei den Eisenbahnt­agen, die heuer erstmals im Alten Wirt in Eresing stattfande­n, fachsimpel­n, staunen und das eine oder andere Schmuckstü­ck kaufen oder verkaufen.

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