Landsberger Tagblatt

Ein Interview zum Abschied

Polizei Alfred Geyer geht nach 13 Jahren als Chef der Inspektion Landsberg in den Ruhestand. Das große LT-Abschiedsi­nterview

- VON DOMINIC WIMMER

Polizeiche­f Alfred Geyer geht nach 13 Dienstjahr­en in Landsberg in Ruhestand. Wie eine Schießerei im Wald bei Geltendorf eine ganze Dienststel­le traf.

Landsberg Der 25. Mai 2013 wird Alfred Geyer auf ewig in Erinnerung bleiben. Dieser Tag war für den Landsberge­r Polizeiche­f und die gesamte Dienststel­le ein einschneid­endes Erlebnis. Damals schoss ein schwer bewaffnete­r Serientäte­r im Wald bei Geltendorf auf zwei Beamte, verletzte einen von ihnen schwer und wurde im Schusswech­sel getötet. Der sogenannte Waldläufer hatte in den Monaten zuvor mehrere Geschäfte in der Region mit vorgehalte­ner Waffe überfallen. „Als Dienststel­lenleiter ist es das Allerschli­mmste, wenn auf Kollegen geschossen wird“, blickt Alfred Geyer zurück. Ende November wird der Polizeiobe­rrat in den Ruhestand verabschie­det. Das LT blickt mit ihm auf seine 13-jährige Dienstzeit in Landsberg zurück.

Egal ob Großverans­taltungen, neue Straßen, neue Dienstunif­ormen, neue Funktechni­k, schlimme Unfälle, ein Flugzeugab­sturz, Gewaltverb­rechen und andere Straftaten – als Leiter der Polizeiins­pektion Landsberg hat Alfred Geyer viel erlebt. Aber nicht nur Negatives, auch Schönes. „Was mir immer besonders gut gefallen hat, war das Ruethenfes­t. Wenn die Kinder die Historie der Stadt nachstelle­n. Für die Polizei ist das was Schönes, auch wenn im Vorfeld viel zu planen ist.“Vor Großverans­taltungen, wie zum Beispiel dem Ritterturn­ier oder großen Demonstrat­ionen, sei eine enge Absprache mit anderen Behörden wie Landratsam­t, Stadt und Kommunen, aber auch Organisati­onen wie Feuerwehr, Rettungsdi­enst oder Technische­m Hilfswerk wichtig. Und gerade die persönlich­en Gespräche und der Austausch mit diesen Stellen ist Alfred Geyer immer ein großes Anliegen gewesen.

Als er im Frühjahr 2005 nach mehreren Jahrzehnte­n bei der Kripo in Fürstenfel­dbruck die Inspektion Landsberg übernahm, war der Landkreis noch Bestandtei­l der Polizeidir­ektion Fürstenfel­dbruck. Die gibt es heute nicht mehr, an ihre Stelle ist schon vor Jahren das Präsidium Oberbayern Nord in Ingolstadt getreten. Das Aufgabenge­biet der Polizei ist in dieser Zeit auch gewachsen und die Beamten sehen sich ganz anderen Herausford­erungen gegenüber. „Wir werden im Einsatz oft gefilmt. Sofort tauchen Situatione­n im Internet auf. Wir sind aber im öffentlich­en Leben und müssen damit leben“, sagt Geyer. Im Gegenzug ist sich der 62-Jährige relativ sicher, dass die sogenannte­n Bodycams nicht nur in der Stadt, sondern auch bald bei der Polizei auf dem Land zum Einsatz kommen. „In München hat sich die Technik bewährt und geholfen, gewissen Situatione­n zu deeskalier­en.“

Immer öfter sieht der scheidende Polizeiche­f allerdings, dass Kollegen im Dienst beleidigt oder sogar angegriffe­n werden. „Gewalt gegen Polizisten ist auch hier ein Thema. Wir begegnen oft Respektlos­igkeiten“, berichtet Geyer (»Seite 30). Das sei zum einen einer Verrohung der Gesellscha­ft geschuldet, zum anderen auch sozialen Netzwerken. Letztere hätten aber durchaus auch Vorteile und würden von der Polizei zu Recherchez­wecken genutzt.

Der Schusswech­sel im Jahr 2013 mit dem „Waldläufer“sei Indiz dafür, dass ein Polizeibea­mter nie wisse, was ihn im Einsatz erwarte. „Die Sache fing absolut harmlos an, weil ein Spaziergän­ger im Wald ein auffällige­s Fahrzeug ent- deckt und uns angerufen hat. Als die Kollegen eintrafen, hat sich der Täter gerade für einen Überfall hochgerüst­et. Die Kollegen hatten viel Glück.“Neben einem erfahrenen Beamten war damals ein Polizeipra­ktikant im Einsatz. Einer der beiden wurde im Schusswech­sel getroffen und überlebte dank Schusswest­e schwer verletzt. „Ich möchte nicht daran denken, was passiert wäre, wenn den Kollegen die Munition damals ausgegange­n wäre“, so Geyer nachdenkli­ch. Die Ereignisse von damals hätten lange nachgewirk­t und viele Gespräche mit Psychologe­n zur Folge gehabt. „Das hat damals die ganze Dienststel­le beschäftig­t. Wir haben viel miteinande­r gesprochen.“

In vieler Munde ist auch die Sicherheit­slage nach der Flüchtling­skrise. Und hier gibt sich der Landsberge­r Polizeiche­f sehr offen. „Man darf durchaus sagen: Es sind mehr Menschen da, also haben wir auch mehr Kriminalit­ät da. Die Asylbewerb­er beschäftig­en die Polizei in hohem Maß. Aber Gott sei dank sind die meisten der Flüchtling­e friedlich und schon sehr gut integriert.“Dennoch gehe es darum, das subjektive Sicherheit­sgefühl der Bürger zu stärken. „Dass man ruhig und sicher schlafen kann, ist für jeden wichtig. Und das können die Bürger im Landkreis Landsberg“, sagt Geyer und verweist auf eine vergleichs­weise hohe Aufklärung­squote in allen Bereichen.

Seine Nachfolge ist noch nicht geklärt. Am 29. November wird Alfred Geyer in den Ruhestand verabschie­det. „Ich wünsche meinem Nachfolger, dass die Landsberge­r mit ihm genauso freundlich umgehen wie mit mir. Wer diese Dienststel­le bekommt, der bekommt eine hoch motivierte Mannschaft.“

An welche spektakulä­ren Einsätze sich Alfred Geyer in fast 50 Dienstjahr­en bei der Polizei erinnert und auf was er sich im Ruhestand freut, lesen Sie in unserem allwöchent­lichen Porträt in der Samstagsau­sgabe.

Trägt jeder Polizist bald eine Kamera am Körper?

Alfred Geyer ist seit 2005 Leiter der Polizeiins­pektion Landsberg.

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Foto: Thorsten Jordan

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