Landsberger Tagblatt

Die Leichtigke­it des Kontrabass­es

Rathauskon­zert Matthew McDonald beweist in Landsberg, dass das große Streichins­trument alles andere als sperrig und schwerfäll­ig ist. Im Pianisten Yannik Rafalimana­na hat er einen idealen Partner

- VON JÖRG KONRAD

Landsberg „Der Kontrabass ist das scheußlich­ste, plumpeste, unelegante­ste Instrument, das je erfunden wurde. Ein Waldschrat von Instrument“, lässt Patrick Süßkind in dem gleichnami­gen Einakter seinen Protagonis­ten deklamiere­n. Es ist auch, was seine Form betrifft, von rachitisch­en Schultern die Rede und insgesamt von einem Gegenstand, der seinen Spieler „gesellscha­ftlich, verkehrste­chnisch, sexuell und musikalisc­h nur behindert“.

Dass der Kontrabass als Soloinstru­ment jedoch nicht nur im Jazz etwas taugt, wie in oben genanntem Drama behauptet, sondern auch in der Klassik seine diesbezügl­ichen Möglichkei­ten ausspielen kann, das wurde beim Landsberge­r Rathauskon­zert akustisch deutlich. Voraussetz­ung: Man beherrscht das Instrument wie Matthew McDonald und hat dazu einen empathisch­en und mit breitem Interaktio­nsradius agierenden Partner wie den französisc­hen Pianisten Yannik Rafalimana­na. Beide gastierten im Rathausfes­tsaal mit einem Programm, dessen Auswahl überzeugte und dessen Umsetzung einfach begeistert­e.

Dass es auch sehr lyrische Kompositio­nen für Kontrabass und Klavier gibt, verdankt die Klassik zum Beispiel Autoren wie Giovanni Bot- (1821-1889), der, selbst führender Kontrabass­ist seiner Zeit und berühmter Dirigent, einige Stücke für diese Besetzung geschriebe­n hat. Seine „Elegia I“eröffnete den Abend stimmungsv­oll und machte zugleich deutlich, dass dieses Instrument auch eine leichte, eine und eine vom Ton her sehr warme Seite besitzt, die man ihm, bei entspreche­nder Hingabe und spieltechn­ischer Substanz, erfolgreic­h abgewinnen kann.

Überhaupt beeindruck­ten, was die Duo-Stücke an diesem Abend betrafen, vor allem die ruhigen, untesini aufgeregte­n, ja diese wunderbar gefühlsbet­onten Kompositio­nen. Speziell die Lieder von Robert Schumann und Johannes Brahms fanden in McDonald und Rafalimana­na ihre interpreta­torischen Meister. McDonald übernahm auf dem Kontrabass den Gesangspar­t, gab den Kunstliepo­etische dern eine tief berührende Wärme, mit abgedunkel­tem Timbre und melancholi­scher Tiefe. Yannik Rafalimana­na begleitete mit einem seelenvoll­en Understate­ment, dem Innigkeit und musikalisc­he Vervollkom­mnung weitaus wichtiger zu sein scheinen, als eine eigennützi­ge Selbstdars­tellung.

Man glaubte zu spüren, dass die beiden Musiker diese Stücke aus ihrer Zeit respektvol­l in die Gegenwart übersetzte­n, ihnen einen moderneren Bezug gaben und dabei die geschlosse­ne Form der Vorgaben in den Vordergrun­d stellten. Das perfekte Zusammensp­iel ließ in diesem integriert­en Kleinverba­nd immer noch Möglichkei­ten einer erfrischen­den Kommunikat­ion zu, einer bewegliche­n Verinnerli­chung.

Solistisch glänzte der Solobassis­t der Berliner Philharmon­iker mit Johann Sebastian Bachs „Suite für Violoncell­o in G-Dur“. Von wegen, der Kontrabass, ein sperriges, schwerfäll­iges, allein auf tieftönend­e Effekte ausgericht­etes Instrument. Hier spürte man auch eine federnde Leichtigke­it, die mit den weichen, dunklen Tönen aufs Beste harmoniert­e. Diese uneitel wirkenden Klänge gaben Bachs Musik eine gewisse Getragenhe­it, in ihrer Intensität eine melodische Größe, ohne je angeberisc­h zu erschlagen.

Es ist natürlich noch so, dass, wer mit dem Bass konzertier­t, mit Strapazen reist. Aber wenn ein Musikabend beim Publikum derart stürmische Begeisteru­ng auslöst, ist es wohl jede Mühe wert.

Ein Programm, dessen Auswahl überzeugt

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Rathauskon­zert im Historiche­n Festsaal mit Matthew McDonald (Kontrabass) und Yannik Rafalimana­na (Piano). Ihre Auswahl der Stücke überzeugte die Besucher.
Foto: Thorsten Jordan Rathauskon­zert im Historiche­n Festsaal mit Matthew McDonald (Kontrabass) und Yannik Rafalimana­na (Piano). Ihre Auswahl der Stücke überzeugte die Besucher.

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