Nur nicht zu glatt, nur nicht zu idyllisch
Vernissage Rudolf Grosch gewährt am Klostereck Einblick in seine Arbeit. Auf ein „Ja“lässt er oft ein „Aber“folgen
Landsberg Ginge es nach ihm, die Welt drehte sich langsamer, deutlich langsamer, und mit ihr deren Warenkarussell. Rudolf Grosch hält fest an Dingen, die sich für ihn bewährt haben, schließt fast so etwas wie Treuebündnisse mit ihnen: Wozu die Schreibmaschine gegen den Computer, das Strippentelefon gegen ein Handy, ein jahrzehntelang besuchtes Café gegen ein Bistro oder die schweren Kartons, die nicht bei jedem Farbauftrag gleich durchweichen, gegen gerade einmal halb so dünne tauschen? Bleibt der äußere Rahmen stabil, ist im Inneren Raum für Veränderung. Und die sucht der Maler und Bühnenautor lieber in seiner Arbeit als im Konsum.
Nur, die Welt will nicht stillhalten: „Auf einmal“schließt das Café und greift der Schreibwarenhändler zuerst beim Farbband und wenig später den dicken Malkartons in leere Regalfächer – Produktion eingestellt, wegen zu geringer Nachfrage. Also schreibt Grosch seine Manuskripte nun nicht etwa doch auf dem Computer, sondern wieder von Hand, fein säuberlich, damit der Regisseur und die Schauspieler sie lesen können; Zeit genug dafür ist ja, jetzt, wo der Kaffeehausbesuch entfällt. Und die Maltechnik passt sich der veränderten Papierqualität an – wenigstens das große Format gibt es noch –, die Farben werden weniger nass aufgetragen, die Arbeit bewegt sich ein Stück mehr ins Zeichnerische, und es entstehen Collagen. Hauptsache, irgendetwas nimmt Gestalt an von dem vielen, das „einfach raus muss“.
Geplant hatte Catherine Koletzko vom „projektraum am klostereck“in Landsberg zur Eröffnung der Ausstellung „Landschaften…“eigentlich ein Künstlergespräch. Doch es kam anders. Rudolf Grosch berichtet wie beiläufig über seine Arbeit, während die Besucher an einen Zeichentisch stehen. Begleitet von seinen Kommentaren heben die weiß behandschuhten Hände eines Besuchers achtsam Blatt für Blatt von einer Mappe hinüber in eine andere. Beinahe jeder „Transfer“gibt die Sicht frei auf neue, überraschende, stets aber im Figurativen verbleibende Ansätze: kantig grob Collagiertes, pastellig zart gesetzte Farben in beinahe impressionistischer Manier, in düsterem Schwarz holzschnittartig Expressives.
Eindeutiges vermeidet der Künstler. Jedes allzu forsche „Ja“provoziert ihn in der Sprache zu einem „Aber“, jedes allzu gefällige „So“in der Malerei zu einem „Sonst“. Motive, die ihm zu glatt erscheinen, werden eingefangen. Seine „Vorstadtidyllen“etwa, mit leichter Hand in den Bildraum hinein geordnet, offeriert er dem Betrachter nicht ohne ein brennendes Haus irgendwo im Hintergrund, „sonst wird’s mir zu idyllisch“, und wenigstens einer versteckten Figur, „sonst wird’s mir zu einsam“.
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Termin Die Werke sind im „projektraum am klostereck“noch bis Mittwoch, 14. November, jeweils von 16 bis 18 Uhr zu sehen. Eine Theaterperformance mit Rudolf Grosch gibt es am Samstag, 10. November, ab 19.30 Uhr.