Nicht nur „unerwünscht“
Historischer Verein zeigt im Historischen Rathaus das Schicksal von sechs jüdischen Familien in Landsberg auf. Sie überlebten, da Nachbarn ihnen halfen
von 25 Prozent und anderen Schikanen. Nicht jeder hatte das Geld für die Emigration: Der Viehhändler Louis Willstätter hatte schon seine beiden Buben Alfred und Helmut Josef in die USA vorausgeschickt, er selbst fand bei den Brüdern Weißhaupt Unterschlupf. „Erstaunlicherweise gibt es einen Vermerk, dass davon wohl auch die Behörden wussten“, erzählt Rößle. Er glaubt, dass man sich darum nicht kümmerte, da Willstätter gewissermaßen „auf den Koffern saß“und ausreisen wollte. Der Viehhändler und seine Frau Luzia konnten die Überfahrt in die USA aber nur finanzieren, da die Landsberger Familien Landersdorfer, Weißhaupt und Doll für sie sammelten.
Das Schicksal jeder einzelnen Familie wird in der Ausstellung gezeigt und alte Schulhefte sind in Schaukästen ausgestellt. Ein Dokument liegt den Ausstellungsmachern besonders am Herzen. Darin hat Erna Simon, verheiratete Kemeter, 1944 für ihre Nachkommen einen Bericht geschrieben. Sie war von Nachbarn und Bekannten und schlussendlich von zwei Pfarrern bei Kaufbeuren in einem Pfarrhof versteckt worden. Dieses Dokument wird nur als Kopie gezeigt – „es ist zu wertvoll“, sagt Franz Xaver Rößle.
Volker Gold hat das Schicksal von Sitta Schleßinger, die 16-jährig Landsberg verlassen musste und nach Chile auswanderte, bewegt. Über Wolfgang Schönfeld, der sich mit dem Flehinger Zweig der Familie beschäftigte, konnte dann endlich ein Kontakt hergestellt werden. Sittas Enkelin, Ronit Haim Kaufmann, ist als erste der Familie Schlessinger zu dieser Ausstellung angereist.
Seit Samstag ist auch der 92-jährige Alfred Willstätter mit Angehörigen in Landsberg. Er war schon mehrfach zu Besuch.
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