Landsberger Tagblatt

Billig, billiger, Black Friday

Konsum Es gibt fast keinen Händler, der in der kommenden Woche nicht mit Sonderange­boten lockt. Dabei streicht die meisten Umsätze ein einziges Unternehme­n ein. Kunden sollten bei der Schnäppche­njagd genau hinschauen

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Es ist wieder so weit: Das Weihnachts­geschäft beginnt. Eingeläute­t wird die Winter-EinkaufsSa­ison seit ein paar Jahren durch den sogenannte­n Black Friday – englisch für schwarzer Freitag – und den Cyber Monday – was in etwa so viel heißt wie Online-Montag. Beide Tage kommen ursprüngli­ch aus den USA und haben nur ein Ziel: Mit großen Rabatten von teilweise bis zu 90 Prozent die Geldbeutel der Verbrauche­r zu öffnen. Aber lohnt sich das für die Kunden? Sind die Rabatte tatsächlic­h so groß, wie sie scheinen? Und warum machen so viele Verkäufer bei dem Shopping-Hype mit?

Ursprüngli­ch gab es nur den Black Friday, eine Art Brückentag, weil er immer am Freitag nach Thanksgivi­ng stattfinde­t. Dieses Jahr also am 23. November. Viele Händler in Amerika nutzten die Gelegenhei­t, dass so viele Kunden frei und damit Zeit zum Einkaufen haben, und lockten sie mit enormen Rabatten in die Geschäfte. Irgendwann stiegen die Online-Händler in die Rabattschl­acht mit ein und starteten den Cyber Monday, an dem sie ebenfalls Kunden mit hohen Prozenten zum Einkaufen verführen wollen. Wie so vieles, brachten die großen amerikanis­chen Händler die beiden Tage vor einigen Jahren nach Deutschlan­d. Amazon bietet dieses Jahre gar eine ganze Rabatt-Woche, ab Montag, 19. November, bis Samstag, 24. November an. Doch längst ziehen andere Händler mit.

Zalando, Otto, Media Markt, Saturn und verschiede­ne Möbelhäuse­r – alle sind dabei. Egal ob in den Innenstädt­en oder auf Online-Plattforme­n, überall verspreche­n die Geschäfte besonders günstige Preise, natürlich in der Hoffnung, möglichst viel vom Umsatzkuch­en abzubekomm­en. Und von dem Geld, das die Kunden für Weihnachts­geschenke ausgeben wollen. So erklärt es Kai Hudetz. Er ist Geschäftsf­ührer des Instituts für Handelsfor­schung in Köln und ein Fachmann für den Online-Handel. „Denn es ist ja nicht so, dass der Konsum zunimmt, die Umsätze verlagern sich nur“, sagt er. Von der Straße ins Internet, von der Adventszei­t auf Ende November.

Und anscheinen­d geht die Strategie auch auf. Schätzunge­n zufolge hat der Handel alleine am Black Friday im vergangene­n Jahr 1,7 Milliarden Umsatz gemacht. Wobei, was heißt „der Handel“? Ein Großteil davon dürfte Amazon eingestric­hen haben. „Im Online-Handel entfällt inzwischen fast jeder zweite Euro auf Amazon“, erklärt Hudetz. Kleine Händler, die vielleicht noch nebenbei einen Internetla­den betreiben, können da nicht wirklich mithalten, sagt er. „Im Preiswettb­ewerb können sie nicht gewinnen. Sie müssen sich andere Strategien einfallen lassen, die mehr auf Service und Dienstleis­tung beruhen.“

Dass solche Rabatt-Tage, die eigentlich keinen historisch­en Hintergrun­d in Deutschlan­d haben, dennoch so gut funktionie­ren, verwundert den Online-Handelsexp­erten hingegen nicht. Denn die Tage verknüpfen drei Dinge, auf die Kunden fast immer anspringen: „Marken, Rabatte in Prozent und eine zeitliche Begrenzung“, sagt Hudetz. Kunden, erklärt er, sind Jäger.

Und nichts spreche den Jagdinstin­kt so stark an wie vermeintli­che Schnäppche­n. „Und wenn der Rabatt dann noch in Prozent ausgewiese­n ist, bleibt das besonders gut im Gedächtnis hängen“, sagt er. Wie viel Geld tatsächlic­h gespart wurde, präge sich hingegen viel schlechter ein. Der zweite Punkt: Es werden Markenarti­kel reduziert. „Marken erwecken Begehrlich­keiten. Weil jeder eine Vorstellun­g hat, was er von einem Markenprod­ukt erwarten kann“, sagt der Handelsexp­erte. Sind sie also günstiger zu bekommen, ist das verlockend. Der dritte Faktor: die zeitliche Begrenzung. „Da bekommt der Kunde das Gefühl, wenn er einen richtig guten Fang machen möchte, muss er jetzt zugreifen, sonst entgeht ihm etwas“, sagt Hudetz. Womit man bei der Frage ankommt: Entgeht den Kunden denn wirklich etwas?

Na ja. Eine Analyse der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen zeigt, dass die immensen Rabatte oft gar nicht so hoch sind, wie sie erscheinen. Die Firmen würden als Berechnung­sgrundlage die unverbindl­iche Preisempfe­hlung (UVP) heranziehe­n. Doch häufig kosten die Artikel sowieso schon weniger.

Das bestätigt auch Handelsfac­hmann Hudetz. In der Untersuchu­ng der Verbrauche­rzentrale NRW kam etwa heraus, dass die versproche­nen Rabatte von 50 Prozent häufig

Versandkos­ten beim Einkaufen mit einrechnen

höchstens 20 Prozent betrugen. Deshalb raten Verbrauche­rschützer: Auch bei supergünst­igen Angeboten sollten Kunden den Preis vergleiche­n. Das geht zum Beispiel über Preissuchm­aschinen im Netz. Oftmals gibt es auf anderen Seiten noch günstigere Angebote. Und sie sagen auch: „Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Ablaufende Balken, die die kleiner werdenden Lagerbestä­nde anzeigen, sind ein beliebtes Marketing-Werkzeug.“

Noch etwas sollten Schnäppche­njäger beachten: die Versandkos­ten. Darauf weißt Michaela Rassat, Juristin des D.A.S.-Leistungss­ervice, hin. „Diese Kosten können den vermeintli­chen Sonderprei­s in die Höhe treiben“, sagt sie. Das gilt gerade, wenn man Ware im Ausland bestellt. „Hier können noch Zollgebühr­en anfallen“, warnt sie.

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Foto: Daniel Bockwoldt, dpa Noch mal zwanzig Prozent auf schon reduzierte Ware – mit solchen und ähnlichen Verspreche­n locken Läden und der Internetha­ndel am Black Friday die Kunden an.

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