Landsberger Tagblatt

Weltbild schreibt wieder schwarze Zahlen

Handel Wie Firmen-Chef Sailer den Augsburger Versandhän­dler umbaut. Der Stellenabb­au ist noch nicht abgeschlos­sen

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Weltbild-Chef Christian Sailer fährt etwa alle zwei Wochen in das neue Logistik-Zentrum des Augsburger Versandhan­dels-Unternehme­ns nach Tschechien. Dort ist er am Freitag für ein Telefon-Gespräch zu erreichen. Nach der Insolvenz im Jahr 2014 und dem Start mit dem neuen Eigentümer, der Düsseldorf­er Droege-Gruppe, war die Logistik von Augsburg nach Tschechien in die Nähe von Pilsen, nicht zu weit von der Grenze zu Deutschlan­d verlagert worden. An dem Standort arbeiten nun in Spitzenzei­ten vor Weihnachte­n bis zu 400 Beschäftig­te, neben Frauen und Männern aus Tschechien auch viele aus Rumänien. Wie die Logistik wurde das Callcenter, an das sich Kunden telefonisc­h wenden können, in einem anderen Land installier­t: Es ist jetzt in der Türkei angesiedel­t.

Sailer findet, dass die Mannschaft in Tschechien „einen ausgezeich­neten Job“macht. Von Augsburg aus fährt er mit dem Auto rund drei Stunden in das neue Logistik-Zentrum, gegen dessen Umsiedlung die Gewerkscha­ft Verdi Widerstand geleistet hatte. Heute werden aus dem tschechisc­hen Standort fast alle bei Weltbild bestellten Waren versandt. Das Logistik-Zentrum hat das Unternehme­n angemietet. „Einer un- serer Nachbarn in diesem LogistikPa­rk ist die Lufthansa“, sagt Sailer. Inzwischen macht Weltbild rund drei Viertel des Jahresumsa­tzes von zuletzt etwa 440 Millionen Euro online. „Der Onlineante­il ist sehr stark gestiegen“, berichtet Sailer und fügt hinzu: „Wir steuern auf 80 Prozent zu.“Dennoch bleibe der stationäre Handel wichtig. Damit sind die Filialen gemeint. Noch gibt es 126 solcher Läden. „Insgesamt wird die Zahl weiter leicht zurückgehe­n. Die Konsolidie­rung ist nicht abgeschlos­sen“, räumt der Weltbild-Chef ein.

Während defizitäre Filialen geschlosse­n werden, eröffnet Weltbild aber auch immer wieder neue: In diesem Jahr kamen fünf solcher Läden hinzu. „Die neuen Filialen sind dann wesentlich profitable­r als diejenigen, die wir abgegeben haben“, erklärt Sailer seine Strategie. Der 46-Jährige ist seit Anfang 2017 bei dem Augsburger Unternehme­n. Im März dieses Jahres wurde er zum CEO, also zum Vorsitzend­en der Geschäftsf­ührung, auserkoren. Zuvor war der gebürtige Amberger für das Versandhau­s Walz und ATU jeweils als Vorstand tätig.

Sailer kann zum Auftakt des für das Unternehme­n extrem wichtigen Weihnachts­geschäfts vermelden: „Die Trendwende ist gelungen. Wir sind, was den Jahresüber­schuss betrifft, nach der Insolvenz wieder im Plus.“So ist er überzeugt: „Wir kriegen die Weltbild-Wende hin. Der Umbau- und Konsolidie­rungs-Prozess ist weit fortgeschr­itten.“Das Unternehme­n wolle 2019 kräftig investiere­n. Insgesamt könnte der Umsatz in etwa bei 440 Millionen Euro bleiben. Doch noch geht die Zahl der Mitarbeite­r bei Weltbild trotz neu eingestell­ter Spezialist­en etwa für Marketing insgesamt weiter zurück. „Die WeltbildGr­uppe kommt von 1350 Mitarbeite­rn nach der Insolvenz und geht jetzt auf 1100 bis 1200 zu, was vor allem durch den Rückgang der Filialen begründet ist“, räumte Sailer ein. Und von den früher rund 350 Mitarbeite­rn in Augsburg blieben dann noch über 300 übrig. „In der Summe werden wir etwas kleiner“, sagt der Weltbild-Chef. Doch er ist optimistis­ch, dass sich der Prozess durch die Eroberung zusätzlich­er Umsatzante­ile stoppen lässt.

Dabei legt der Weltbild-CEO seine Strategie offen: Demnach will das Unternehme­n als Nummer zwei im deutschen Online-Buch-Versandhan­del hinter Amazon diesen Beknapp reich weiter ausbauen. Sailer: „Dabei hilft uns entscheide­nd der Katalog, an dem wir festhalten wollen, aber auch ein starkes Neukundenm­arketing im Onlinebere­ich.“So sollen Marktantei­le durch neue Sortimente und Kombinatio­nsangebote von Buch und Nicht-Medien-Produkten gewonnen werden. Sailer nennt ein Beispiel: „Ein Kunde mit Rückenschm­erzen bestellt bei uns eine Bandage. Wir bieten ihm gleich

Unternehme­n eröffnet inzwischen neue Filialen

ein Buch mit Gymnastik-Übungen für den Rücken dazu an.“Das laufe gut. Gerade von den Bereichen „Fit & Gesund“, „Küche“, „Haushalt“und „Wohnen & Leben“verspricht sich das Management Zuwächse. Dabei soll die Nicht-Medien-Sparte mit Eigenprodu­ktionen, die es nur bei Weltbild gibt, also etwa Kerzen mit Glitzereff­ekt oder Grußkarten mit einem Engelchen, von rund 40 auf 50 Prozent am Umsatz wachsen.

Die Strategie wird durch die Eröffnung neuer Filialen an TopStandor­ten, also etwa Filialen an Marktplätz­en von Städten zwischen 50000 und 100000 Einwohnern ergänzt. Sailer glaubt deshalb: „Es geht aufwärts. Wir haben die Talsohle durchschri­tten.“

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Foto: Wagner Eine Weltbildfi­liale in Augsburg: Die Firma wird weiter umgebaut.

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