Landsberger Tagblatt

Der Kunstmarkt schwimmt im Geld

Auktionen Und wieder hagelte es bei den Herbstvers­teigerunge­n von New York Preisrekor­de. Der teuerste lebende Künstler ist nun mit weitem Abstand David Hockney. Und der Krimi um Leonardo da Vinci wird immer bizarrer

- VON RÜDIGER HEINZE

New York Von irgendwelc­her Skepsis über die Verfassung dieser Welt scheint der Kunstmarkt nicht angekränke­lt. Binnen weniger Tage haben jetzt die New Yorker HerbstAukt­ionen der drei großen Häuser Christie’s, Sotheby’s und Phillips rund zwei Milliarden Dollar umgesetzt = 1,76 Milliarden Euro. Das Geld sitzt bei der wachsenden Schar der Multimilli­onäre und Milliardär­e verschwend­erisch locker – was auch an vergleichs­weise wenig unverkauft­en Einlieferu­ngen abzulesen ist. Und an Künstler-Preisrekor­den, die es regelrecht hagelte.

Indirekter Hauptgewin­ner dabei ist der Brite David Hockney (*1937), da er nun – vor Jeff Koons und Gerhard Richter – zum teuersten lebenden Künstler aufgestieg­en ist. Am Donnerstag­abend wurde ein Hauptwerk seiner um 1970 entstanden­en Swimmingpo­ol-Bilder für sage und schreibe 90,3 Millionen Dollar zugeschlag­en (= 80 Millionen Euro). Es trägt den Titel „Porträt eines Künstlers (Pool mit zwei Figuren)“und zeigt auf drei Meter Leinwandbr­eite seinen ehemaligen Lebensgefä­hrten, den Künstler Peter Schlesinge­r (am Beckenrand), sowie dessen seinerzeit neuen Freund. 1972 gemalt, gilt das Werk als eine Ikone der Pop-Art. Indirekter Hauptgewin­ner ist Hockney durch die Versteiger­ung deshalb, da nun seine Bewertung am Kunstmarkt mit Sicherheit insgesamt angehoben werden wird.

90,3 Millionen Dollar, das ist im Übrigen mit deutlichem Abstand mehr als die bisherigen Rekorde lebender Künstler. Eine Plastik von Jeff Koons liegt bei 58,4 Millionen Dollar; ein „Abstraktes Bild“Gerhard Richters liegt bei 46,4 Millionen Dollar. Von dem Kölner Maler kam jetzt in New York eine weitere große „Abstraktio­n“unter den Hammer und brachte – bei einer schon vor der Auktion abgegebene­n Verkaufsga­rantie in unbekannte­r Höhe – 32 Millionen Dollar ein (= 28,2 Millionen Euro).

Weitere Künstlerre­korde betreffen unter anderem den Surrealist­en René Magritte, dessen „Le principe du plaisir“(1917) 26,8 Millionen Dollar einspielte, Edward Hopper mit seinem „Chop Suey“(1929) für 92 Millionen Dollar (siehe kleine Abbildung rechts), Oskar Kokoschka (20, 4 Millionen Dollar), Ludwig Meidner (14,1 Millionen Dollar für eine expression­istische „Apokalypti­sche Landschaft“von 1912), Wil- lem de Kooning (68,9 Millionen Dollar), Arshile Gorky (14 Millionen). Auch eine Frau brach ihren eigenen Preisrekor­d: Tamara de Lempicka, deren Art-Déco-„Musi- (1929, Abbildung oben) für neun Millionen Dollar den Eigentümer wechselte.

Eben dies tat in New York vor einem Jahr auch das teuerste jemals versteiger­te Kunstwerk, jener „Salvator Mundi“, der Leonardo da Vinci zugeschrie­ben worden war. Gut 381 Millionen Euro erbrachte er – und ist seitdem nicht wieder aufzierend­e“ getaucht, obwohl das Auktionsha­us Christie’s bald nach der Versteiger­ung mitgeteilt hatte, dass er in den entstehend­en „Louvre Abu Dhabi“eingeglied­ert werde. Mittlerwei­le ist das Museum eröffnet – aber weit und breit kein „Salvator Mundi“in Sicht. Ob das zum Jahreswech­sel nachgeholt wird, wenn Leonardo da Vinci in sein 500. Todesjahr geht, ist fraglich.

Nicht fraglich ist, ob die Geschichte des Bildes nicht eine Filmserie voller Bizarrerie­n abgibt. Sie tut es. Netflix könnte loslegen. Angefangen vom 50-Pfund-Verkauf in England in den 50er Jahren, fortgesetz­t mit der Reinigung des Gemäldes und der nachfolgen­den Zuschreibu­ng an Leonardo bis hin zum Verkauf für wohl 77,5 Millionen Dollar an den (Kunst-)Zollfreila­gerBetreib­er Yves Bouvier, der es 2013 für schlappe 127,5 Millionen Dollar umgehend weiterreic­hte an den russischen Milliardär Dimitri Rybolovlev. Mit dieser Aktion aber wurde die Erfolgssto­ry justiziabe­l. Denn Rybolovlev zog gegen Bouvier wegen vermeintli­chem oder tatsächlic­hem Wucher beim Vermittlun­gshonorar vor Gericht – und seitdem herrscht zwischen den beiden ein Wirtschaft­sdiadochen­kampf mit härtesten Bandagen. Rybolovlev sorgte dafür, dass Bouvier in Monaco für einige Zeit eingebucht­et wurde – was unter dem Titel „MonacoGate“den Rücktritt des monegassis­chen Justizmini­sters Narmino zur Folge hatte.

Seitdem nun ist die internatio­nale Justiz mehr mit Rybolovlev selbst beschäftig­t, der – über Bouvier – offenbar die Genfer Justiz im Zusammenha­ng mit seiner teuren Scheidung bestechen wollte. In diesem November ist er seinerseit­s nach Hausdurchs­uchung in monegassis­chen Gewahrsam genommen worden – der Kunsttrans­fer von 2013 zieht nach Angaben französisc­her Medien weitere Kreise. Dem Präsidente­n des französisc­hen FußballErs­tligisten AS Monaco werden Korruption, Bestechung und Einflussna­hme vorgeworfe­n. Salvator Mundi, der Erlöser der Welt, hat ihm noch nicht helfen können.

Hübsch auch, was mittlerwei­le über die Christie’s-Auktion 2017 kolportier­t wird: Der Zuschlag sei auch deswegen so irrwitzig hoch ausgefalle­n, weil jeder der beiden Biet-Konkurrent­en – das waren der saudi-arabische Kronprinz und der Kronprinz von Abu Dhabi – geglaubt hatte, sein Gegner sei ein Konkurrent aus Katar.

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Foto: Christie’s Jetzt ist David Hockney der teuerste lebende Künstler: 80 Millionen Euro für „Portrait of an Artist“.
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Auktionssp­itzenreite­r nach wie vor: der da Vinci zugeschrie­bene „Salvator Mundi“.
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Tamara de Lempicka: Die Musikerin
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Edward Hopper: „Chop Suey“

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