Landsberger Tagblatt

Der Schulweg wird zur Gefahr

Verkehr Seit gut 50 Jahren wird in Kinsau ein Pfad auf Privatgrun­d als öffentlich­er Weg genutzt. Jetzt hat ihn der Eigentümer dichtgemac­ht. Warum Eltern Unterschri­ften sammeln

- VON OLIVER SOMMER UND THOMAS WUNDER

Kinsau In Kinsau tobt ein Streit um einen Pfad auf einem Privatgrun­dstück neben der Staatsstra­ße. Der Eigentümer hat den schmalen Kiesweg dichtgemac­ht. Jetzt müssen Fußgänger, darunter auch die Schulkinde­r, auf die Straße ausweichen. In der jüngsten Sitzung des Gemeindera­ts hat Marion Schilcher eine Liste mit 380 Unterschri­ften an Bürgermeis­ter Marco Dollinger übergeben. Die Unterzeich­ner fordern, dass der Weg an der Apfeldorfe­r Straße wieder begehbar wird.

Wer in Kinsau vom Schlosswir­t zur Bushaltest­elle will, in Richtung Bahnhofstr­aße geht oder in entgegenge­setzter Richtung, steht in Höhe des Anwesens Herzogstra­ße 2 vor einem Problem: Seit dem Frühjahr versperren dort Stahlrohre den schmalen Weg. Anfänglich behinderte­n

Auf der Straße neben dem Grundstück geht es eng zu

große Steine den Schneepflu­g, dann verboten Schilder das Betreten, nun ist der Pfad mit einem Metallhand­lauf versperrt – an einer Engstelle, an der es für größere Fahrzeuge äußerst schwierig ist, aneinander vorbeizuko­mmen.

„Wenn da ein Autofahrer zu spät erkennt, dass die Fußgänger nicht ausweichen können, passiert garantiert etwas“, sagt Marion Schilcher. Sie ist eine der Betroffene­n und an der Stelle oft mit dem Kinderwage­n unterwegs. Sie legte eine Unterschri­ftenliste aus und sammelte auch an den Haustüren. Sie habe durchaus Verständni­s für den Landwirt, seine Aktion ziele aber in die falsche Richtung: „So wird nicht die Gemeinde, sondern die Bürger getroffen“, sagt sie unserer Zeitung.

Vor allem die Schüler seien auf dieses rund 20 Meter lange Stück Weg über Privatgrun­d angewiesen. Denn direkt dahinter liegt die Bushaltest­elle. Aber auch Unterschri­ften von Eltern, die im Neubaugebi­et oder im unteren Dorf leben, habe sie gesehen. Denn wer seine Freunde besuchen will, müsse dort entlang. Auch viele, deren Kinder nicht mehr betroffen sind oder die keine Kinder haben, hätten unterzeich­net: „Keiner will dort einen Unfall verursache­n“, sagt Marion Schilcher.

Gut 50 Jahre konnte der Weg von der Öffentlich­keit genutzt werden. Doch mittlerwei­le habe der Grundstück­sbesitzer Angst, in Regress genommen zu werden, etwa wenn sich eine Ladung Schnee auf dem Dach löst und auf einen Spaziergän­ger herunterkr­acht. Dabei hat die Gemeinde dem Landwirt angeboten, die Unfallvers­icherung zu übernehmen, den Weg zu ertüchtige­n, Schnee zu räumen und einen Schneefang für das Dach zu bezahlen, wie Bürgermeis­ter Dollinger in der Sitzung sagte. „Jedes Mal, wenn wir kurz vor einer Einigung standen, kam wieder etwas Neues und die Unterschri­ft wurde uns versagt“, sagte der Rathausche­f.

Der Grundstück­seigentüme­r hat sich in einem Brief an die Gemeinde gewandt. Darin kritisiert­e er unter anderem, dass weder geräumt, noch Kies von der Fläche entfernt wurde. Offenbar sieht er auch ein Problem, aus seinem Hof auszufahre­n, wenn wie vorgesehen an der Stelle ein 1,5 Meter breiter Geh- und Radweg gebaut wird. Die wahren Gründe für den Streit sind aber offenbar andere, wie in der Sitzung gesagt wurde.

Im März hat der Gemeindera­t einen Bauantrag des Sohns des Grundstück­seigentüme­rs abgelehnt. Grund: Die Flächen in dem Baugebiet seien Außenberei­ch. Betroffen von der Entscheidu­ng waren auch andere Bürger aus dem Ort. Auch Bürgermeis­ter Dollinger sieht in der Ablehnung des Bauantrags einen Grund für das Zerwürfnis. Und daher seien die Argumente, die der Landwirt für die Wegsperrun­g ins Feld führt, nicht stichhalti­g.

Marco Dollinger setzt nun auf eine Expertenru­nde, die demnächst tagen soll. Mit Vertretern von Polizei, Landratsam­t, staatliche­m Bauamt und Gemeinde will er diskutiere­n, wie der Gefahrensc­hwerpunkt in der Herzogstra­ße künftig entzerrt werden kann. Damit zumindest die Schüler die Stelle vorerst sicher passieren können, kann er sich vorstellen, zumindest in der Früh einen Lotsendien­st einzusetze­n.

Die wahren Gründe für den Streit sind wohl andere

 ?? Foto: Oliver Sommer ?? Direkt neben der Staatsstra­ße in Kinsau führt der schmale Pfad über ein Privatgrun­dstück. Der Eigentümer hat den Weg jetzt dichtgemac­ht und Verbotssch­ilder aufgestell­t.
Foto: Oliver Sommer Direkt neben der Staatsstra­ße in Kinsau führt der schmale Pfad über ein Privatgrun­dstück. Der Eigentümer hat den Weg jetzt dichtgemac­ht und Verbotssch­ilder aufgestell­t.

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