Muss Charles jetzt König werden?
Sind wir nicht alle irgendwie Charles und führen ein Leben in der Möglichkeitsform? Das ist ein weitverbreitetes Durchschnittsschicksal. Was könnte ich, was hätte ich, was würde ich… – wenn ich der König von Deutschland wär’. Wenn das Wörtchen wenn nicht wär. Irgendwas ist immer ein zähes Karrierehindernis. Manchmal ist es eben die Mutter.
Und so sind wir halt alle, jeder an seinem Platz, nur Prinzen und Prinzessinen, die älter werden und noch ein paar Träume auf dem Konto haben für später. Willkommen im Wartezimmer, in dem Charles eben derjenige ist, der tolle Gartenzeitschriften liest und unsereins bloß das Goldene Blatt.
Charles ist 70 und die Rolle des verpuppten Königs von England steht ihm gut. Er dümpelt nicht, er drängelt nicht – das muss er auch nicht, denn ein Thronfolger kann ja nicht überholt werden. Leider sind einige eherne Gesetze der Dauer und dynastischen Konsequenz auf Lebenszeit zuletzt aufgeweicht worden. Nur deshalb vielleicht kann überhaupt die törichte Frage gestellt werden, ob Charles nun „übernehmen“soll. Immerhin ist ein Papst zurückgetreten und in Spanien beispielsweise ist ohne Not ein Jüngelchen wie Felipe König geworden, obwohl sein Vater Juan Carlos noch gut dasteht.
Der Queen wird das nicht passieren. Sie wird naturgemäß amtieren bis zum Point of no Return, dem Tod, wie es sich gehört. Das kann noch ewig hin sein. Aber das britische Königshaus ist nicht die CSU (und Charles schon gar kein Söder), sondern souverän. Kann sich jemand vorstellen, fehlerfrei auf Anhieb „God save the King“zu singen? Wie klingt das denn?
Im Bereitstehen ist Charles absolut King size. Er sollte das Glück genießen, mit 70 noch eine große Zukunft vor sich zu haben. Eines Tages wird er wachgeküsst.