Circus Oz dreht das große Rad
Festival Tollwood auf der Theresienwiese verzaubert den Münchner Winter
Wenn die Tage kürzer und kälter werden, eröffnet in München das 30. Tollwood-Winterfestival. Unter dem Motto „Gut geht besser!“wird vom 23. November bis 31. Dezember auf der Theresienwiese eine Menge Theater, Kleinkunst, Musik, Kinderprogramm und Markt geboten.
Den spektakulärsten Auftritt liefert Australiens legendäre Compagnie Circus Oz mit ihrem Programm „Model Citizens“als Deutschlandpremiere. Die Show zeigt auf vergnügliche Weise, dass der Mensch sich nicht in eine Idealform pressen lassen darf, sondern nur als Individuum die Gesellschaft in eine glückliche Zukunft führen kann. Atemberaubende Artistik verbindet sich mit Bühnenspiel vom „vorbildlichen Bürger“, groovender Livemusik und Humor à la Down Under.
Die Show ist mit einem Vier-Gänge-Bio-Menü buchbar. Denn Tollwood ist auch ein Festival des guten Lebens, das aktiv die Ideen einer naturgerechten Landwirtschaft und einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft propagiert. Der Weltsalon, ein multimedial gestaltetes Zelt, erzählt deshalb diesmal als „Heldenschmiede“von den Alltagshelden von heute und Mutmachern von morgen. Auf Podiumsdiskussionen sind unter anderem Prof. Harald Welzer (Stiftung Futur zwei), Biolandwirt Felix Prinz zu Löwenstein und Pfarrer Rainer Maria Schießler zu Gast. Interaktive Installationen wie der „Raum für Revolution“und die „Heldenkabine“fordern die Besucher zum Aktivwerden auf.
Musikalisch geht es im „Hexenkessel“bei freiem Eintritt rund. Es sind dort nicht die großen Namen, die ziehen, vielmehr eine breite Vielfalt an Bands von Rock ’n’ Roll bis Disco-Jazz, von Boogie bis Salsa, von Country bis Balkanpop, von lateinamerikanischen Rhythmen bis zur Russendisko. Gespielt wird täglich bis zur Silvesterparty. Im Weltsalon runden Benefizkonzerte, etwa zugunsten von Entwicklungsprojekten oder dem Verein „Journalisten helfen Journalisten“, sowie Poetry-Slam und Kabarett mit Mathias Tretter und dem Duo „Das Geld liegt auf der Fensterbank, Marie“das Programm ab. Vor der Kulisse des weihnachtlich gestalteten „Marktes der Ideen“mit bio-zertifizierter Gastronomie und Kunsthandwerk aus aller Welt – zu einem Großteil in Fair-TradeQualität – finden wunderliche Darbietungen auf dem Festivalgelände statt. Zum Beispiel Speed-Zeichnen mit Lisa Schmidt, die Feuershow, der Stelzen-Walk-Act von Klirr Deluxe oder Magie aus dem Fernen Osten. Überhaupt ist der Markt ein Flanierparadies, um die Welt kennenzulernen und über die Kontinente zu wandern.
Besondere Aufmerksamkeit genießen die Kinder beim TollwoodFestival. Sie basteln Heldenausrüstung, zeichnen Heldencomics, hören mutige Gutenachtgeschichten von Helden und werden selbst Superhelden, um die Zukunft zu retten. Theater und Musik für Kinder, etwa „Wolle und Gack“in der deutscharabischen Bearbeitung, erleben die Gäste im Weltsalon.
Als krönenden Höhepunkt setzt Tollwood die traditionelle Silvestergala mit dem Circus Oz und Walzer sowie einem Fünf-Gänge-Festmenü im Grand Chapiteau oder die Silvesterparty in Zelten und auf dem Freigelände. 80 Jahre nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 gibt die Bayerische Kammerphilharmonie ihr nächstes Konzert am Sonntag, 25. November, 18 Uhr, in der Augsburger Synagoge (Halderstr. 6-8) unter dem Titel „un-ver-gessen: Paul Ben Haim“. Sie widmet es dem weltweit bekannten israelischen Komponisten Paul Ben Haim (1897 – 1984), der als Paul Frankenburger am Stadttheater Augsburg als Kapellmeister tätig war. Bereits 1931 wurde er von Intendant Erich Pabst, später NSDAPMitglied, entlassen. Er emigrierte 1933 nach Palästina und beeinflusste nachhaltig die Musikentwicklung Israels. Zu hören sind seine „Drei Lieder ohne Worte“
(1967) sowie sein „Konzert für Streichorchester op. 40“.
Von Mieczyslaw Weinberg, der vor der Schoah 1939 nach Russland flüchtete, wo er später Kompositionsschüler von Schostakowitsch wurde, erklingt die „3. Kammersinfonie“. Und von Ödön Pártos, der 1933 gezwungen seine Tätigkeit als Konzertmeister in Berlin aufgab und später Solobratscher des Israel Philharmonic Orchestra wurde, ist „Yizkor (In Memoriam)“für Viola und Streichorchester zu hören. Solisten sind Theresa Schwamm, Viola, und Talia Or, Sopran. Die Leitung liegt bei Konzertmeister Gabriel Adorján.
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