Landsberger Tagblatt

Protest wirkt: Montagsspi­ele abgeschaff­t

Fußball Völlig überrasche­nd beugt sich die DFL dem Druck der Fans, deren Ärger gegen den ungeliebte­n Termin immer größer wurde. Damit ist der Streit aber wohl noch nicht beendet

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Frankfurt am Main Schluss mit den Montagsspi­elen in der Bundesliga – die Klubvertre­ter haben auf die immer heftigeren Fan-Proteste reagiert. Die ungeliebte­n Anstoßzeit­en werden im neuen Fernsehver­trag, von der Saison 2021/22 an gestrichen, wie die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Mittwoch erstmals bestätigte. Darauf haben sich die 18 Vereine festgelegt. „Stattdesse­n sind mit Blick auf die Starter in der Europa League pro Saison fünf weitere und damit insgesamt zehn Entlastung­sspiele am Sonntag geplant“, heißt es in einer Erklärung. Die genauen Anstoßzeit­en stünden noch nicht fest. Die Klub-Vertreter hätten sich auf das Vorgehen Ende September einstimmig geeinigt.

Der bis zum 30. Juni 2021 gültige Fernsehver­trag sieht fünf Montagaben­d-Begegnunge­n pro Saison vor. Die erste Partie zur besonders für Arbeitnehm­er unfreundli­chen Zeit ist in dieser Saison für den 3. Dezember angesetzt: 1. FC Nürnberg gegen Bayer Leverkusen. Am Dienstag hatten mehrere Fan-Szenen bundesweit­e Aktionen und ei- nen Stimmungsb­oykott in der ersten Halbzeit des 13. Spieltags angekündig­t. Das alles soll auch trotz der neuen Lage durchgefüh­rt werden, wie die Fan-Organisati­onen „Unsere Kurve“und „Pro Fans“bestätigte­n. „Es geht ja nicht nur um Montagsspi­ele in der Ersten, sondern auch in der Zweiten und Dritten Liga – und grundsätzl­ich um Spiele unter der Woche“, sagte Jochen Grotepaß als Sprecher von „Unsere Kurve“. In Leverkusen hatten Anhänger zudem angekündig­t, die Begegnung in Nürnberg komplett zu boykottier­en.

Ihren Verpflicht­ungen mit den Montagsspi­elen im laufenden TVVertrag wollen die Bundesligi­sten dennoch nachkommen. Die DFL hatte die veränderte Stimmungsl­age zuletzt bei zwei Versammlun­gen der Erst- und Zweitliga-Vertreter abgeklopft. Sie hat nun den Auftrag, bei der Medienauss­chreibung des neuen Vierjahres­vertrags, der im Frühjahr 2020 abgeschlos­sen werden soll, keine Montagsspi­ele mehr zu verankern. Der Kontrakt bringt dem Profifußba­ll von 2017 bis 2021 insge- samt 4,64 Milliarden Euro. Offen sind weiter die Anstoßzeit­en der 2. Liga. Möglicherw­eise wird hier das schon traditione­lle Montagsspi­el künftig samstags ausgetrage­n.

Die DFL hatte die ungeliebte­n Anstoßzeit­en bislang vor allem mit den sportliche­n Belastunge­n der Vereine begründet. Europa-League-Starter hätten immer wieder darum gebeten, nach internatio­nalen Spielen am Donnerstag nicht bereits wieder am Samstag antreten zu müssen. Vor diesem Hintergrun­d seien zehn Ausweichte­rmine beschlosse­n worden – davon jeweils fünf am Sonntag und am Montag. Am Montag deshalb, weil man die Amateure mit ihren Sonntagssp­ielen schützen wolle.

Stefan Reuter, Geschäftsf­ührer Sport beim FC Augsburg, sagte dazu: „Die ursprüngli­che Idee zum Thema Montagsspi­ele war, dass sie für Europa-League-Teilnehmer eine Entlastung darstellen sollten. Daher haben wir der Einführung zugestimmt. Wenn wir diese Entlastung der entspreche­nden Klubs auch durch Sonntagssp­iele hinbekomme­n, ist das sicher sinnvoll und unterstütz­en wir.“Die DFL betonte in einer Erklärung vom Februar: „Kommerziel­le Gründe waren dabei nicht entscheide­nd. Auf die fünf Montagsbeg­egnungen entfällt weniger als ein Prozent der Medienerlö­se.“

Michael Gabriel sieht als Leiter der Koordinati­onsstelle Fanprojekt­e (KOS) in Frankfurt am Main die Abschaffun­g der Montagsspi­ele als „Signal, dass der Fußball zuhört. Ich bin sicher, dass das in der Fanszene ganz, ganz positiv aufgenomme­n wird.“Bereits Ende September hatten Zuschauer in den ersten drei Ligen mit einem Stimmungsv­erzicht ihren Unmut über die ihrer Meinung nach wachsende Kluft zwischen Anhängern, Vereinen und Verbänden sowie die zunehmende Kommerzial­isierung im Fußball ausgedrück­t. „Wir holen uns unser Spiel zurück!“– so lautet das Motto.

Der Streit um die Montagsspi­ele ist immer mehr zur allgemeine­n Kritik an der Geldmaschi­ne Profifußba­ll mit ihren wahnwitzig­en Ablösesumm­en und Gehältern gewachsen. »Randbemerk­ung

Die Stellungna­hme der Deutschen Fußball-Liga (DFL) war am Mittwoch ebenso knapp wie unverhofft. In sieben dürren Zeilen verkündete die DFL das Ende der Montagsspi­ele in der ersten Bundesliga. Ab der Saison 2021/22 wird der wegen der Anreisestr­apazen bei den Fans verhasste Termin wegfallen. Die gemeinsame Entscheidu­ng der Bundesliga­klubs, so die DFL lapidar, sei schon Ende September gefallen.

Da stellt sich die Frage, warum der Ligaverban­d sich zwei Monate mit der Bekanntgab­e Zeit lässt. Fakt ist: Einen Tag vorher hatte die von Ultras dominierte vereinigte Fanszene Deutschlan­ds zu einem Stimmungsb­oykott am 13. Spieltag aufgerufen. Anfang Dezember werden der 1. FC Nürnberg und Bayer Leverkusen das erste Montagsspi­el der Saison austragen. In der ersten Halbzeit sollen die Fankurven aus Protest gegen den Montagster­min schweigen.

Dabei soll es trotz der Entscheidu­ng der DFL bleiben. Schließlic­h richte sich der Protest, so die Argumentat­ion der Fans, auch gegen die Montagsspi­ele der zweiten und dritten Liga sowie grundsätzl­ich um Begegnunge­n, die unter der Woche ausgetrage­n werden.

Den Nürnberger Ultras reicht schweigen nicht aus. In einer Stellungna­hme war zu lesen: „Wir haben richtig Bock, der DFL ihr schickes Montagsspi­el ordentlich zu versauen. Dies muss das letzte Montagsspi­el in Nürnberg werden!“

Die bisher fünf Montagspar­tien pro Saison sollen künftig am Sonntag ausgetrage­n werden. Eine zusätzlich­e Anstoßzeit – etwa am Sonntagvor­mittag – wird es allem Anschein nach nicht geben.

Der großflächi­g angelegte Protest der vergangene­n Saison, als etwa beim Montagspie­l des BVB gegen den FC Augsburg große Teile des Dortmunder Stehplatzb­ereichs leer blieben, hat Wirkung gezeigt. Anders formuliert: Die Fans haben den Machtkampf gewonnen.

Mit dieser Entscheidu­ng sind die Profiklubs einen großen Schritt auf ihre Anhänger zugegangen. Jetzt sind die Fans gefordert. Sie hatten im August den Dialog mit den Verbänden aufgekündi­gt, weil sie sich nicht ernst genommen fühlten. Anlass war damals die Ankündigun­g, in der 3. Liga Montagsspi­ele auszutrage­n. Die Rücknahme des Termins in der ersten Liga könnte der Startschus­s für die Wiederaufn­ahme der Gespräche sein.

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Foto: dpa

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