Mister Huawei bangt um seine Tochter
Ren Zhengfei hat aus dem Nichts ein Technik-Imperium aufgebaut. Heute macht er den US-Riesen Konkurrenz. Das hat ihm den Zorn Trumps eingebracht
Ren Zhengfei musste erst 69 Jahre alt werden, um mit einem seiner größten Grundsätze zu brechen. Vor fünf Jahren gab der heute 74 Jahre alte Milliardär das erste Interview seines Lebens. Reporter aus Neuseeland durften den Gründer des chinesischen TechnikRiesen Huawei befragen. Seitdem ist der schweigsame Herr Ren ein wenig redseliger geworden. Immer mal wieder meldet er sich zu Wort, spricht über Cyber-Sicherheit oder den Wert harter Arbeit.
In den vergangenen Tagen war von Ren jedoch nichts zu hören. Dabei dürfte der Mann, der das wichtigste Technik-Unternehmen Chinas führt, eine harte Woche hinter sich haben. Vor knapp zehn Tagen haben kanadische Behörden auf Drängen der USA Rens Tochter am Flughafen in Vancouver verhaftet. Meng Wanzhou ist Finanzvorstand von Huawei und gilt als Kronprinzessin des Konzerns. Geht es nach den USA, wird Meng aber nicht so schnell nach China zurückkehren. Die Vereinigten Staaten werfen ihr vor, gegen die Iran-Sanktionen verstoßen zu haben. Im schlimmsten Fall drohen ihr bis zu 30 Jahre Haft.
In China glaubt man jedoch, dass das alles nur vorgeschoben ist. Der Huawei-Konzern, den Ren Zhengfei vor 31 Jahren gegründet hat, ist vor allem US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Schon 2010 warnten US-Behörden, dass die chinesische Regierung Kunden über Huawei-Geräte ausspionieren könnte. Konkrete Beweise für diese Vorwürfe gibt es nicht.
Neben den USA haben zuletzt jedoch auch andere Nationen Abstand von dem chinesischen Unternehmen genommen. So kündigten etwa Australien und Neuseeland an, keine Huawei-Geräte mehr beim Ausbau der 5G-Technik zu verwenden.
Konzernchef Ren setzt das unter Druck, denn bisher kannte die Erfolgskurve von Huawei nur eine Richtung: steil nach oben. Mit 93 Milliarden Dollar macht das Unternehmen fast so viel Umsatz wie Google. Gerade erst hat Huawei Apple als zweitgrößten Handyhersteller der Welt überholt, davor liegt nur noch Samsung.
Dass Ren Zhengfei einmal ein TechnikMogul werden würde, war allerdings lange nicht abzusehen. Der älteste Sohn zweier Lehrer kam in Chinas ärmster Provinz Guizhou auf die Welt. 20 Jahre verbrachte er in der Volksbefreiungsarmee, bevor er mit 44 Jahren Huawei gründete. Das Unternehmen wuchs sofort rasant – in China, aber bald auch im Ausland. Ren ist seitdem einer der reichsten Chinesen: Das Magazin Forbes schätzt sein Vermögen auf 3,2 Milliarden Dollar.
Trotzdem gilt der Technik-Pionier als bescheiden. Er hat keinen Fahrer, First-Class-Flüge sind im Konzern verpönt. So soll er auch seine drei Kinder erzogen haben. Ren lebt heute mit seiner dritten Frau zusammen. Chinesischen Medien zufolge soll sie seine Sekretärin gewesen sein – ganz sicher ist das aber nicht. Wenn es um sein Privatleben geht, neigt Ren Zhengfei auch mit 74 Jahren nicht zur Redseligkeit. Sarah Schierack