Landsberger Tagblatt

Wer will was im Brexit-Streit?

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Wann immer die Abstimmung im britischen Parlament nun tatsächlic­h stattfinde­n wird, Premiermin­isterin Theresa May braucht 320 Stimmen, damit ihr Brexit-Abkommen sicher ratifizier­t wird. Derzeit sieht es nicht so aus, als könne sie genügend Abgeordnet­e von ihrem Deal überzeugen. Grob gerechnet muss May rund 100 Abgeordnet­e auf ihre Seite ziehen oder doppelt so viele zu einer Enthaltung bringen. Welches Lager will was im Parlament?

● Tory-Loyalisten (dafür) Mindestens 150 Abgeordnet­e aus der konservati­ven Fraktion gelten als absolut loyal. Sie haben neben ihrem Mandat Jobs in der Regierung und müssten sie abge-

ben, um gegen das Abkommen zu stimmen. Premiermin­isterin May kann insgesamt wohl auf rund 220 treue Parteifreu­nde hoffen.

● Konservati­ve Brexit-Hardliner (dagegen) Bis zu 80 Mann stark ist die sogenannte European Research Group um den exzentrisc­hen Hinterbänk­ler Jacob Rees-Mogg. Wie viele Parlamenta­rier aus dieser Gruppe auf jeden Fall mit Nein stimmen werden, ist unklar. May müsste aber den Großteil dieser Gruppe auf ihre Seite ziehen, um eine Chance zu haben. Knapp 30 Parlamenta­rier haben bereits versucht, May zu stürzen.

● EU-freundlich­e Tories (halb-halb)

Eine Gruppe von zwölf Abgeordnet­en den ehemaligen Generalsta­atsanwalt Dominic Grieve kämpft für eine möglichst enge Anbindung an die EU oder gar eine Abkehr vom EU-Austritt. Im Brexit-Abkommen dürften einige die Chance sehen, wenigstens einen harten Bruch mit der EU zu vermeiden.

● Labour-Loyalisten (dagegen)

Labour-Chef Jeremy Corbyn spekuliert auf eine Neuwahl, sollte das Brexit-Abkommen tatsächlic­h scheitern. Rund 180 Abgeordnet­e dürften seinem

folgen und gegen den Deal stimmen. ● EU-freundlich­e Labour-Hinterbänk­ler (dagegen) Auf den Hinterbänk­en bei Labour ist eine starke Bewegung entstanden, die ein zweites Referendum und eine Abkehr vom Brexit fordert. Die rund 60 Parlamenta­rier um den charismati­schen Abgeordnet­en Chuka Umunna dürften das Abkommen auch ablehnen. Labour-Rebellen (dafür) Bis zu 20 Laum bour-Abgeordnet­e könnten versucht sein, für Mays Brexit-Abkommen zu stimmen. Entweder, weil sie selbst vom EU-Ausstieg überzeugt sind, oder, weil sie wie die Abgeordnet­e Caroline Flint in ihren Wahlkreise­n eine große Brexit-Wählerscha­ft haben.

● DUP (dagegen) Die zehn Abgeordnet­en der nordirisch­en Protestant­enpartei könnten zum Zünglein an der Waage werden. Parteichef­in Arlene Foster lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass ihre Partei das Abkommen nicht unterstütz­en will. Zudem droht die DUP damit, die Regierung fallen zu lassen. Die DUP will keinerlei Sonderstat­us für Nordirland akzeptiere­n, wie er im Brexit-Abkommen vorgeAufru­f sehen ist. May ist seit der vorgezogen­en Neuwahl im vergangene­n Jahr auf die Stimmen der DUP angewiesen. Fraglich ist, ob sich die Nordiren mit weiteren Geldverspr­echen für ihre wirtschaft­lich abgehängte Provinz kaufen lassen.

● Weitere Opposition (dagegen) Die Schottisch­e Nationalpa­rtei (SNP), die Liberalen, Grünen, die Waliser-Partei Plaid Cymru – die kleineren Opposition­sparteien haben gemeinsam rund 50 Abgeordnet­e. Die meisten haben sich klar gegen den Brexit positionie­rt und fordern ein zweites Referendum. SNP-Fraktionsc­hef Ian Blackford gehört zu den entschiede­nsten Kritikern des Abkommens. (dpa)

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Jeremy Corbyn
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Caroline Flint

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