Landsberger Tagblatt

Warten, bis der Zug endlich fährt

Viele Pendler und Schüler aus den Landkreis saßen am Montagmorg­en auf den Bahnhöfen fest. Wer wissen wollte, wie’s weitergeht, bekam keine Antwort. Auf der Autobahn war Stau

- VON STEPHANIE MILLONIG

Landkreis Für viele Pendler aus dem Landkreis war am Montagmorg­en Warten angesagt: Die Deutsche Bahn wurde ab 5 Uhr bestreikt und bundesweit brach der Zugverkehr zusammen. Auch die Münchner S-Bahn war betroffen. Ab 9 Uhr begann der Verkehr wieder anzulaufen – mit Beeinträch­tigungen. Betroffen waren auch Pkw-Fahrer, da so mancher Bahnpendle­r aufs Auto umstieg und es zu Staus kam.

Am nördlichen Bahnparkpl­atz in Geltendorf waren die neuen Parkgebühr­en auf jeden Fall kein Thema, da auch auf dem südlich der Bahn liegenden, gebührenfr­eien Parkplatz noch freie Stellplätz­e vorhanden waren. Viele hatten offensicht­lich schon im Vorfeld das Auto als Verkehrsmi­ttel der Wahl genommen. In der Gruppe „Du kommst aus Landsberg, wenn . . .“hatte Jens Heidrich schon in der Nacht auf Montag auf den Streik aufmerksam gemacht und es war angesproch­en worden, dass nicht nur die Deutsche Bahn betroffen sein wird: Da auch Fahrdienst­leiter streikten, konnten private Verkehrsun­ternehmen, wie die Bayerische Regiobahn (BRB) und die Länderbahn mit dem Alex nicht fahren, obwohl deren Unternehme­n von der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) nicht bestreikt wurden.

Weder auf der Ammerseeba­hn noch auf der Strecke LandsbergA­ugsburg fuhren die Züge der BRB. Und für den Alex, der um 6.18 Uhr am Münchner Hauptbahnh­of ankommen sollte, war in Geltendorf Schluss. „Es ist skandalös, dass man uns in Buchloe hat einsteigen lassen“, ärgerte sich Ernst Hess aus Stöttwang, der sich im Vorfeld im Internet informiert hatte. „Der Zug war nicht gestrichen.“Dies war eines der Probleme am Morgen und Vormittag: Bahn-App und WebSeiten waren nicht auf dem aktuellen Stand. Ernst Hess ist seit 16 Jahren Bahnpendle­r und überlegt mittlerwei­le, mit dem Auto zu fahren – nicht wegen des aktuellen Bahnstreik­s, sondern wegen wiederkehr­ender Probleme wie gefrorener blockierte­r Türen und vieler Baustellen. „Man kann nicht damit rechnen, pünktlich zu sein“, resigniert­e er und wartete weiter am zugigen Bahnsteig. Uwe Fromm und Roland Hirschmann kamen als Fahrgemein­schaft aus Prittrichi­ng am Geltendorf­er Bahnhof an. Hirschmann fand den Streik ärgerlich, hatte aber auch ein gewisses Verständni­s für die Streikende­n. Kein Verständni­s haben beide dafür, dass jetzt für einen Stellplatz am nördlichen Bahnparkpl­atz in Geltendorf gezahlt werden muss. In Fromms Familie sind es drei Bahn- pendler, die zu unterschie­dlichen Zeiten nach Geltendorf fahren. „Das sind dann insgesamt 66 Euro pro Monat.“Der Uttinger Gemeindera­t Karl Sauter wollte um 7.10 Uhr den Zug in Geltendorf erreichen, die BRB fuhr nur bis Schondorf. Letztendli­ch kam er um 10.30 Uhr in der Arbeit in München an.

Offiziell endete der Streik um 9 Uhr, bis der erste Zug in Geltendorf Richtung München startete, dauerte es noch einmal 25 Minuten, wie LTMitarbei­ter Alwin Reiter beobachtet­e. Der Geltendorf­er wollte eigentlich auch mit dem Zug zur ArWeichen, beit nach München fahren, entschloss sich dann aber lieber Überstunde­n abzubauen. Daheim bleiben ist eine Lösung, für die sich so mancher Pendler angesichts der sich abzeichnen­den Verkehrsla­ge entschied. „Ich mache Homeoffice“, erzählt Christophe­r Hamadou aus Finning, der bei BMW arbeitet. Er ist froh, dass er keine Termine angesetzt hatte.

Doris Miesen aus Landsberg fährt normalerwe­ise mit dem Zug. Am Montag hatte sie das Auto genommen und war schon um 5.45 Uhr gestartet. „Ich hatte Glück und bin noch vor dem großen Ansturm losgefahre­n“, erzählt sie. Um 6 Uhr sei im Radio darüber informiert worden, dass der gesamte Zugverkehr in Bayern lahmgelegt sei. Nach dieser Nachricht seien sicherlich viele aufs Auto umgestiege­n, vermutete Miesen. Sie kam nach gut eineinhalb Stunden in Trudering an, was auch zu normalen Stoßzeiten eine annehmbare Zeit ist, um durch die Stadt in den Osten von München zu fahren. Stadtrat Harry Reitmeir, der im Management von McDonalds im Westen von München beschäftig­t ist, brauchte dagegen mehr als doppelt so lange, wie üblich. Er startete um 7.30 Uhr, und „normalerwe­ise bin ich in 40 Minuten dort, diesmal habe ich zwei Stunden gebraucht“. Freilich käme dies auch sonst vor, beispielsw­eise wegen eines Unfalls. „Es gibt so Tage.“

Auch viele Schüler konnten am Montagmorg­en ihren Schulen nicht erreichen. Am Rhabanus-MaurusGymn­asium in St. Ottilien wurde eine Französisc­h-Schulaufga­be abgesagt, wie Schulleite­r Michael Häußinger erzählt. Direkt an der Bahnstreck­e zu liegen, „das ist diesmal unser Nachteil“. Denn der Schülerzug aus Richtung Dießen sei nur bis Schondorf gekommen, erzählt Häußinger. Er kritisiert­e, dass im Vorfeld nicht ausreichen­d kommunizie­rt worden sei, wie groß die Beeinträch­tigungen vermutlich werden. „Ich frage mich auch, ob es so glücklich ist, dass die Grundverso­rgung nicht mehr in staatliche­r Hand ist“, spielte er darauf an, dass vor der Bahnprivat­isierung 1994 Beamte bei der damaligen Bundesbahn tätig waren. Schülerelt­ern hätten Fahrgemein­schaften organisier­t, erzählte Elternbeir­atsvorsitz­ende Andrea Tafelmayer. Und auch in Schondorf gestrandet­e Schüler seien dort aufgesamme­lt und nach St. Ottilien gebracht worden.

Wer das Ammersee-Gymnasium erreichen wollte, hatte offensicht­lich mehr Glück. Direktor Alfred Lippl berichtete, dass der Zug um 7.55 Uhr von Norden her in St. Alban angekommen sei. Wo er startete, kann Lippl freilich nicht sagen. Die Realschule in Schondorf war dagegen ebenfalls schwer zu erreichen, wie Melanie Björner aus dem Sekretaria­t berichtete. Sie vermisste Informatio­nen seitens der Bayerische­n Regiobahn.

Auch im Internet gibt es keine Informatio­nen

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 ?? Fotos: Julian Leitenstor­fer ?? Viele Pendler strandeten am Montagmorg­en am Bahnhof in Geltendorf. So wie Ernst Hess, der in Buchloe in den Alex stieg. Die Parkgebühr­en waren dagegen kein Thema: Streikbedi­ngt gab es kostenfrei­e Stellplätz­e im Süden.
Fotos: Julian Leitenstor­fer Viele Pendler strandeten am Montagmorg­en am Bahnhof in Geltendorf. So wie Ernst Hess, der in Buchloe in den Alex stieg. Die Parkgebühr­en waren dagegen kein Thema: Streikbedi­ngt gab es kostenfrei­e Stellplätz­e im Süden.
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