Konzept für die Mobilität
Im künftigen Wohnquartier am Papierbach soll ein neues Mobilitätskonzept die Verkehrswende in Landsberg einläuten. Von ehret+klein wird gefordert, das für Stellplätze eingesparte Geld an anderer Stelle zu investieren
Im neuen Stadtviertel „Urbanes Leben am Papierbach“soll die Verkehrswende in Landsberg beginnen. Dort will der Stadtrat ein Mobilitätskonzept umsetzen.
Landsberg Gelingt mit dem „Urbanen Leben am Papierbach“(ULP) in Landsberg der Einstieg in die Verkehrswende? Um diese Frage ging es in der jüngsten Stadtratssitzung. In dem neuen Wohnquartier soll gemeinsam mit dem Investor „ehret+klein“ein neuartiges Mobilitätskonzept verwirklicht werden. Durch attraktive andere Angebote sollen die Bewohner weniger Auto fahren oder gar ganz auf einen eigenen Wagen verzichten. Die möglichen Effekte: Zum einen weniger MIV („Motorisierter Individualverkehr“) auf den Landsberger Straßen, und der Investor müsste auch nicht so viele Tiefgaragenstellplätze errichten – ein Punkt, an dem sich eine längere Diskussion im Stadtrat entzündete.
Der Optimismus der von der Stadt zurate gezogenen Gutachter Dirk Koppenschläger und Robert Wenzel vom Ingenieurbüro Brenner Bernard gründet auf mehreren Säulen: Da sei einmal die bereits vorhandene nahe Bahn- und Busverbindung. Diese könnte um Radabstellmöglichkeiten, Carsharing und Leihangebote für E-bikes und Lastenfahrräder ergänzt werden, ebenso um die dafür notwendige Ladeinfrastruktur und Mitfahrangebote. Weitere Effekte erwarten die Gutachter, wenn diese Angebote auf die gesamte Stadt ausgedehnt und auch zusätzliche Fahrradwege gebaut würden.
Daraus berechneten die Gutachter, dass sich die bisher berechneten Autofahrten, die vom ULP ausgehen werden, von 5600 auf unter 4500 am Tag reduzieren ließen. Weiter leiten die Verkehrsexperten davon ab, dass von den bislang geforderten 1500 Tiefgaragen-stellplätzen knapp 200 eingespart werden könnten. Auch der Anteil geförderter Sozialwohnungen könnte zu einem geringeren Bedarf führen, denn nicht jeder Bewohner werde sich einen eigenen Wagen leisten (können), so die Expertise. „Dieses Mobilitätskonzept ist ein Modellprojekt zum Einstieg in eine zukunftsorientierte Mobilität in Landsberg, Vorbild für weitere Quartiere in der Stadt und wird langfristig zu einer spürbaren Verkehrsentlastung führen, um die Lebensqualität in Landsberg nachhal- zu sichern“, fasste Wenzel zusammen.
Ganz so optimistisch waren etliche Stadträte jedoch nicht. Harald Reitmeir (CSU): „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand sich eine Wohnung für 600 000 Euro kauft und sich dann vornehmlich
Eine Backup-lösung am Bahnhof?
mit Carsharing und gemieteten Lastenfahrrädern bewegt.“Deshalb drängte Christian Hettmer (CSU) auf eine „Backup-lösung“, sollte die Stellplatzrechnung nicht aufgehen. „Ich würde empfehlen, ein Parkhaus am Bahnhof zu errichten, und dafür sollten wir vom Investor eine finanzielle Unterstützung bekommen.“„Deshalb wollen wir ja in Verhandlungen gehen“, versicherte Oberbürgermeister Mathias Neuner (CSU). Das eingesparte Geld müsse ehret+klein woanders investieren, machte er deutlich.
Tatsächlich würde ein Verzicht auf 200 Parkplätze das Budget von ehret+klein erheblich entlasten: Christoph Jell (UBV) wies darauf hin, dass die Stadt für die geplanten 200 weiteren Tiefgaragenplätze in der Lechstraße rund 4,7 Millionen Euro investieren werde. Über Geld wolle er erst in zweiter Linie reden, sagte dazu OB Neuner. „Unser politisches Ziel ist, dass in Landsberg weniger Auto gefahren wird, deshalb müssen wir uns mit solchen Konzepten beschäftigen, und dann gehen wir in Verhandlungen.“
Die Ubv-vertreter stimmten am Ende gegen das Mobilitätskonzept. Mit dem Verzicht auf einen Teil der bislang geplanten Tiefgaragenplätze „machen wir den zweiten Schritt vor dem ersten“, warnte Zweite Bürgermeisterin Doris Baumgartl, „wir wissen noch nicht, ob die Bürger dieses Mobilitätskonzept annehtig men werden“. Das ULP werde zudem schrittweise entwickelt, und da gelte es abzuwarten, wie sich das Mobilitätskonzept auswirke. Ihr Fraktionskollege Wolfgang Neumeier verwies auf das Beispiel Stadtbus: Den gebe es seit 20 Jahren, seine Inanspruchnahme habe sich aber nicht verändert.
Moritz Hartmann (Grüne) verwies schließlich darauf, dass auch nach einer Reduzierung um 200 Parkplätze für rund 1500 Einwohner am Papierbach nach wie vor 1294 Stellplätze errichtet würden. „Es geht um weniger Stellplätze für Zweit- und Drittwagen, aber nicht um die Abschaffung des Autos.“
Mit 18:4 Stimmen stimmte der Stadtrat für das Mobilitätskonzept (Einzelheiten siehe Kasten). Auf dieser Basis muss der Stadtrat dann noch entscheiden, ob und in welcher Weise der städtebauliche Vertrag mit dem Projektentwickler ehret+klein geändert wird.