Bei gutem Whisky Gott näherkommen
Ein Pfarrer aus Unterfranken bietet besondere Exerzitien an. Der Alkohol soll dabei eine untergeordnete Rolle spielen
Alles andere als eine Schnapsidee soll es sein: Pfarrer Thomas Eschenbacher lädt im Januar unter der Überschrift „Geistliche Impulse und fünf Sorten Whisky“zu besonderen Exerzitien ins Pfarrzentrum von Hammelburg (Landkreis Bad Kissingen) ein. Die 30 Plätze sind so gut wie ausgebucht. Das Angebot beschert Aufmerksamkeit. Sogar überregional gehen diese Exerzitien durch die Medien.
Die Parallelen zwischen WhiskyGenuss und Spiritualität seien groß, schwärmt der Geistliche. WhiskyTrinken setze eine Genusskultur voraus, die sich wunderbar ergänzt mit dem Gedanken, sich Zeit zu nehmen für seinen Glauben. Und für Achtsamkeit gegenüber Mitmenschen.
„Es geht mir nicht um den Alkohol“, stellt Eschenbacher klar. Vielmehr sei er beim moderaten Whisky-Genuss mit Freunden auf allerhand theologische Zusammenhänge gestoßen. Alleine wäre er auf die Idee gar nicht gekommen, daraus eine tiefgründige Veranstaltung zu machen.
Sein eigenes Wissen um die traditionsreiche Spirituose spielt der Pfarrer herunter: „Ich bin ein Kenner, aber kein Fachmann.“Deswegen ist er dankbar, dass er in Nico Grundhöfer Unterstützung hat. Der Arzt hat den Geist des Whiskys schon öfters in der kirchlichen Gruppenarbeit eingesetzt. Zu erzählen gibt es viel, angefangen vom sechsten Jahrhundert, als die Geschichte des Whiskys zunächst als Medizin begann. Da spielt dann auch die Entwicklung der Klöster herein. „Das hat eine tiefe Dimension von Zeit, über das Tagesaktuelle und den Zeitgeist hinaus“, sagt Eschenbacher.
Normalerweise ziehen sich Exerzitien über mehrere Tage, aber zum Thema Whisky ginge das Eschenbacher dann doch zu weit. Inzwischen ist er vielen in der Gemeinde als Whisky-Genießer bekannt. Nach einem Pfarrfest kann es passieren, dass der Geistliche den Helfern einen ausschenkt und vor dem ersten Schluck zum Innehalten mahnt. „Schauen, riechen, in Etappen schmecken“, beschreibt Eschenbacher das Ritual, das die Sinne öffnen soll. So viel verrät er jetzt schon: Bei seinen Exerzitien plant er zu gedanklichen Impulsen neben Beten und Aussprache auch eine Blindverkostung im Dunklen mit einer Zeit des Schweigens. „Da kann dann jeder selbst Erklärungen finden“, verweist er auf Bezüge zur Schöpfung.
Kritik, dass sich die Veranstaltung erst mal nur an Männer wendet, weist Eschenbacher zurück. „Bei Whisky-Proben sind 35 von 40 Teilnehmern Männer“, hat er beobachtet. Es gebe in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen auch Angebote nur für Frauen. Es sei doch legitim, mal für sich ins Gespräch zu kommen. Jetzt möchte er erst einmal Erfahrung sammeln und eventuell auch einmal ein ähnliches Angebot für alle machen.
Überzeugt ist der Geistliche, dass die Stimmung bis zur fünften Probe zunehmend lockerer wird. Deswegen ermahnt er zu verantwortungsvollem Umgang mit Alkohol. „Da kenne ich kein Pardon.“Er legt Wert darauf, mit Verstand zu genießen. So verweist er darauf, dass sich die Teilnehmer hinterher eine Fahrgelegenheit organisieren. Zur Sicherheit aller und nicht dass die Teilnehmer am Ende geistig gereift, aber ohne Führerschein dastehen.
Schwund ist beim Whisky Thema auf verschiedenen Ebenen. So verdunstet bei der jahrelangen Lagerung ein Teil des Whiskys aus den Holzfässern. Angels’ Share (Anteil der Engel) heißt dieser Effekt in Schottland. Auch an diese spirituelle Sicht will Pfarrer Eschenbacher an dem Abend anknüpfen: „Hauptsache, Gott kommt ins Gespräch.“