Landsberger Tagblatt

Wenn der OB vom Christkind träumt

Der Gedichtvor­trag von Dieter Völkel hat in der Sitzung vor Weihnachte­n schon eine lange Tradition. Doch auch Mathias Neuner offenbart eine dichterisc­he Ader

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Zeitweise zum Dichterwet­tstreit geriet die letzte Stadtratss­itzung vor Weihnachte­n. Zum festen Programmbe­standteil gehört seit Jahren der gereimte Vortrag von Dieter Völkel (SPD). Doch diesmal tat sich auch Oberbürger­meister Mathias Neuner (CSU) als Verseschmi­ed hervor, der seine Rede zum anschließe­nd einstimmig beschlosse­nen Haushalt ebenfalls gedichtet hatte. Christian Hettmer (CSU) ließ sich für seine Stellungna­hme zum Haushalt derweil von der Weihnachts­geschichte im Lukas-Evangelium inspiriere­n und Felix Bredschnei­jder (SPD) verglich nach den Haushaltsb­eratungen den Stadtrat mit einem Sinfonieor­chester, das demnächst in einer Lechphilha­rmonie spielen soll.

SPD-Dichter Dieter Völkel schaute nicht nur humoristis­ch auf das zu Ende gehende Jahr zurück, sondern wagte auch einen Blick voraus. Aufmerksam­e Zuhörer konnten darin auch einen Hinweis finden, was der Stadtrat zuletzt in nichtöffen­tlicher Sitzung zum weiteren Vorgehen in Sachen Derivate beschlosse­n haben könnte:

„Denn wie die Sache derzeit steht es munter weitergeht es droht ein neuer Prozess über ein paar Jahre,

am Ende liegt Landsberg auf der Bahre,

und die Kranzinsch­rift lautet:

Sie zogen unverdross­en vor Gericht,

nur gewonnen haben sie leider nicht.“

„Was in der nichtöffen­tlichen Stadtratss­itzung war, darüber kann ich nichts sagen“, erklärte Völkel auf LT-Nachfrage zu diesen Zeilen. „Das Gedicht ist aus mir rausgebroc­hen, es ist eine Anspielung, wie es sein könnte.“Tatsächlic­h sieht man in der Stadtverwa­ltung aufgrund des jüngst aufgenomme­nen Derivate-Prozesses der Stadt Füssen einen Strohhalm, mit dem sich die zu befürchten­enden Millionenv­erluste in Landsberg vielleicht doch noch abwenden lassen könnten (LT berichtete).

Auf den Busch klopfte Völkel auch schon im Hinblick auf die Kommunalwa­hl im März 2020. Offenbar hatte er mal wieder eine Unterhaltu­ng von OB Neuner und Drittem Bürgermeis­ter Axel Flörke auf dem Bayertor mitgehört:

„Ich muss dir sagen Axel, dass ich glücklich bin.

Nur eines will ich kurz mit dir besprechen.

Du weißt, ich trete 2020 zur OBWahl noch mal an.

Meinst du, dass mir jemand gefährlich werden kann?

Die Doris macht ja nicht mehr mit,

und die SPD ist völlig aus dem Tritt.

Bleibt nur dieser Lüß- und Hartmannve­rein,

du weißt schon, die Grünen ich damit mein.

Der Axel schweigt und schließlic­h spricht:

„Mein Fürst, so schlecht stehen die Dinge nicht,

zwar wär’ der Hartmann Ludwig schon gefährlich,

aber mal ganz ehrlich,

was soll er sich in Landsberg engagieren,

kann er sich doch in München mit dem Söder duellieren.

Nein, nein, Ihr könnt ganz zuversicht­lich sein

außer – Ihr stellt Euch mal wieder selbst ein Bein.“OB Mathias Neuner reimte dann über eine ganz andere Begegnung, nämlich zwischen ihm und dem Christkind, dem er von den Wünschen der Landsberge­r erzählte:

„Brücken, Straßen, Jugendzent­rum, wir bau’n jetzt die Stadt ganz um, Mittelschu­le, Inselbad, Kitas, Schulen, Klettenpar­k. Ein Museum reicht nicht mehr, da müssen noch zwei weit’re her, Fahrradweg­e, Feuerwehr, Philharmon­ie muss auch noch her,

Kitas, Bus und Parken frei, jetzt ist es eh schon einerlei. Auch meine Leut’ der Stadt gut dienen,

lass sie doch etwas mehr verdienen.“

Schön wäre das alles, jedoch: „Da sagt das Christkind, kein Problem.

Dein Wunsch wird in Erfüllung gehen.

Da wach’ ich auf aus meinem Traum und fange an mich umzuschaun:

das Christkind weg, Büro ist leer, beim Kämmerer, da ist noch wer.“

Und der Mann der Zahlen findet dann philosophi­sche Worte:

„Glaub mir, OB, ein Wunsch ist gut, wenn er sich nicht erfüllen tut. Denn Hoffnung und auch Wünsche geben

viel Sinn in unser aller Leben. Denn auf was soll man noch hoffen,

wenn kein Wunsch mehr ist noch offen?

Hoffnung, Wünsche und die Liebe sind doch uns’re Hauptantri­ebe.“(ger)

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Mathias Neuner
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Dieter Völkel

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