Eine Frau will raus aus dem Drogensumpf
Prozess Wegen Rauschgifthandels muss sie ins Gefängnis. Danach soll eine Therapie folgen
Landsberg Erst Gefängnis, dann stationäre Therapie: Das erwartet eine 20-jährige Frau nach der jüngst stattgefundenen Hauptverhandlung vor dem Landsberger Amtsgericht. Dort war sie wegen Drogenhandels angeklagt. Der Vorwurf lautete, sie habe 500 Gramm Marihuana an einem unbekannten Ort in Landsberg aufbewahrt, um den Stoff gewinnbringend zu veräußern.
Das Jugendschöffengericht, die Staatsanwältin und die beiden Verteidiger wollen nicht, dass die junge Frau ohne fremde Hilfe auf Dauer im Drogenmilieu versumpft, in dem sie sich seit Jahren bewegt. Deswegen soll sie nach der jüngsten Straftat ins Gefängnis gesteckt und dann nahtlos in eine stationäre Drogentherapie überführt werden: Dort, so die Hoffnung der Juristen, soll sie den Tagesablauf in einem „neuen Leben“selbst zu strukturieren lernen. Das schafft die zur Tatzeit 20-jährige Frau außerhalb des Kittchens offenbar nicht. Bekannt wurde das in der Hauptverhandlung.
Dass sich die Frau wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht habe, räumte auch Rechtsanwalt Dr. Michael Bösl im Namen seiner Mandantin ein. Allerdings wies er darauf hin, dass ihr Noch-Ehemann – derzeit läuft das Scheidungsverfahren – bei den Geschäften mitgemischt haben soll. Mindestens fünf Euro sollen pro Gramm verlangt worden sein, insgesamt also 2500 Euro.
Der Mann und die Frau sowie ein anderer Mann, der mittlerweile verstorben ist, sollen sich auf einer Grünanlage im Stadtgebiet von Augsburg äußerst auffällig benommen haben. Die Polizei bekam Wind davon. In ihrer Drogenkartei stießen die Beamten auf das Trio, das schon entsprechend bekannt war. Im nächsten Schritt wurde die Wohnung der Frau durchsucht. Dort wurde einiges an Beweismaterial gefunden: so zum Beispiel ein Löffel mit Heroin, eine Feinwaage und fünf leere Tüten, in denen sich Kräutermischungen befunden hatten. Auch ein Handy mit verräterischen Chats wurde sichergestellt. Den Polizisten war sofort klar, dass es sich um Rauschgift-Deals handelt, auch wenn die Angaben „verschlüsselt“waren. Eine der Bestellungen belief sich auf 500 Gramm Haschisch. Mit dieser „weichen“Droge, so die Angeklagte, fing mit elf Jahren alles an. Später habe sie alles Rauschgift genommen, das sie erwischt habe, auch Heroin und Kokain. 2000 Euro und mehr habe die Sucht pro Monat gekostet, räumte die Frau ein. Nun freilich soll alles anders werden. Denn Drogen seien mittlerweile kein Thema mehr für sie. Sie habe jetzt einen Partner, der mit Drogen nichts am Hut habe. Mitte nächsten Jahres erwarte sie das gemeinsame Kind. Sie wolle unbedingt eine stationäre Therapie absolvieren und Verantwortung für die Familie übernehmen, kündigte die Angeklagte an: „Ich schaffe das“, meinte sie voller Zuversicht.
Der Richter und die Vertreterin der Anklage meldeten jedoch gewisse Zweifel an. Die Frau hat mit ihrem Mann eine dreijährige Tochter, die bei einer Pflegefamilie lebt. Im Bundeszentralregister stehen bei ihr vier Vorstrafen. Darunter findet sich eine Jugendstrafe von zehn Monaten auf Bewährung für drei Jahre, die wegen Verstoßes widerrufen wurde. Dies bedeutet, dass die zehn Monate in das neue Urteil einbezogen und zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten zusammengefasst wurden. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Denn alle Beteiligten verzichteten auf Rechtsmittel. Für die Angeklagte ging es mit zwei Justizbeamten zurück in die JVA Aichach.